Startseite
Icon Pfeil nach unten
Mindelheim
Icon Pfeil nach unten

Unterallgäu: Heute ist Lichtmess: Ein Lichtertag mit Schattenseiten

Unterallgäu

Heute ist Lichtmess: Ein Lichtertag mit Schattenseiten

    • |
    An Lichtmess endet in der Kirche der Weihnachts-Festkreis. An diesem Tag wurden früher die Kerzen geweiht, die im Laufe des Jahres gebraucht wurden. Auch heute noch steht die Kerzenweihe im Mittelpunkt.
    An Lichtmess endet in der Kirche der Weihnachts-Festkreis. An diesem Tag wurden früher die Kerzen geweiht, die im Laufe des Jahres gebraucht wurden. Auch heute noch steht die Kerzenweihe im Mittelpunkt.

    Wenn wir am traditionsreichen Fest Mariä Lichtmess am 2. Februar um gut 100 Jahre zurückblicken, dann landen wir direkt in einer Zeit, die man gerne „die gute alte Zeit“ nannte. Bayern war noch ein friedliches Königreich, das Bier war dunkel, die Sitten waren streng und die traditionelle Bauernwelt war noch in Ordnung. Die Ökonomen waren damals eindeutig die Herren auf dem Land, weil sie – neben ein paar Handwerkern – fast ausschließlich die Arbeit- und Brotgeber waren. Für sie war es also meist eine „gute Zeit“, allerdings mit viel Arbeit und Mühen. Auf ihren Höfen dienten oft selbst Kinder aus armen und kinderreichen Familien „für ein Butterbrot“. Vor allem aber arbeiteten ziemlich rechtlose Knechte und Mägde im Schweiße ihres Angesichtes. Für sie waren die Umstände weniger gut und „Lichtmess“ war dann meist ein ersehnter Glückstag.

    Er war Zahltag, Beginn einer kurzen Urlaubszeit und Gelegenheit zum Stellenwechsel. So entwickelte sich „Liameß“, wie man im Unterallgäu sagt, zu einem der wichtigsten Tage im bäuerlichen Jahr. Bis zum Jahr 1912 war Lichtmess auch offizieller Feiertag in Bayern. In größeren Orten gab es sogenannte Dienstbotenmärkte, so auch im Colleg in Mindelheim. Bauern suchten sich dabei kräftige Knechte und fleißige Mägde; diese wiederum hofften auf einen guten „Platz“ und ein Auskommen. Mit dem großen Wandel nach dem Zweiten Weltkrieg hat Lichtmess seine Strahlkraft verloren. Heutzutage hat das Datum im bäuerlichen Arbeitsjahr keine Bedeutung mehr.

    An Lichtmess endet die kirchliche Weihnachtszeit

    Aus kirchlicher Sicht war und ist Lichtmess ein Marienfest und das Ende des Weihnachts-Festkreises. Im Mittelpunkt steht die Kerzenweihe, bei der früher jede christkatholische Bäuerin ihren Hausbedarf an Wachs in der Kirche weihen ließ. Dieser reichte von kleinen „Pfenniglichtlein“ für die Buben über verzierte Wachsstöcke für Bäuerin, Töchter und Mägde bis hin zur großen Hauskerze für den Bauern. Sie wurden dann übers Jahr zu vielen Gelegenheiten – von Totengedenktagen bis hin zu den Rorateämtern oder bei großer Gewittergefahr – abgebrannt. Aus diesem Bedarf an Wachs heraus entstanden vielerorts in den Tagen vor Lichtmess eigene Wachsmärkte, wo sich die Leute mit Kerzen und Wachsstöckle eindecken konnten. Solche Wachsmärkte haben sich mancherorts bis heute erhalten.

