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Unterallgäu: Brüder schlagen und treten ihr Opfer ohne Vorwarnung

Unterallgäu

Brüder schlagen und treten ihr Opfer ohne Vorwarnung

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    Vor dem Amtsgericht wird die Anklage gegen die Brüder verhandelt.
    Vor dem Amtsgericht wird die Anklage gegen die Brüder verhandelt. Foto: kk

    Kommen sie oder kommen sie nicht? Verwirrung herrscht für einen Moment im Amtsgericht Memmingen. Zwei rumänische Brüder im Alter von 31 und 32 Jahren sollen sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Doch bei Prozessbeginn sind sie nicht da. Es wird telefoniert. Einer soll sich auf einer Baustelle befinden, der andere habe sich bei seinem Chef freigenommen, um zum Gericht zu gehen. Wo aber ist er?

    Richterin Katrin Krempl und Staatsanwältin Patricia Fink denken bereits darüber nach, die Angelegenheit in ein Strafbefehlsverfahren zu überführen oder sogar einen Haftbefehl gegen die beiden Angeklagten zu erlassen. Da geht die Tür auf und mit einer Verspätung von etwa 20 Minuten nehmen die beiden Brüder, die in Deutschland als Eisenbieger tätig sind, neben ihrer Dolmetscherin auf der Anklagebank Platz. Einen Verteidiger haben sie nicht.

    Nach einem Wortgefecht schlagen die Brüder auf das Opfer ein

    Staatsanwältin Fink wirft ihnen vor, am 27. Dezember vergangenen Jahres einen 42-Jährigen zusammengeschlagen und dabei auch mit Füßen getreten zu haben, als das Opfer schon am Boden lag. Zunächst erschließt sich nicht so recht, was denn der Anlass für die Auseinandersetzung gewesen sein könnte. Mit der Zeit aber wird es klar. Der 42-Jährige arbeitet in der Shisha-Bar seiner Tante. Weil die Freundin des 31-Jährigen nicht mehr zur Arbeit kam, sucht er die Wohnung der Brüder auf, in der auch die junge Frau lebt. Er soll die Schlüssel für die Bar abholen und von ihr die Kündigung unterschreiben lassen. Er habe sich zuerst ganz normal mit der Frau unterhalten, schildert das spätere Opfer. Dann sei der Jüngere der beiden Brüder vom Einkaufen nach Hause gekommen. Es habe sich ein Wortgefecht ergeben. Der 31-Jährige habe seinen Bruder gerufen und beide hätten unvermittelt zugeschlagen.

    Der 42-Jährige geht zu Boden, landet in einer Pfütze. Er bekommt Schläge und Tritte gegen Körper und Kopf. Er will aufstehen, schafft es aber erst, als beide von ihm ablassen.

    Die Brüder behaupten vor dem Memminger Amtsgericht, sich nur verteidigt zu haben

    Die beiden Brüder schildern den Sachverhalt ganz anders. Eigentlich sollen sie von der Richterin nacheinander vernommen werden. Immer wieder aber spricht der Ältere dem Jüngeren dazwischen. Und mal ehrlich: Gut abgesprochen wirken ihre Aussagen nicht. Der 42-Jährige sei aggressiv gewesen. Er habe in das Haus eindringen wollen, dabei die Eingangstüre beschädigt. Und er habe zuerst zugeschlagen. Man habe sich also quasi nur verteidigt.

    Ein Polizeibeamter schildert dem Gericht, wie man den Geschädigten vorgefunden habe. Er habe Verletzungen und auch eine dreckige Hose gehabt. Ein ärztliches Attest bescheinigt Gesichtsprellungen, Schürfungen und einen Druckschmerz am Knie. Entscheidend für die Wahrheitsfindung ist die Aussage der Freundin des 31-Jährigen. Doch die ist für das Gericht nicht greifbar. Sie sei vor etwa zwei Wochen nach Rumänien zurückgekehrt. Diese Kenntnis hat auch Rechtsanwalt Georg Mayer, der den Geschädigten im Rahmen der Nebenklage vertritt. Also wird der Polizeibeamte gefragt, was ihm die junge Frau erzählt habe. Sie sei verängstigt gewesen. Daher sei er mit ihr ein paar Schritte zur Seite gegangen. Dabei habe sie ihm dann erzählt, dass die beiden Brüder unvermittelt auf den 42-Jährigen losgegangen seien.

    Die Richterin ist überzeugt, dass die Brüder brutal und grundlos zugeschlagen haben

    Staatsanwältin Fink ist überzeugt, dass die Beweisaufnahme den Sachverhalt bestätigt hat, wie er in der Anklageschrift steht. Sie fordert eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten für jeden der beiden bislang unbescholtenen Brüder. Aber: „Tritte gegen den Kopf können böse ausgehen.“ Rechtsanwalt Mayer schließt sich ihrer Forderung an. Er hätte außerdem gerne ein Schmerzensgeld für seinen Mandanten.

    Richterin Katrin Krempl überlegt nicht lange und verurteilt die beiden Brüder zu jeweils neun Monaten Haft. „Brutal und grundlos“ hätten die beiden Verurteilten agiert. Der Geschädigte habe gar keinen Grund gehabt „Stunk zu machen“. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. 1000 Euro Schmerzensgeld muss jeder der beiden Eisenbieger dem Geschädigten bezahlen, abzustottern in monatlichen Raten von 100 Euro.

    Andere Fälle, die jüngst am Memminger Amtsgericht verhandelt wurden, finden Sie hier:

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