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Wirtschaft: Entwaffnend ehrlich – und erfrischend anders

Wirtschaft

Entwaffnend ehrlich – und erfrischend anders

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    „Ich war schon immer irgendwie anders“Gut gelaunt nach einem großartigen Abend: Unternehmerin Sina Trinkwalder (links) mit Ottilia Trommer, Diözesanvorsitzende im Diözesanverband Augsburg des katholischen Frauenbundes.
    „Ich war schon immer irgendwie anders“Gut gelaunt nach einem großartigen Abend: Unternehmerin Sina Trinkwalder (links) mit Ottilia Trommer, Diözesanvorsitzende im Diözesanverband Augsburg des katholischen Frauenbundes. Foto: Tina Schlegel

    Sie ist eine herausragende Unternehmerin, die mit Preisen aufwarten kann, die bis zum Bundesverdienstkreuz reichen, oder besser gesagt: aufwarten könnte. Denn Sina Trinkwalder will gerade das nicht – sich über Erfolg und Preise definieren wie es unserer Leistungsgesellschaft entsprechen würde.

    Auf Einladung des katholischen Frauenbundes war Trinkwalder nun in Bad Wörishofen im Guggerhaus zu Gast und hat dort ihr Buch „Wunder muss man selber machen“ vorgestellt. Trinkwalder erzählte aus ihrem Leben, wie es gekommen ist, dass sie auf einer Bühne landete, um von ihrer Firma und ihrem Buch zu erzählen. Sie sei schon immer „irgendwie anders“ gewesen, die Schule war schon für sie als Dreizehnjährige nicht mehr interessant. Sie schrieb stattdessen lieber für die Augsburger Allgemeine, zog mit 15 von zuhause aus und finanzierte sich ihren Lebensunterhalt unter anderem mit Kabarettauftritten.

    Mit 19 machte sie ein Abitur, dessen Note man üblicherweise lieber verschweigt und eröffnete eine eigene Agentur, die, wie könnte es anders sein, ihre Fähigkeiten, scharfsinnig zu denken und zu schreiben wie den berühmten Nagel auf den Kopf traf – in nur wenigen Jahren wuchs die Agentur auf 50 Mitarbeiter. Dass Trinkwalder nebenher erst Politologie an der LMU in München und schließlich aus Verzweiflung BWL studierte, tat ihrem Erfolg als Unternehmerin keinen Abbruch.

    Mit der Geburt ihres Sohnes allerdings änderte sich ihre Einstellung, Werbung verlor ihren Sinn, unterstützte sie doch genau den Trend des schnellen Konsums, der unsere Umwelt bedroht. Mit 29 hatte Trinkwalder dann, schon innerlich abgekehrt von der Welt des schönen Scheins und der Jagd nach Status, ein entscheidendes Erlebnis am Bahnhof Wuppertal.

    Mit einem Stapel Hochglanzmagazinen wartete sie auf den nächsten ICE, einen Teil schmiss sie weg und ein Obdachloser holte sich diesen aus dem Müll. Als sie ihm den Rest auch noch anbot und dafür auf ihren

    Es war ruhig im Saal in diesem Moment, denn Trinkwalder ist nicht nur eine sehr gute Unternehmerin, sondern auch eine entwaffnend gute Erzählerin.

    Zutiefst beschämt habe sie diese Erfahrung und veranlasst, ihr Leben umzukrempeln. Trinkwalder setzte sich fortan ein Ziel: Etwas Sinnvolles für die Gesellschaft zu machen, denn das brächte auch ihr den Sinn ins Leben zurück. Gleichzeitig wollte sie Nachhaltiges produzieren und eine Unternehmerin sein, die sich vor allem durch die Liebe zum Menschen kennzeichnet. Es entstand „manomama“, eine ökosoziale Textilfirma.

    Auf einen Aufruf hin kamen Hunderte Menschen, die alle eins gemeinsam hatten: keine Chance mehr im Berufsleben. Mit 40 Frauen startete sie 2010, kaum einer glaubte an das Projekt – außer Sina Trinkwalder. Heute hat das komplett eigenfinanzierte Unternehmen über 100 Mitarbeiter, noch immer ausschließlich Menschen, die im regulären Arbeitsmarkt durch das Raster gefallen sind, alle vom ersten Tag in festen Arbeitsverhältnissen, mit fairer Bezahlung und mit freier Arbeitseinteilung.

    Es klingt wir ein Märchen und ist doch wahr. Trinkwalder trifft mit ihren Ideen einen erstarkenden Nerv der Zeit – den Wunsch, die leistungsorientierte Gesellschaft endlich zu hinterfragen und wieder den Mensch mit seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt zu stellen.

    So erreichte sie auch an diesem Abend ihre rund 150 Gäste und lieferte mit ihrem Vortrag voller Selbstironie, schöner Pointen und entlarvend ehrlicher Momente, ein starkes Plädoyer für Nachhaltigkeit und ethische Unternehmensführung.

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