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Bad Wörishofen: 100 Jahre Stummfilm: "Die Kneippkur" sorgt für ausverkauftes Haus

Bad Wörishofen

100 Jahre Stummfilm: "Die Kneippkur" sorgt für ausverkauftes Haus

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    Ein Gesamtkunstwerk, das den vollbesetzten Kinosaal begeisterte: Das Harald-Rüschenbaum-Trio spielte zum 100 Jahre alten Stummfilm „Die Kneippkur“.
    Ein Gesamtkunstwerk, das den vollbesetzten Kinosaal begeisterte: Das Harald-Rüschenbaum-Trio spielte zum 100 Jahre alten Stummfilm „Die Kneippkur“. Foto: Kathrin Elsner

    „Ich bin überglücklich“, sagte Michael Scharpf am Ende eines außergewöhnlichen Abends, der erneut für einen ausverkauften Kinosaal sorgte. Das Harald-Rüschenbaum-Trio sorgte für passgenaue Töne zu den ältesten bewegten Bildern Bad Wörishofens. Die Filmrestauratoren erläuterten das „Making-of“ dieses Großprojekts und Scharpf selbst hatte überraschende Neuigkeiten zu berichten.

    „Das ist einfach Filmkultur hoch drei“, sagte Karl Cebulj, der zur Freude vieler Kinobesucherinnen und -besucher mit der historischen Gruppe Bad Wörishofens zum Jubiläum des Stummfilms „Die Kneippkur“ gekommen war und im ehrwürdigen Frack gekleidet stolz neben Peter Pohl alias Sebastian Kneipp stand. Sowohl Fans der ersten Stunde als auch Filmneulinge waren anzutreffen. Jutta Hörger genoss bereits die sechste Vorstellung. „Der Film fasziniert mich einfach, weil mich Kneipp fasziniert“, sagte sie begeistert. „Ich bin mit den ganzen Anwendungen aufgewachsen. Wenn wir Kinder krank waren, hat meine Oma uns ins eiskalte Wasser getaucht“, erinnerte sich Erstbesucherin Constanze Eiler schmunzelnd.

    Film "Die Kneippkur" soll Werbung für das Kneippen machen

    Dass der Film die Menschen anregt, selbst Kneipp-Anwendungen zu genießen, hoffte die Präsidentin des Kneipp-Bundes, Christina Haubrich, ausdrücklich. „Raus gehen, Spaß haben und unsere Kneipp-Becken nutzen“, sagte sie zur Begrüßung fröhlich. 

    Die historische Gruppe Bad Wörishofen zauberte den Kinobesucherinnen und -besuchern ein Lächeln auf die Lippen.
    Die historische Gruppe Bad Wörishofen zauberte den Kinobesucherinnen und -besuchern ein Lächeln auf die Lippen. Foto: Kathrin Elsner

    Michael Scharpf widmete den Abend Josef Lutz, der 1922 den Filmantrag beim Kneipp-Bund stellte. „Die Ausgaben sind nahezu gedeckt. Herr Lutz hat für die Herstellung des Films Übermenschliches geleistet“, zitierte er aus einem damaligen Kneipp-Blatt.

    Mit dem Film wollte er besonders auch das Interesse der Jugend für Kneipp wecken, erläuterte der Vorsitzende des Verschönerungsvereins, der noch ein Schmankerl im Gepäck hatte. Im Film auftretende prägnante Wörishofer Örtlichkeiten hatte er aus exakt der gleichen Perspektive abfotografiert und mittels Überblendung die großen Veränderungen dargestellt. 

    Der kuriose Schreibfehler auf einer Texttafel durfte im Film bleiben und sorgte in Bad Wörishofen für Erheiterung

    Auch neue Details zum Film überraschten. Ein alter Zeitungsartikel belegt, dass der Film „Die Kneippkur“ auf Tournee gegangen und in Nürnberg mit 1600 Kinobesucherinnen und -besuchern ein riesengroßer Erfolg war. Der Film sei immer wieder überarbeitet worden, verriet Scharpf, und so konnte das Restauratorenteam aus drei unterschiedlichen Fassungen in enger Absprache mit ihm die jetzige Version erstellen. Die Texttafel mit dem kuriosen Schreibfehler „Kneip“ verblieb im Film und sorgte auch an diesem Abend für Schmunzeln. Wie gut, dass es die spezielle Kamera, die Stefan Hebel für sein Süddeutsches Fotomuseum erstehen wollte, damals nur im Bundle mit alten Filmrollen zu kaufen gab. Der Fotografenmeister sendete die Filmrollen ohne zu wissen, was sich darauf befindet, an das Bundesarchiv. Als Michael Scharpf eine Originalkopie des Films anforderte, wurde ihm mitgeteilt, dass er die Zustimmung des „Einlegers“ benötige. Dieser war zur großen Überraschung beider: sein Schulfreund

    Strahlende Gesichter nach einem bemerkenswerten Kinoabend: (von links) Rudolf Huber, Uli Fiedler, Thomas Bakels, Michael Scharpf, Daniel Eberhard, Marie Bendl, Harald Rüschenbaum und Bürgermeister Stefan Welzel.
    Strahlende Gesichter nach einem bemerkenswerten Kinoabend: (von links) Rudolf Huber, Uli Fiedler, Thomas Bakels, Michael Scharpf, Daniel Eberhard, Marie Bendl, Harald Rüschenbaum und Bürgermeister Stefan Welzel. Foto: Kathrin Elsner

    Die Filmrestauratoren Thomas Bakels und Marie Bendl brachten dem Publikum kurz und knackig das „Making-of“ der Filmrestauration nahe. Bakels gewährte dem Projekt derzeit 7000 Euro Preisnachlass, um die Realisation zu ermöglichen. „Es ist viel zu selten in der heutigen Zeit, dass etwas gemeinsam mit viel Herzblut immer weiter wächst“, stellte er heraus und ergänzte: „Glückliche Menschen, die sich während des Films amüsieren, das ist für uns die Belohnung.“

    Chronist Anton Frei spricht in Bad Wörishofen von einer "technischen Meisterleistung"

    „Der Film ist ein interessantes Geschichtswerk und zudem eine technische Meisterleistung“, freute sich der Irsinger Chronist Anton Frei. Auch Bürgermeister Stefan Welzel zeigte sich begeistert vom Gesamtkunstwerk des Abends und dem großen Engagement aller Beteiligten. „Die Geräusche haben ja genau zu dem Geschehen gepasst“, bemerkte eine Besucherin, eine sogenannte Ocean Drum hatte beispielsweise das Wasserrauschen der Kneipp-Anwendungen täuschend echt imitiert. Die Musiker spielten den swingenden Soundtrack stets mit Blick zur Leinwand, um die Einsätze zu den einzelnen Szenen exakt zu treffen, was hervorragend gelang. Nicht nur die zu diversen Bad-Anwendungen gespielte Melodie von „Lass mich dein Badewasser schlürfen“ brachte die Kinobesucherinnen und -besucher zum Lächeln.

    „Für einen Kinobetreiber gibt es nichts Schöneres, als am Ausgang zu stehen und leuchtende Augen zu sehen“, sagte Rudolf Huber am Ende des Abends. 

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