Startseite
Icon Pfeil nach unten
Mindelheim
Icon Pfeil nach unten

Wiedergeltingen: Sonnenstrom in Wiedergeltingen lieber vom Dach als vom Feld

Wiedergeltingen

Sonnenstrom in Wiedergeltingen lieber vom Dach als vom Feld

    • |
    Wenn überhaupt, sieht man Schafherden durch die Modulreihen ziehen, die dort für eine natürliche Pflege der Vegetation sorgen sollen.
    Wenn überhaupt, sieht man Schafherden durch die Modulreihen ziehen, die dort für eine natürliche Pflege der Vegetation sorgen sollen.

    Meist findet man sie auf landwirtschaftlichen Flächen entlang einer Bahnlinie, einer Autobahn oder Bundesstraße: schier endlos erscheinende Solarmodul-Reihen zur Erzeugung elektrischen Gleichstroms nur durch die Kraft der Sonne. Schön muss man das nicht finden.

    Jedoch, so zeigen Studien, erfährt diese regenerative Form der Energiegewinnung an solchen Stellen wohl die größte Akzeptanz hinsichtlich der Auswirkung auf das Landschaftsbild. Ein großer Nachteil jedoch: In der Regel fallen diese Flächen dann aus der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung heraus.

    Agri-Photovoltaik soll doppelte Flächennutzung auch in Wiedergeltingen ermöglichen

    Fotovoltaische Freiflächenanlagen rechnen sich für die Betreiber und sind heute schon ohne finanzielle Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wirtschaftlich. Die weniger schöne Folge: Land- und Energiewirtschaft stehen in Konkurrenz um wertvolle landwirtschaftliche Flächen. Nicht selten zieht das eine Erhöhung der Pachtpreise nach sich.

    Abhilfe schaffen soll hier die Agri-Photovoltaik (Agri-PV); dieses gemeinsame Projekt von Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme und weiteren Partnern aus Wissenschaft und Praxis - gefördert durch das Bundesforschungsministerium - lässt beides zu: Stromerzeugung und Bewirtschaftung des Bodens. Doppelte Flächennutzung also.

    Möglich macht das der Einsatz sogenannter bifazialer PV-Anlagen. Diese Module produzieren auch durch die Unterseite Strom, etwa wenn der Boden bei Schnee Licht reflektiert.

    Etliche Forschungsteilnehmer haben dazu hohe Stahlgerüste über Teile ihrer Acker montiert, worauf sich die Anlage befindet. Darunter kann Obst, Gemüse oder Getreide wie bisher angebaut werden. Auch die Ausrichtung der Module ist anders, können sie doch auch senkrecht aufgeständert werden.

    Auch Wiedergeltingen verfügt aufgrund seiner geografischen Lage über in Frage kommenden landwirtschaftlichen Boden; in einem Korridor von je 200 Metern links und rechts der Bahnlinie München-Lindau oder der A 96. Ende Januar, so unterrichtete Bürgermeister Norbert Führer in jüngster Sitzung, hätte eine Anfrage des Landratsamtes das Rathaus erreicht.

    So könnte Wiedergeltingen die Möglichkeit bekommen, über die Agri-PV-Technik Solarflächen zu generieren, die auch nach Errichtung für die Landwirtschaft nutzbar wären, „wenn auch mit Einschränkungen“, wie Führer einräumte. Die Gemeinde wäre damit Teil des Pilotprojekts.

    Wiedergeltinger Gemeinderäte bleiben bei ihren Vorbehalten gegen das PV-Pilotprojekt

    Allerdings, auch daran erinnerte der Bürgermeister, hätte das Gremium bereits im Rahmen einer Klausurtagung im Januar 2020 Vorbehalte gegenüber Freiflächen-PV-Anlagen eingeräumt. Ausschlaggebend gewesen sei eben der Verlust wertvoller Nutzflächen, wie es zumindest die herkömmliche Variante nach sich zieht.

    Rund vier Hektar, aufgeschlüsselt auf Pilotfläche Agri-PV plus Referenzfläche mit reiner landwirtschaftlicher Nutzung, müssten dafür auf Wiedergeltinger Flur zur Verfügung gestellt werden, über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren, aus gemeindlichen oder privaten Besitz, „sollte sich ein Eigentümer finden lassen, der mitmachen möchte“. Nach der Pilotphase soll die Anlage weiter in Betrieb bleiben, angestrebt sei eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren. Dazu könnten sich, so Führer, LEW und Landwirt die Pacht für die Agri-PV-Fläche teilen. Als Norbert Führer schließlich zur Diskussion über eine Pilotprojekt-Teilnahme aufrief, sollte sich zeigen, dass die Vorbehalte gegenüber Anlagen auf Nutzflächen auch in diesem Falle im Gremium vorherrschte.

    So konnte Anton Weißenhorn (CSU) in bifazialen Modulen noch gewisse Vorteile erkennen. Die Last läge dennoch auf den Schultern des Landwirtes, wenn etwa nach Abschreibung der Anlage alles zurückgebaut werden müsse. „Wir haben viele leere Dächer im Ort, da gehört für mich PV hin“, sagte Weißenhorn. Er sei deshalb gegen die Teilnahme am Pilotprojekt.

    Ebenfalls Vorbehalte zeigte Maximilian Kienle (Bürgerverein), der selbst eine Landwirtschaft betreibt. Mähwerke mit knapp neun Metern Breite hätten nur wenig Spielraum zwischen den Ständermodulen. „Wenn etwas kaputt geht, was dann?“, fragte er. Auch sehe er das Pilotprojekt an sich als „nicht zielführend“ an, da etwa Biogasanlagen wesentlich ertragreicher seien. Agri-PV werde keine Zukunft haben, sagte Kienle, für ihn sei das „nostalgisches Denken“. „Wird nix!“, zeigte sich auch Ludwig Schweinberger (FWW) überzeugt, der Vergleichswerte seiner eigenen PV-Anlage dazu einbrachte.

    Unter Vorbehalt für eine Teilnahme zeigte sich dagegen Bernd Stapfner (CSU). Er wäre nicht abgeneigt, meinte er, allein weil die in Frage kommende Fläche in Bezug auf Emission ja „nicht 1A wäre“. Allerdings habe der Gemeinderat in Sachen erneuerbare Energien „seine Hausaufgaben innerorts ja bisher gemacht“, sagte Stapfner. Auch für ihn gehörten PV-Anlagen aufs Dach. Norbert Führer selbst könnte sich eine Teilnahme vorstellen, allein um zu versuchen, „einmal andere Wege zu gehen“. Alois Karl (CSU) erinnerte zudem daran, dass ein Pilotprojekt wohl nicht optimale Ergebnisse liefern, man aber mit der Teilnahme etwas beitragen könne.

    Lesen Sie dazu auch: Gibt es im Landkreis Unterallgäu bald Agri-Fotovoltaik?

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden