Wie bitte? Amberg soll die kleinste Gemeinde im Landkreis Unterallgäu sein? So ein Quatsch! „Es gibt im Landkreis noch 14 Gemeinden, die kleiner sind als wir“, hat Ambergs Bürgermeister Peter Kneipp nachgerechnet und damit den Fauxpas des MZ-Reporters bei der Einladung zur „MZ-Landpartie“ gleich mal als „Fake-News“ entlarvt. Die Ambergerinnen und Amberger reagieren, wie es stolze Allgäuer nun mal so tun: selbstbewusst, aber auch mit einem Augenzwinkern – und einer großen Portion Humor.
Die MZ-Landpartie in Amberg war turbulent - von Sonne bis Regen war alles dabei
Dunkle Wolken auf der einen Seite, strahlender Sonnenschein beim Blick Richtung Süden – dazwischen ein kurzer, erfrischender Regenguss: Die MZ-Landpartie am Donnerstag in Amberg hatte nicht nur meteorologisch so einiges zu bieten. Vor dem neuen Dorfgemeinschaftshaus mit dem schmucken Kaisersaal standen schon die Bänke bereit und Rathauschef Peter Kneipp ließ es sich nicht nehmen, persönlich das MZ-Werbebanner am Sonnenschirm vor dem Kaisersaal festzubinden. Wie gut es ist, dass vor dem Dorfgemeinschaftshaus vier stabile Sonnenschirme fest eingelassen wurden, sollte sich später noch zeigen …
Schon kurz dem offiziellen Startschuss um 16 Uhr tröpfelten die ersten Besucher herein: „Da kommt der Josef, der weiß alles über Amberg“, sagt einer mit Blick auf den rüstigen Rentner Josef Unglert, der schnurstracks Kurs auf die MZ-Landpartie nahm. Nach und nach kamen immer mehr Ambergerinnen und Amberger dazu, schauten erst ein wenig skeptisch, doch wer erstmal ein paar Hände geschüttelt und die beiden MZ-Reporter Reinhard Stegen und Alf Geiger kennengelernt hatte, der hielt sich nicht mehr zurück. Apropos Ambergerinnen: Rita Schropp schaute erst ein wenig vorsichtig herüber, als sie die Männer am Biertisch sah: „Soll ich mich als Frau da überhaupt dazu setzen?“, habe sie sich gefragt, gab sie dann zu. Doch der Amberger ist nicht nur ein Gentleman, im Dorf ist Gleichberechtigung gelebte Selbstverständlichkeit.
Mit ihrer Heimatzeitung sind die Amberger ganz zufrieden
Das zeigte sich dann auch bei den lockeren Gesprächen an der immer länger werdenden Tafel: Aus einem Biertisch wurden zwei und am Ende mussten noch Bänke quer gestellt werden, damit jede und jeder auch einen bequemen Sitzplatz hatte – denn schließlich wollten alle was erzählen, hatten alle Fragen, und alle nutzten auch die Gelegenheit, ihr Herz über ihre Heimatzeitung auszuschütten.
Bei allem Gelächter über das angeblich „kleinste Dorf“ – die Amberger wissen es sehr zu schätzen, dass und wie aus ihrer Gemeinde und Heimat kontinuierlich berichtet wird. Fair und ausgewogen sei ihre Heimatzeitung, die Zustellung klappe meist perfekt und für alle wäre es Tag ohne Zeitung kein guter Tag, hieß es immer wieder: „Mir send‘ schon recht z’frieda mit ui“, sagte eine treue MZ-Leserin schmunzelnd.
Wie immer in solchen „Grenzregionen“ zwischen zwei Landkreisen und Lokalausgaben würde sich zwar mancher noch mehr Berichterstattung aus dem nahen Buchloe wünschen: „Da fahren wir eher zum Einkaufen oder zum Ausgehen hin als nach Türkheim“, erklärte eine Ambergerin. Gleichzeitig sahen auch alle die Notwendigkeit, als Mindelheimer Zeitung den redaktionellen Schwerpunkt auf das ganze Unterallgäu und seine Gemeinden zu legen.
Und ja, die Nachbarschaft – gerade in einem Dorf wie Amberg spielt das Zusammengehörigkeitsgefühl, das Miteinander und die Identifikation mit der Gemeinde eine sehr große Rolle: „Wir halten schon zusammen“, beschrieb einer am Tisch das Gefühl im Dorf ganz zurückhaltend. Diese Geschlossenheit zeigte sich nicht zuletzt in der kommunalpolitischen Mammutaufgabe der vergangenen Jahre: der Neugestaltung des Ortskerns mit dem Abriss des traditionsträchtigen „Deutschen Kaisers“ und dem Neubau des schmucken und gelungenen Dorfgemeinschaftshauses und Kaisersaals. Idyllisch plätschert der Hungerbach in seinem neuen Bett und mit dem Erlebnispfad ist den Verantwortlichen ein großer Wurf gelungen: An elf Stationen wird die geschichtliche Bedeutung des Ortes und der Gebäude in Amberg erklärt – ein Freizeittipp der besonderen Art, der nicht nur Amberger begeistern wird.
