Seit einiger Zeit taucht in Berichten und Sendungen immer wieder ein Wort auf, das vielen von uns unbekannt ist. Mir war es auch fremd, obwohl ich sogar vor langer Zeit ein Abitur in Latein gemacht habe. Das Wort fehlt in meinem Vokabular. Es scheint aber ungeheuer wichtig zu sein, und die, die es verwenden, wollen uns informieren, beraten und helfen. Man könnte das auch auf Deutsch ausdrücken, aber da klingt es weniger wichtig. Also: „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“, heißt ein Sprichwort aus alten Zeiten und soll heißen; dass wir oft Dinge, die für uns und andere nützlich wären, aufschieben. Wir vertagen, weil wir einfach zu faul oder zu ängstlich sind, etwas zu tun. Wie oft ermahnt man den Sprössling, Vokabeln oder Matheaufgaben zu wiederholen, weil die nächste Schulaufgabe droht – aber was macht er? Schaut sich ein Video auf YouTube an oder chattet mit der Freundin. Und wir, die Größeren? Wie ist es mit der Steuererklärung oder mit dem Sport? Statt den Berg unerledigter Aufgaben vor sich herzuschieben, rät der Prokrastinationsforscher, soll man sich überwinden, anpacken. Der Lohn soll ungeheure Befriedigung und manchmal sogar ein wenig Glück sein. Also fangen wir mit einer kleineren Herausforderung an: Der Keller bräuchte abgewischte Regale, und auf dem Fußboden staubt es. Also los: So richtig schön ist es nicht, aber mit ein bisschen Musik wird es erträglicher. Nach zwei Stunden sieht man sogar etwas und ein leises Gefühl der Zufriedenheit kommt dazu. Außerdem hat man mit Bücken, Heben und Drehen gleich noch eine kostenlose Fitnessstunde hinter sich. Vielleicht hatte der Lateiner mit dem schwierigen Wort doch recht: Dieses Prokrasti-dings sollte man nicht zum Lebensmotto machen.
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