„Eigentlich ist doch jedes Bänkle ein Schwätz-Bänkle“, sagt Günther Müller nachdenklich, „es sollte selbstverständlich sein, dass man miteinander redet“. Doch so ist es in der Realität leider oft nicht. Ein kleines blaues Schild mit aussagekräftigem Schriftzug soll Abhilfe schaffen und die Menschen einladen, ein Gespräch zu führen. Wir haben uns auf alle vier Schwätz-Bänkle gesetzt und geschaut, ob das klappt.
Ohne die direkte Ansprache wäre das Schwätz-Bänkle im Bad Wörishofer Kurpark vielleicht gar nicht entdeckt worden
Versteckt hinter einem Baum und mit Blick auf großes Buschwerk, das die Aussicht auf den Jakobsweiher versperrt, liegt das Schwätz-Bänkle des Kurparks. Am Fuße der Bank führt der Barfußpfad vorbei, nebenan herrscht bei gutem Wetter buntes Treiben auf dem kleinen „Sandstrand“ mit Hängematte. Niederlassen tut sich hier erstmal keiner, doch das Ansprechen von Barfußpfad-Begeisterten trägt Früchte. „Es ist recht nett, wenn man zusammenkommt und schwätzt“, findet Martin Kleber aus Langenneufnach und setzt sich spontan aufs Schwätz-Bänkle, das er ohne die direkte Ansprache nicht entdeckt hätte, wie er verrät.
Die Idee an sich gefällt ihm, da die Gemeinschaft heute seiner Erfahrung nach oft fehle, „der Zusammenhalt ist nicht mehr so gut wie früher, auch auf dem Land nicht mehr“. Man habe sich früher einfach öfter getroffen und habe gemeinsam Zeit in der Natur verbracht, erzählt der 71-Jährige, der offen für Gespräche mit fremden Menschen ist, und den die Schwätz-Bänkle-Begegnung sichtlich erfreut.
Wir ziehen weiter in die Fußgängerzone. Hier steht das Schwätz-Bänkle neben einer zweiten weißen Bank an der Kneippstraße/Ecke Schmidstraße auf einem überdachten Podest. Kurgast Brigitte Dressler steht vor der für sie mit dem Rollator unüberwindbaren Stufe. „Schade, ich hätte mich gerne hingesetzt, aber ich komm da nicht hoch“, sagt sie traurig und verrät, dass es längst nicht die einzige Hürde sei, die sie in Bad Wörishofen mit ihrer körperlichen Einschränkung nicht nehmen kann. Eine ältere Dame sitzt auf der Bank nebenan, statt auf dem Schwätz-Bänkle. „Das ist ein bisschen klein geschrieben, ich hab´s gar nicht entdeckt“, gibt sie zu bedenken.
Auch Ingeborg Marten, die das Lederwarengeschäft genau gegenüber betreibt, ist das kleine blaue Schild noch nicht aufgefallen. „Die Idee ist gut, es gibt viele Menschen, die allein sind“, findet sie. Auf dem Schwätz-Bänkle lassen sich viele Eis-Essende nieder, das Schild bleibt unentdeckt. „Gut, dass sie mir das erklären, da wär ich im Leben nicht draufgekommen“, sagt eine Wörishofenerin, die die Idee nett findet, sich aber wundert, dass ein Schwätz-Bänkle besonders hervorgehoben werden muss und die Menschen nicht einfach so auf jeder beliebigen Bank ins Gespräch kommen.
Vor dem Kurhaus in Bad Wörishofen steht auch ein Schwätz-Bänkle
Das nächste Schwätz-Bänkle ist die vom Verschönerungsverein gestiftete Herzbank vor dem Kurhaus. Und endlich, hier sitzt eine Dame und strahlt, als sie Gesellschaft bekommt. „Ich hab gedacht, jetzt setz ich mich hier schön hin und schau, wer da so kommt“, verrät Rosi Ulmenberg aus Stuttgart. „Es gibt viele Leute, die allein nicht reden können“, scherzt sie und freut sich über die schöne Idee der Schwätz-Bänkle, die sie bisher noch nicht kannte. Gerade für alleinstehende Menschen sei dies eine wundervolle Möglichkeit, ein nettes Gespräch zu führen, findet sie.
Genau das war auch die Idee und Motivation des Initiators Franz Egger, der das erste Wörishofer Schwätz-Bänkle nach Genehmigung des Pfarrgemeinderates in der Gartenstadt auf dem Litauenplatz zwischen der St. Ulrich Kirche und dem Pfarrzentrum etablierte und sich beim Kur- und Tourismusbetrieb um weitere Schwätz-Bänkle in der Innenstadt bemühte. Er fahre oft nach der Arbeit mit dem Fahrrad am Schwätz-Bänkle der Gartenstadt vorbei und schaue, ob es genutzt wird, erzählt er, bisher sei die Frequentierung leider noch nicht so hoch. „Dieses Jahr war wetterbedingt noch kein Schwätz-Bänkle-Jahr“, gibt er zu bedenken.
An diesem Tag sitzt Günther Müller auf der sonnenverwöhnten Bank. „Das ist meine Lieblingsbank, da man hier so schön die Abendsonne genießen kann“, erzählt er, „dass es ein Schwätz-Bänkle ist, hab ich noch gar nicht gesehen und hätte es ohne erklärende Worte auch nicht verstanden“, verrät er. Die Idee fände er gut, denn seine Beobachtung sei: „Das Zwischenmenschliche hat nachgelassen, die Leute sind introvertierter geworden und man kommt nicht mehr so schnell ins Gespräch“.
Ob größere Schilder, erklärende Worte und das Überdenken des ein oder anderen Standortes das von so vielen als positive Idee wahrgenommene Projekt noch stärken würden?