Amberg hat eine stolze Geschichte und eine tolle Entwicklung
Die Geschichte des Dorfes ist lebendig und so entspann sich auch bei der MZ-Landpartie manches Gespräch über die stolze Vergangenheit des Dorfes: „Weißt Du noch…“, hieß es dann und jede und jeder hatte eine Anekdote beizutragen. Immerhin stand hier einst größte Kurzwellensendeanlage Deutschland – in Amberg kurz „Der Sender“ genannt. 1972 ging die sogenannte „Großsendeanlage Wertachtal“ der damaligen Bundespost/Telekom in Betrieb. Inzwischen ist der Sender zwar längst abgeschaltet und bietet Platz für eine riesige PV-Anlage – im Amberger Dorf-Gedächtnis ist „der Sender“ aber immer noch präsent und auch im Gemeindewappen ist die Funkanlage zu sehen.
Auch in der Dorfchronik wird ausführlich auf dieses Projekt eingegangen – doch hier haben die Ambergerinnen und Amberger einen großen Wunsch: Weil die Dorfchronik aus den späten 1980er-Jahren stammt, müsste hier längst eine Neuauflage gefertigt werden. Bürgermeister Peter Kneipp verriet, dass er zwar noch zwei Exemplare der alten Dorfchronik „gerettet“ und sicher verwahrt habe. Doch immerhin ist in der Zeit so viel im und mit dem Dorf und seinen Einwohnern passiert, dass es für einen Chronisten viel zu beschreiben gibt. Wer also Interesse hat, kann sich gerne im Rathaus melden.
Wer in Amberg an einem Wirtshaustisch Platz nimmt und sich nach der Historie des Ortes erkundigt, braucht nicht lange zu warten, bis das Gespräch auf den „Amberger Seppl“ kommt. Den Namen Josef Porth scheint hier jeder zu kennen, auch wenn sich die Ereignisse rund um den „Amberger Seppl“ schon in den 1770er-Jahren zugetragen haben. Dessen eher unrühmliche Berühmtheit als Wilderer und Spießgeselle des „Bayerischen Hiasl“ Rolle fällt inzwischen aber in einem milderen Licht aus: Schließlich seien der Bayerische Hiasl und damit ja auch der „Amberger Seppl“ alias Josef Port ja fast sowas wie ein „Robin Hood“ gewesen, der von seiner Beute auch an die Ärmsten abgegeben habe. 1776 starb Josef Porth dann in seiner Heimatgemeinde, doch die Erinnerung lebt noch immer, auch an die spektakuläre Verhaftung der beiden Gesuchten im nahen Osterzell. Wilde Geschichten über eine wilde Geschichte … Wild auch die Wetter-Kapriolen: Erst zogen dunkle Gewitterwolken auf, dann lachte die Sonne, dann regnete es. Gut, dass die Schirme vor dem Kaisersaal ausreichend Schutz boten.
Doch es geht auch sanfter zu in der östlichsten Gemeinde des Unterallgäus: Wenn die Amberger zusammenstehen, dann tut sich auch was! Das sieht man nicht zuletzt am regen Vereinsleben im Dorf – Aushängeschild sind und bleiben da natürlich die FSV-Kicker, so unterschiedlich die Erfolge auch ausfallen mögen. Dazu kommen Schützen und Gartenfreunde, Radler und Wanderer, Musikerinnen und Musiker, Angler und Veteranen. Und auch wenn die Motorradfreunde beim Feiern Gas geben, sind alle Amberger am Start.
Amberg ist mit Sicherheit eine der schönsten Gemeinden im Unterallgäu
Hin und her gingen die Gespräche, von den Hausnamen bis zur jeweiligen und mitunter verworrenen Verwandschaftsgeschichte – und selbst als waschechter Schwabe musste man schon ganz genau hinhören, um alles richtig zu verstehen. Der Dialekt wird in Amberg noch deutlich und selbstbewusst gepflegt! Daran hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nichts geändert, wie MZ-Leserin Rita Schropp beweisen konnte. Sie hatte einen Zeitungsausschnitt aus den frühen 1970er-Jahren aufgehoben, der ein Gedicht der gebürtigen Ambergerin Maria Hefele zeigte und auch einen Einblick auf das Amberger Selbstbewusstsein erlaubt: So gar nicht konnten sich die Dorfbewohner damit abfinden, dass Deutschlands größte Kurzwellensendeanlage nicht den Namen „Amberg“, sondern ausgerechnet den Zusatz „Wertachtal“ bekommen hatte (was sogar heute noch den einen oder anderen mächtig wurmt!). Und dass der Sender gar mit „Mindelheim“ in Verbindung gebracht werden sollte, brachte den Zorn der Amberger damals mächtig in Wallung …
Gut zwei Stunden wurde bei der MZ-Landpartie in Amberg geredet, geratscht, viel gelacht und kräftig angestoßen – bestens bewirtet von den Kaisersaal-Wirten Markus Steiner und Alex Fuchs. Ein lustiger, freundlicher Spätnachmittag, dem nach dem kurzen Regenschauer am Ende (natürlich!) die Sonne schien. Und somit steht jetzt fest: Amberg ist zwar ganz bestimmt nicht die kleinste Gemeinde im Unterallgäu – aber mit Sicherheit eine des Schönsten!
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