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Türkheim: Wertachfreunde bleiben bei Kraftwerk skeptisch

Türkheim

Wertachfreunde bleiben bei Kraftwerk skeptisch

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    „Aus unserer Sicht gab es nicht viel Neues.“Die Wertach leidet unter den anhaltend trockenen Sommern, das zeigt auch die Situation hier am Wehr mit Kraftwerk in Irsingen. Die Wertachfreunde stellen daher die Wirtschaftlichkeit des geplanten Wasserkraftwerks für fünf Millionen Euro aus Steuermitteln am Türkheimer Walterwehr infrage.
    „Aus unserer Sicht gab es nicht viel Neues.“Die Wertach leidet unter den anhaltend trockenen Sommern, das zeigt auch die Situation hier am Wehr mit Kraftwerk in Irsingen. Die Wertachfreunde stellen daher die Wirtschaftlichkeit des geplanten Wasserkraftwerks für fünf Millionen Euro aus Steuermitteln am Türkheimer Walterwehr infrage. Foto: Leo Rausch/Wertachfreunde

    Die Wertachfreunde sehen das geplante Wasserkraftwerk an der Waltermühle nach wie vor mit gemischten Gefühlen. Zwar sei die Zusammenarbeit mit dem Betreiber des neuen Kraftwerkes, der Bayerischen Landeskraftwerke GmbH (LaKW), und dem zuständigen Wasserwirtschaftsamt durchaus positiv. Allzu viel Neues habe aber auch die jüngste Expertenrunde aus Sicht der Wertachfreunde nicht gebracht.

    Was genau die Landeskraftwerke in Türkheim planen

    Wie berichtet, planen die Bayerischen Landeskraftwerke GmbH (LaKW) ein neues Wasserkraftwerk am Walterwehr südlich von Türkheim und wollen dafür rund fünf Millionen Euro investieren. Die Fallhöhe soll sieben Meter betragen und das Kraftwerk werde regenerativen Strom für rund 800 bis 1000 Privathaushalte produzieren.

    „Aus unserer Sicht gab es nicht viel Neues, denn die Planungen waren noch nicht so konkret wie sie der Artikel in der MZ vermuten ließ“, bedauert Leo Rasch von den Wertachfreunden. Aus Sicht der Naturschützer und des Steuerzahlers sei zudem die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des geplanten Kraftwerkes aus Steuermitteln noch immer unbeantwortet: Nach dem fünften zu trockenen und zu warmen Jahr in Folge und der zu erwartenden Stillstandsdauer von etwa 120 Tagen im Jahr wurde die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks aus Steuermitteln gestellt. Lediglich LaKW-Geschäftsführer Thomas Liepold sehe hier offensichtlich kein Problem, wundert sich Rasch.

    Neu für die Wertachfreunde waren zwei Aspekte der Planung: Eine kleine Rampe zum Fischabstieg und zur Versorgung des Tosbeckens am Ostufer sowie eine kleine Wassermenge durch die Waltermühle, der Mühlenablauf würde also nicht völlig trocken fallen.

    Der „Fischlift“ fällt bei den Türkheimer Wertachfreunden durch

    Die Renaturierung des Langweidbachs auf den ersten 150 Metern Länge werde zwar begrüßt, wenngleich das von den Wertachfreunden als Ausgleich für die nötigen Eingriffe als nicht ausreichend angesehen wird. Rasch: „Die biologische Durchgängigkeit am Wehr wieder herzustellen ist sozusagen Pflicht“. Statt dem vorgestellten Fischlift werde von den Wertachfreunden und verschiedenen Stellen ein naturnahes Umgehungsgerinne favorisiert, was aber wegen der Grundstücksverhältnisse kaum machbar sei. Der geplante

    Nicht nur fischereifachlich sehr sensibel sei der Bereich unterhalb des Wehres mit der Kiesinsel – entsprechend kritisch sehen die Wertachfreunde daher den Turbinenauslass mit dem Ablauf.

    Die Wertachfreunde nutzten die Expertenrunde, um erneut auf die wesentlichen Defizite der

    Geschiebedefizit Die Wertach hat fast durchgehend eine einheitliche Breite von 40 Meter. Durch die vielen Stauhaltungen und Uferbefestigungen bestehe ein erhebliches Geschiebedefizit, das zu massiven Eintiefungen geführt habe, besonders unterhalb der Wehre.

    Gefälle Insgesamt fließt die Wertach auf zwei Dritteln der Gesamtstrecke nicht oder nur sehr langsam. Damit verbunden sei der weitgehende Verlust der Selbstreinigungskräfte. Natürlich wäre für die Wertach in diesem Bereich ein Gefälle von 0,35 Prozent. Die betroffene Fließstrecke vom Oberen Wehr bis zur Amberger Brücke habe ein Gefälle von nur ca. 0,13 Prozent.

    Nährstoffbelastung Die Wertach leide zunehmend unter einer wachsenden Nährstoffbelastung, vermutlich aus diffusen Quellen.

    Fischfauna Die Fischfauna in der Wertach weiche stark von der natürlichen ab. Stillgewässerarten seien überrepräsentiert, strömungsliebende und kieslaichende Arten selten bis gar nicht mehr vorhanden.

    Sauerstoffmangel Die starke Erwärmung der Wertach und der daraus resultierende Sauerstoffmangel habe gravierende Folgen für die Wasserlebewesen wie eine starke Vermehrung gebietsfremder Arten (Dreikantmuschel, Waller, Kanadische Wasserpest).

    Strukturarmut Aus Sicht der Wertachfreunde fehlen unter anderem Kies- und Laichplätze, Jungfischhabitate und Unterstände.

    Hier würden die Vorschläge des Wasserwirtschaftsamtes Kempten ansetzen, aus Sicht der Wertachfreunde gehe es dabei um Uferaufweitungen und -abflachungen und der Schaffung von Zugangsstellen zur Wertach – also Maßnahmen die für die Bewirtschaftung gemäß der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie bereits vorgesehen seien.

    Die Wertachfreunde würden das anfallende Material am liebsten gleich in der Wertach belassen um die Sohle anzuheben, was bei der Expertenrunde die Frage aufwarf: Steht dem die geplante Fallhöhe des Kraftwerks von sieben Metern entgegen?

    Im Verlauf der „lebhaften Besprechung“ hätten Bedenken, Anregungen und Kritik frei geäußert werden können, freut sich Leo Rasch. Viele Fragen wurden von den Fachleuten auch gleich beantwortet, auch wenn sich LaKW-Geschäftsführer Liepold laut Rasch wohl „etwas mehr Begeisterung für das Kraftwerksprojekt erhofft“ habe. Leo Rasch von den Wertachfreunden hofft jetzt, dass „die gestellten Fragen und Anregungen in die Planungen einfließen und zu den dringend notwendigen ökologischen Verbesserungen führen“.

    Was Türkheims Grünen zu dem Projekt sagen, lesen Sie hier: Widerstand gegen Wertach-Wasserkraftwerk wächst

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