    Bei den Dienstboten und im Leben der ländlichen Bevölkerung spielte Lichtmess auch eine große Rolle als Zahltag und „Schlenkelzeit“. An Lichtmess kam der Bauer mit der Geldschüssel und zahlte den ganzen Jahreslohn an die Dienstboten aus. Vor etwa 120 Jahren bekam ein Knecht etwa 150 Mark Jahreslohn, eine Magd erhielt 120 Mark. Dazu kamen freie Kost und Unterkunft sowie etwas Wäsche und ein paar Kleidungstücke. Ab Lichtmess konnten die Dienstboten ein paar Tage Urlaub machen, was man „schlenkeln“ nannte. Diese Zeit bedeutete entweder Abschied vom Dienstherrn oder auch Verbleib auf dem Hof. Nicht alle Dienstboten gingen jedoch in wehmütiger Freundschaft vom Hof. Allzu oft waren die Knechte und Mägde unschön und knausrig behandelt worden. Dann wurde Lichtmess zur Erlösung. Immerhin gab es in Bayern bis 1919 noch ein körperliches Züchtigungsrecht der „Herrschaft“ den Dienstboten gegenüber. Sie durften also wie ein Hund geschlagen werden. Schwangerschaft bei einer Dienstmagd rechtfertigte eine fristlose Kündigung – auch wenn der Bauer daran maßgeblich beteiligt war ...

    Gesucht wird eine reinliche Magd, die „nicht in den Schurz schneuzt“.
    Gesucht wird eine reinliche Magd, die „nicht in den Schurz schneuzt“.

    Auch viele Wetterregeln hängen mit Lichtmess zusammen

    So herrschte früher in den ersten Februar-Tagen ein lebhaftes Kommen und Gehen auf dem Lande. Ein Volkskunde- Buch beschreibt es so: „In diesen Schlenkeltagen kann man auf den Straßen von und zu den Dörfern und Einöden oft Schlitten oder Wägelchen begegnen, worauf vorne der Oberknecht eines Hofes mit einer Magd sitzen, hinten Kleidertruhe und Kasten sich befinden. Der Bursche fährt das Mädchen ins neue Diensthaus.“

    Im Dienstbotenbuch wurden auch Größe, Körperbau und besondere Kennzeichen von Knecht oder Magd festgehalten.
    Im Dienstbotenbuch wurden auch Größe, Körperbau und besondere Kennzeichen von Knecht oder Magd festgehalten.

    In diesen Tagen ging es auch in den Wirtshäusern recht lustig zu. Manchem Dienstboten glitt dabei ein Teil des Geldes aus der Hand, das er kurz zuvor als bitter verdienten Jahreslohn bezogen hatte. Doch es gab auch viele „Ehrbare und Sparsame“, die der Volkskundler so beschrieb: „Sie verweilen in der Schlenkelweil (ihren Ferien) höchstens länger in der Kirche, besuchen Verwandte, die Kunkelstube und stingeln bei Bekannten ein wenig herum.“

    Per Zeitungsannonce wurden Knechte und Mägde gesucht.
    Per Zeitungsannonce wurden Knechte und Mägde gesucht.

    Eine besondere Beachtung erfuhr Lichtmess auch im Hinblick auf das Wetter und die nun wieder beginnenden Arbeiten im Freien. So gibt es zahlreiche Sprüche dazu, wie zum Beispiel:

    • „An Lichtmess fängt der Bauersmann neu mit des Jahres Arbeit an.“ l „Scheint zu Lichtmess die Sonne heiß, gibt’s noch sehr viel Schnee und Eis.“
    • „Wenn’s an Lichtmess stürmt und schneit, dann ist der Frühling nimmer weit.“
    • „Lichtmess im Klee, Ostern im Schnee.“
    • „Lichtmess hell und klar, gibt ein gutes Roggenjahr.
    • „Lichtmess verlängert den Tag um eine Stunde – für Menschen und für Hunde!“
    • „D’ Marie (2. Februar) macht s’Liacht aus, d’r Michel (29. September) zündt’s mea a.“

    Lesen Sie auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden