Startseite
Icon Pfeil nach unten
Mindelheim
Icon Pfeil nach unten

Unterallgäu: Rasender Radler liefert sich Verfolgungsjagd mit Polizei

Unterallgäu

Rasender Radler liefert sich Verfolgungsjagd mit Polizei

    • |
    Die Fahrer eines Streifenwagens und eines Zivilfahrzeugs konnten den schnellen Radler nicht aufhalten.
    Die Fahrer eines Streifenwagens und eines Zivilfahrzeugs konnten den schnellen Radler nicht aufhalten. Foto: Wolfgang Widemann

    Der Polizist der Inspektion Bad Wörishofen traute seinen Augen kaum: Er war im Februar mit einem zivilen Polizeiauto von Kirchdorf in Richtung Mindelheim unterwegs, als ihn plötzlich ein Liegerad rechts auf dem parallel zur B 18 laufenden Radweg überholte. Es folgte eine turbulente Verfolgungsjagd – und am Ende musste der Polizist vor dem heranbrausenden Gefährt noch zur Seite springen. Der Fahrer des

    Fahrzeug nicht versichert

    Zunächst stellte dort ein Sachverständiger klar, dass es sich bei dem dreirädrigem Elektro-Liegerad um ein zulassungspflichtiges Gefährt handle, das versichert und angemeldet werden müsse. Der Fahrer habe mit seinem Pkw-Führerschein eine Fahrerlaubnis gehabt, allerdings war das Fahrzeug nicht versichert.

    Der Radler begründete seinen Ausflug damit, dass er ein „Tüftler und Erfinder“ sei, der an der Zulassung dieser Art von Fahrzeug arbeite. Er kooperiere unter anderem mit einem Unternehmen in Österreich, das Elektroliegeräder für den Freizeitsport und Rollstühle mit Elektromotor herstelle. Keineswegs habe er Radler oder Fußgänger gefährden wollen, so der Mann. Diesen Radweg habe er ausgesucht, weil er einmal über eine weite Strecke einsehbar und wegen der Steigungen als Teststrecke geeignet sei.

    Mit 80 auf dem Radweg

    Die Verfolgungsjagd schilderten Angeklagter und Polizeibeamter unterschiedlich. Der Polizist im Zivilfahrzeug meinte, dass er mit gut 80 Stundenkilometer auf der B 18 unterwegs war und das Liegerad auf dem Radweg gut mitgehalten habe. Versuche, den Fahrer mittels Handzeichen zum Stoppen zu bringen, scheiterten. Über die Zentrale habe er per Funk erfahren, dass an der Kuppe ein regulärer Streifenwagen war. Dessen Insasse wurde angewiesen, das Liegerad zu stoppen. Doch die Aktion misslang: Der Radfahrer raste auf dem Radweg weiter Richtung Mindelheim – und das Polizeiauto nun hinterher.

    Der Beamte im Zivilfahrzeug wusste, dass der Radweg in der St.-Anna-Senke per Tunnels die B 18 unterquert und dann südlich der Bundesstraße verläuft. Er fuhr deshalb zum Radweg und platzierte sich nach der Unterführung, um den Radfahrer zu stoppen. Er hatte mittlerweile auch ein Blaulicht auf sein Auto gesetzt. Dennoch habe der Radler nicht angehalten, sondern sei mit Tempo auf ihn zugekommen. Nur mit zwei Schritten habe er sich vor einem Zusammenstoß retten können, sagte der Polizist aus. Der Radler verschwand im Wald. Die beiden Polizeiwagen nahmen die Verfolgung auf, der Radler war mittlerweile in den Wald abgebogen und auf dem Heimweg nach Bad Wörishofen. Schließlich fanden sie Fahrer samt Gefährt in einem Waldstück, so der Polizist.

    Der Radler sah die Sache anders: Er sei in einem großen Bogen an dem Polizisten samt Auto vorbeigefahren, schließlich habe er kein Interesse an einem Zusammenstoß gehabt. Auf die Frage, warum er nicht angehalten habe, meinte der Angeklagte, er werde bei seinen Fahrten öfter von Menschen bedrängt, weil sein Fahrzeug neugierig mache. Den Polizisten in zivil wollte er als solchen nicht erkannt haben. Auf den Vorwurf, sein Gefährt sei nicht verkehrssicher, erläuterte der Mann, dass seine Erfindung mit vier unabhängigen Bremsen ausgestattet sei.

    Der Staatsanwalt forderte eine Verurteilung wegen Fahrens eines nicht zugelassenen Fahrzeugs und Nötigung eines Amtsträgers eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu 20 Euro. Weiter sprach sich der Staatsanwalt für ein Fahrverbot von zehn Monaten aus. Der Angeklagte war bereits ein Jahr zuvor mit einem ähnlichen Gefährt – ebenfalls nicht angemeldet – erwischt und zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

    Verteidiger Bernhard Fischl sah den Tatbestand der Nötigung nicht bewiesen und plädierte auf eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen und keinen Entzug der Fahrerlaubnis.

    Sechs Monate auf Bewährung und 60 Stunden Sozialdienst

    Richter Dieter Klotz erstaunte dann beide Seiten, weil er in seinem Urteil deutlich über die Anträge ging. Er verurteilte den Radler zu einer Haftstrafe von sechs Monaten auf Bewährung, dem Entzug der Fahrerlaubnis für zwei Monate und 60 Stunden Sozialdienst. In seiner Urteilsbegründung machte er dem Angeklagten schwere Vorwürfe. Sein Handeln sei verantwortungslos. Er müsse sich einmal klar werden, welche Folgen ein Unfall haben würde. Eventuelle Opfer hätten keine Chance auf eine Entschädigung, da das Elektro-Liegerad nicht versichert gewesen sei. Weiter könnte ein Unfall zum finanziellen Ruin des Angeklagten auf Lebzeiten führen. Nachdem er erst ein Jahr zuvor wegen der gleichen Delikte vor dem Gericht gestanden sei, solle er das Urteil als letzte Warnung ansehen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden