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Bad Wörishofen: Festival der Nationen: Ein „echter Kracher“ zum Auftakt

Bad Wörishofen

Festival der Nationen: Ein „echter Kracher“ zum Auftakt

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    Tosender Applaus für Beatrice Rana: Die Italienier eröffnete das Festival der Nationen in Bad Wörishofen gemeinsam mit der Camerata Salzburg unter der Leitung von François Leleux (rechts).
    Tosender Applaus für Beatrice Rana: Die Italienier eröffnete das Festival der Nationen in Bad Wörishofen gemeinsam mit der Camerata Salzburg unter der Leitung von François Leleux (rechts). Foto: Bernd Feil/M.i.S.

    Schon am frühen Nachmittag herrscht rege Betriebsamkeit am roten Teppich vor dem Kurhaus. Die Vorfreude auf das Festival der Nationen ist spürbar – auch bei den Künstlerinnen und Künstlern. „Wir haben Sie vermisst“, ruft Dirigent François Leleux später dem Publikum im Saal zu. Für diese Momente nehmen die Musikerinnen und Musiker in Bad Wörishofen sogar eine „Extraschicht“ in Kauf.

    Als „Schatz für die Kultur in unserer Region“ bezeichnete Bayerns Familienministerin Carolina Trautner das Festival in ihrer Eröffnungsrede. „Uns wird bei dieser knisternden Stimmung klar, wie sehr wir kulturelle Ereignisse vermisst haben“, sagte die Politikerin. „Sich der Kunst hingeben“, das gebe Halt und „bringt uns auf andere Gedanken.“ Mit angepassten Corona-Regeln dürfen diesmal 400 Menschen pro Konzert in den Kursaal, der normalerweise rund 1000 Zuhörerinnen und Zuhörer fasst. Im vergangenen Jahr war die Besucherzahl auf 200 begrenzt. Diese Öffnung erfreute auch Trautner. „Wir brauchen Nähe und Begegnung und schenken uns Kraft“, sagte sie.

    Auch Stefanie Bilmayer-Frank war die Freude anzumerken. Sie stimmte die Eröffnungsgäste auf die Werke ein. „Endlich wieder Konzerte, live und nicht aus der Konserve“, rief die Musikwissenschaftlerin dem Publikum zu und versprach „einen richtigen Kracher“ zum Auftakt: Beethovens Klavierkonzert Nummer fünf.

    Pianistin Beatrice Rana war 2015 als hoffnungsvolles Talent beim Festival der Nationen dabei und kehr nun als Star zurück

    Die 28-jährige Pianistin Beatrice Rana eröffnete mit diesem Werk die Festivalwoche, gemeinsam mit der Camerata Salzburg unter der Leitung von François Leleux. Rana ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Bad Wörishofen mittlerweile ein Sprungbrett für Weltkarrieren ist. Daran erinnerte auch Bürgermeister Stefan Welzel in seiner Begrüßung. Rana trat 2015 als Nachwuchspianistin beim Festival der Nationen auf. „Heute kehrt sie als renommierte Pianistin zurück, die an Weltbühnen gespielt wird“, berichtete Welzel.

    Bürgermeister Welzel schlug in seiner Rede den Bogen über die Stichpunkte „200, Schach und Zukunft“ und lieferte die Erklärung gleich mit: Zum 200. Kneipp-Geburtstag sitze man im Schachbrettmuster im Kursaal und erlebe die Zukunft der Klassik.

    Diese Corona-Regeln gelten für das Festival der Nationen in Bad Wörishofen

    Die Sitzordnung im Schachbrettmuster hatte sich bei den Salzburger Festspielen bewährt und wurde nun auch für das Festival der Nationen genehmigt. Auf diese Weise können diesmal weit mehr Menschen die Konzerte verfolgen als im vergangenen Jahr. In den Kursaal darf nur, wer geimpft, getestet oder genesen ist und dies am Einlass auch nachweisen kann; Maskenpflicht gilt auch auf den Sitzpläzen. Mehrere klar zugeordnete Eingänge für die Karteninhaber entzerren die Wartezeiten. Zudem werden die Kontaktdaten erfasst bis hin zum Sitzplatz im Saal. Die Abstandspflicht auf der Bühne wurde aufgehoben. Einschränkungen bleiben aber. Auch heuer muss das große öffentliche Musikfest entfallen. Es war für den 26. September geplant.

    Der Blumen-Roboter von Bad Wörishofen muss diesmal zuhause bleiben

    Auf weitergehende Maßnahmen, wie im vergangenen Jahr, verzichteten die Festivalorganisatoren Winfried und Werner Roch aus Türkheim in Abstimmung mit den Behörden diesmal. 2020 kamen noch Wärmebildkameras am Eingang zur Temperaturmessen zum Einsatz, die Blumen auf der Bühne überreichte ein Roboter. Diesmal wechselt die Blütenpracht wieder im persönlichen Kontakt den Besitzer. Dass wieder mehr Nähe möglich ist, freute auch Dirigent Leleux. „Ohne das Gemeinsame ist die Gesellschaft ziemlich tot“, stellte er fest.

    Auch das zweite Konzert am Eröffnungsabend stand ganz unter der Freude aller Beteiligten, dass sich Künstler und Klassik-Fans endlich wieder begegnen können. Ein sichtlich gut aufgelegter Bürgermeister Stefan Welzel nutzte auch diese Gelegenheit, sich bei allen Anwesenden ausdrücklich dafür zu bedanken, dass das Festival der Nationen auch in diesem Jahr ein Erfolg wird: „Das Festival ist der Leuchtturm für die Kunst- und Kulturstadt Bad Wörishofen“, strahlte Welzel und erinnerte an die düsteren Zeiten, als der Lockdown alle Großveranstaltungen unterband.

    Dann das zweite Konzert – ein Highlight, nicht nur für Liebhaber von Beethoven und Mozart. Mit einer fulminanten Zugabe riss die Camerata Salzburg unter der Leitung von François Leleux mit der Mozart-Ouvertüre „Le nozze di Figaro“ buchstäblich aus den Sitzen. Die Klassik-Fans bedankten sich für diese Gänsehaut-Momente mit Applaus im Stehen.

    Ausgerechnet der Leiter der Behörde, die das Infektionsschutzkonzept genehmigt hatte, verzichtete auf die Maske im Konzert

    Spätestens nach dem Konzert gab es dann aber – zusätzlich zu den begeisternden Lobeshymnen für die Musikerinnen und Musiker – noch ein weiteres Tuschel-Thema: Kurz vor Konzertbeginn wurde per Durchsage eindringlich auf das Hygienekonzept des Festivals hingewiesen, demzufolge die Atemschutzmasken auch während des gesamten Konzerts getragen werden müssten.

    Das hatten offenbar auch fast alle verstanden, denn wenig später trugen fast alle im Raum die vom Veranstalter geforderten Masken.

    Auf diese Maskenpflicht auch während des Konzerts war von den Festival-Organisatoren schon im Vorfeld immer wieder hingewiesen worden. Immerhin war das Maskengebot ja auch einer der Grundpfeiler des Hygienekonzepts, das vom Veranstalter mit dem Staatlichen Gesundheitsamt am Landratsamt Unterallgäu so ausgearbeitet worden war. Dieses Hygienekonzept war letztlich auch Voraussetzung dafür, dass das Festival der Nationen vom zuständigen Landratsamt überhaupt genehmigt werden konnte.

    Dass dann – ausgerechnet – Landrat Alex Eder und seine Ehefrau Lisa auf ihren Ehrenplätzen in der vordersten Reihe saßen und während des gesamten Konzerts auf das Tragen einer Atemschutzmaske verzichteten, stieß einigen Konzertbesuchern dann doch sauer auf.

    Und dass weder Festival-Intendant Winfried Roch, der nur einige Meter daneben ebenfalls in Reihe eins saß, noch ein Mitarbeiter der Security im Saal den Landrat und seine Frau auf die Maskenpflicht hinwiesen, empörte manchen Konzertbesucher.

    Von der Mindelheimer Zeitung darauf angesprochen, bat Winfried Roch um Verständnis: Er habe gar nicht wahrgenommen, dass das Ehepaar Eder während des Konzerts keine Masken getragen habe, so Roch – vielleicht weil er viel zu angespannt und fokussiert auf das Konzert gewesen sei.

    Landrat Alex Eder sagt, es sei "keine böse Absicht" gewesen

    Landrat Alex Eder gab sich am Sonntag auf Anfrage der Mindelheimer Zeitung überrascht: Er habe die Durchsage vor dem Konzert gar nicht mitbekommen und sei davon ausgegangen, dass das Tragen der Maske inzwischen gar nicht mehr vorgesehen sei.

    Richtig sei, dass sein Gesundheitsamt die entsprechenden Hygieneschutzverordnung mit dem Veranstalter erlassen und genehmigt habe. Damals hätte aber noch die 13. Fassung der Bayerischen Infektionsschutzmaßnehmenverordnung gegolten, inzwischen gelte ja die überarbeitete 14. Fassung, so Eder.

    Dass weder er noch seine Frau die Durchsage mit der unmissverständlichen Aufforderung zur Maskenpflicht nicht gehört hatten, sei aber keineswegs ein Statement und schon gar keine „böse Absicht“, betonte Eder.

    Er habe weder zur Seite noch nach hinten gesehen, sodass es ihm gar nicht auffallen konnte, dass die übrigen Besucherinnen und Besucher der Maskenpflicht fast ausnahmslos nachgekommen seien: „Ich habe hinten keine Augen.“

    Spätestens als sich die begeisterten Konzertbesucher dann für die „Standing Ovations“ von den Plätzen erhoben, habe auch er seine Maske wieder aufgesetzt und begeistert applaudiert, so Eder: „Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit.“

    Er werde sich jetzt aber mit Festival-Intendant Winfried Roch ins Benehmen setzen und nach der Maskenpflicht beim Festival erkundigen. Schließlich sei er ja spätestens am Dienstag wieder im Konzert im Kursaal, so Eder – und dann wolle er sich ja richtig verhalten und das Hygienekonzept einhalten.

    Die nächsten Konzert-Höhepunkte beim Festival der Nationen in Bad Wörishofen:

    26. September: Sabine Meyer spielt Mozarts Klarinettenkonzert KV 622 mit dem Kammerorchester des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks unter Radoslaw Szulc. Dazu Mozarts Sinfonie KV 550.

    28. September: Die Schwestern

    Khatia und Gvantsa Buniatishvili interpretieren Mozarts Konzert für zwei Klaviere KV 365 – zusammen mit dem Georgischen Kammerorchester Ingolstadt unter Ruben Gazarian. Dazu Saint-Saëns und Mozarts „Jupiter“-Sinfonie.

    29. September: Die Sopranistin Olga Peretyatko singt Arien von Mozart und seinen Zeitgenossen. Es begleitet die Prague Royal Philharmonic unter Mathias Förster.

    30. September Der Geiger

    Nigel Kennedy spielt Beethovens Violinkonzert op. 61 und sein eigenes Violinkonzert „Für Ludwig van!“

    2. Oktober: Operngala mit Diana Damrau und Nicolas Testé sowie den Münchner Symphonikern unter Pavel Baleff.

    Alle Konzerte – bis auf das der Sopranistin Olga Peretyatko – werden zweimal gegeben: am frühen und späteren Abend.

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