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Bad Wörishofen: Bad Wörishofens Familiengärten: Mit Eigenanbau gegen die Inflation?

Bad Wörishofen

Bad Wörishofens Familiengärten: Mit Eigenanbau gegen die Inflation?

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    Jenö Schlitt (rechts) ist begeistert von seinen selbst gezogenen Stachelbeeren und teilt den Genuss auch gerne mal mit Nachbar Peter Korth.
    Jenö Schlitt (rechts) ist begeistert von seinen selbst gezogenen Stachelbeeren und teilt den Genuss auch gerne mal mit Nachbar Peter Korth. Foto: Kathrin Elsner

    „Hier hat man nicht nur Kontakt zur Natur, sondern auch zum Gemüseregal“, sagt Charlie Mills und zieht sich begeistert ein frisches Radieschen aus dem Boden seines Kleinackers. Seit drei Jahren ist er Hobby-Gemüsegärtner – ohne eigenen Garten. Die Familiengärten der Stadt Bad Wörishofen machen's möglich, für 60 Cent Pacht pro Quadratmeter und Jahr. Doch entlastet der Eigenanbau auch die Familienkasse? 

    „Die Zeit, die man hier verbringt, ist voller Leidenschaft“, sagt Gartenliebhaberin Marianne und strahlt. Seit rund 15 Jahren ist sie jeden Tag in ihrem Gemüsegarten am Stadionring, bei jedem Wetter. „Es macht viel Freude zuzuschauen, wie alles wächst, vom Anbau bis zur Ernte“, erzählt sie und betrachtet die gerade reif gewordenen roten Johannisbeeren. In der Natur zu sein und zur Blütezeit zudem die Bienen und Schmetterlinge beobachten zu können, sei eine richtige Wohltat, findet sie. Selbst aus einer Bauernfamilie stammend, könne sie mit ihrer großen Erfahrung auch immer wieder den netten Nachbarn weiterhelfen, erzählen diese dankbar. 

    Mit viel Liebe und Fachwissen hat die leidenschaftliche
Gärtnerin Marianne ihren Gemüsegarten angepflanzt.
    Mit viel Liebe und Fachwissen hat die leidenschaftliche Gärtnerin Marianne ihren Gemüsegarten angepflanzt. Foto: Kathrin Elsner

    „Man hilft sich hier gegenseitig und lernt jedes Jahr hinzu“, sagt Jenö Schlitt und freut sich über seine liebevoll angepflanzten Tomaten, Kartoffeln, Salatköpfe und mehr. Im Moment seien die Zuchini erntebereit und wachsen so schnell, dass er auch seine Nachbarin immer wieder mit faszinierend großen Exemplaren begeistern kann, erzählt er lachend. „Und die Stachelbeeren, ich bin begeistert, sowas kriegen sie im Geschäft nicht, die schmecken ganz anders“, sagt er fröhlich. 

    In den Familiengärten von Bad Wörishofen ist Kunstdünger tabu

    Auch die Kohlrabi-Köpfe strahlen die Hobby-Gartenfreunde bereits in voller Pracht an. Ein Lieblingsgemüse von Peter Korth, der es besonders schätzt, selbst gute Pflanzen wählen zu können und damit für eine besondere Qualität der Ernte zu sorgen. Und Bio sei es auch, denn in den Familiengärten darf kein Kunstdünger verwendet werden, erzählt er. „Da weiß man, was man isst“, freut er sich und wird von seinem Nachbarn spontan eingeladen, ein paar Himbeeren zu naschen. Aufgrund der Trockenheit sind diese etwas klein geraten. „Vielleicht hätte ich sie doch gießen sollen“, rätselt Jenö Schlitt. Eigentlich sei das in einer großen Tonne zur Verfügung stehende Wasser dem Angießen der Neupflanzungen vorbehalten, erklärt er. Doch bei der bestehenden Hitze bleibe fast keine andere Chance, als auch größere Pflanzen mit der Gießkanne zu versorgen. 

    Manfred Dlubatz hat seinen Boden von vielen Steinen befreit und veredelt. Die Kohlköpfe, Möhren, Zuchini, Kartoffeln und mehr gedeihen jetzt noch besser, freut er sich.
    Manfred Dlubatz hat seinen Boden von vielen Steinen befreit und veredelt. Die Kohlköpfe, Möhren, Zuchini, Kartoffeln und mehr gedeihen jetzt noch besser, freut er sich. Foto: Kathrin Elsner

    „Wenn man viel gießt, bleiben die Wurzeln flacher. Gießt man wenig oder gar nicht, werden sie tiefer und die Pflanze kann auch eine trockenere Zeit besser überstehen“, erklärt der Koordinator der Familiengärten, Charlie Mills. Der eigene Gemüsegarten sei eine gute Möglichkeit, sich ein wenig in die Problematiken der Landwirtschaft hineinzuversetzen, findet er. 

    Die in den Gärten zu sehende Vielfalt ist erstaunlich. Bohnen, Rote Beete, Karotten, Paprika, Chili, Zwiebeln, Rotkohl, Blumenkohl, Gartenkräuter, Erdbeeren, Weinreben und viel mehr lachen dem Betrachter der eingezäunten Ackerflächen entgegen. Und das, obwohl das Erdreich im Unteren Hart ziemlich steinig ist. Manfred Dlubatz hat das Beste daraus gemacht, die Steine aus seinem 75 Quadratmeter großen Gemüsegarten entfernt und eine kleine Gehfläche ansehnlich damit gestaltet.

    Ein Gemüsegarten ist "wie eine kleine Meditation", findet Manfred Dlubatz

    „Es ist ein toller Ausgleich, es gibt nichts Besseres, als sich an der frischen Luft zu bewegen“, findet der 81-Jährige, der sich seit zehn Jahren über sein Hobby-Gärtner-Dasein freut. Außerdem würde man in dieser Zeit seine anderen Problemchen einfach vergessen: „Es ist wie eine kleine Meditation“. 

    Lohnt sich der Eigenanbau von Gemüse und etwas Obst denn auch finanziell? „Ich habe hier jeden Tag Freude, finanziell habe ich jedoch mehr reingesteckt als rausgeholt“, sagt die leidenschaftliche Gärtnerin Marianne. „Es hält sich die Waage, die Kosten für gute Samen und Setzlinge und der Aufwand sind nicht unerheblich“, verrät Manfred Dlubatz. „Man spart nur einen Bruchteil vom Lebensmittelpreis, an erster Stelle steht der Spaß“, ist die Erfahrung von Charlie Mills. Der Geschmack des frisch geernteten Gemüses sei einfach viel intensiver, freut er sich. „Selbst aus dem Boden gezogen und zack in den Mund“, sagt er und lacht. Bei den ungespritzten Pflanzen bliebe jedoch auch die Beschäftigung mit Schnecken, Mäusen und Kartoffelkäfern nicht aus. „Man muss es mit Leidenschaft machen oder gar nicht“, findet Hobbygärtnerin Marianne. 

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