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Türkheim: Wenn Mensch, Tier und Maschine „Hand in Hand“ arbeiten

Türkheim

Wenn Mensch, Tier und Maschine „Hand in Hand“ arbeiten

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    Die Brüder Martin (rechts) und Johannes Waltenberger aus Rammingen bei der Arbeit mit dem Rückepferd Dubai, das die Baumstämme aus dem Unterholz zum Korrektionsweg an der Wertach zieht.
    Die Brüder Martin (rechts) und Johannes Waltenberger aus Rammingen bei der Arbeit mit dem Rückepferd Dubai, das die Baumstämme aus dem Unterholz zum Korrektionsweg an der Wertach zieht.

    Das Kreischen der Motorsägen hört man bis in den Ort. Vom Auwald her kommen die Geräusche – Holzfällarbeiten am „Korrektionsweg“ in Türkheim sind die Ursache. Der Weg an der Wertach ist vor allem bei Radlern, Joggern und Spaziergängern beliebt und war tagelang gesperrt. Hier fanden Holzfällarbeiten stand, an denen auch Rückepferd Dubai seinen Einsatz hatte.

    Mit der Verbauung der Wertach bei Türkheim sinkt auch der Grundwasserspiegel

    Hier an der Wertach gibt es noch Überbleibsel eines „echten“ Auwaldes. Er stammt aus der Zeit von vor über einhundert Jahren, als der Fluss sich seinen Weg selbst suchte und das angrenzende Terrain regelmäßig überschwemmte und durch mitgeführten Löß und Sand fruchtbar machte. Mit der Verbauung und Tieferlegung der Wertach sank dann der Grundwasserspiegel. Von den vielen Eschen dort, einer typischen Auwald-Baumart, sind die höchsten und ältesten zwischen 60 und 80 Jahre alt.

    Jetzt mussten auf der Strecke vom Bolzplatz im Norden bis fast zum südlichen Walterwehr erkrankte Eschen gefällt werden. Alles waren Bäume, die von einem Pilz („Kleines Stengelbecherchen“) befallen waren. Förster Raymund Ball von der Forstbetriebsgemeinschaft Mindelheim (FBG) erläuterte, wie dieser Pilz vor gut zehn Jahren aus Ostasien ins Baltikum eingeschleppt worden sei. Seine Sporen hätten sich dann weiter verbreitet. Von den Triebspitzen ausgehend zerstöre der Pilz die Nährstoffbahnen der Bäume. Das habe Auswirkungen bis ins Wurzelwerk.

    Förster Raymund Ball von der Forstbetriebsgemeinschaft Mindelheim.
    Förster Raymund Ball von der Forstbetriebsgemeinschaft Mindelheim.

    Nicht selten leide dann die Standfestigkeit der Bäume. Im Auwald an der Wertach seien die befallenen Eschen am kahlen, dürren Erscheinungsbild und der ausgedünnten Krone erkennbar. Gut 50 dieser Bäume waren im Vorfeld als krank oder schon abgestorben markiert worden.

    Bei ihnen bestand die Gefahr, dass sie auf die Spazierwege fallen. Andere auch schon erkrankte Eschen, die nicht auf Wege fallen können, wurden stehen gelassen.

    Je nachdem, wo die kranken Bäume standen, wurden die Motorsäge oder ein Harvester eingesetzt. Letztere sind eindrucksvoll große Maschinen, deren am zehn Meter langen Kran befestigtes Aggregat die Baumstämme packt, umsägt, in etwa vier Meter lange Stücke teilt und ablegt.

    Harvester werden auf den Wegen und schon vorhandenen „Rückegassen“ dort eingesetzt, wo sie keine zusätzliche Bodenverdichtung schaffen. Raymund Ball erklärte, dass der Einsatz schwerer Maschinen wegen der Arbeitssicherheit an bestimmten Stellen vorrangig sei. Die Waldarbeiter seien durch abbrechende tote Äste und instabile Bäume großen Gefahren ausgesetzt.

    Ein Hauptgrund für die jetzt durchgeführten Baumfällarbeiten sei daher die „Verkehrssicherungspflicht“ der Gemeinde Türkheim für die gut besuchten Spazierwege durch den Türkheimer Auwald.

    Das Rückepferd Dubai kommt zum Einsatz, wo die Maschinen im Türkheimer Auwald an ihre Grenzen kommen

    Zwei Tage nach dem Fällen der kranken Eschen war der Korrektionsweg wieder frei zugänglich. Jetzt gab es etwas ganz Besonderes zu sehen: ein altbewährtes Rückepferd im Einsatz. Dubai, ein neunjähriger Süddeutscher-Kaltblut-Hengst, war richtig motiviert, tänzelte zu seinem Arbeitseinsatz. Martin Waltenberger von den Waltenberger Forstbetrieben aus Rammingen führte das Rückepferd.

    Der Harvester, ein Kranfahrzeug, das die Bäume fällt und in Stücke schneidet.
    Der Harvester, ein Kranfahrzeug, das die Bäume fällt und in Stücke schneidet.

    Sein Vater Alfred Waltenberger lenkte den Rückezug. Dieser Kran mit einer Ladefläche zum Aufsammeln der gefällten Baumstücke war unterwegs entlang des Korrektionsweges. Die Stämme wurden dort auf freien Flächen aufgeschichtet. Sie werden von der Gemeinde als Brennholz verkauft. Die Käufer dürfen sie vor Ort zerkleinern und auf ihre Anhänger laden.

    „Mit dem Pferd kommt man auch dahin, wo man sonst nicht hinkommt“, erklärte Alfred Waltenberger den Einsatz von Dubai. Das Pferd zog nie mehr als drei Stämme durch das Unterholz, die mit „Rückehaken“ an seinem Geschirrquerholz befestigt waren. Diese Haken würden automatisch aufspringen, wenn eine Bodenunebenheit das Pferd ausbremse oder wenn die Last zu schwer werden sollte. Dubai mache einen Halbtagesjob mit Pausen dazwischen, erzählen die Brüder Martin und Johannes Waltenberger. Wenn die Arbeit den ganzen Tag erfordere, komme ein zweites Rückepferd aus dem Ramminger Stall zum Einsatz.

    Man merkte es Dubai an, dass er diese Arbeit gewohnt war. „Früher, da mussten das zwei Rösser machen, man musste sie treiben, und es war eine echte Schinderei“, erinnert sich Alfred Waltenberger. Jetzt war es ein perfektes Zusammenspiel zwischen Mensch und Pferd. Dubai hörte auf jedes kleinste Kommando und wurde auch nicht nervös, als der „Rückezug“ neben ihm zum Halten kam. Halt ein echter Profi.

    Gudrun Kissinger-Schneider, grüne Natur- und Umweltreferentin im Türkheimer Marktrat, ist auch davon überzeugt, dass „die gefährlichen Bäume raus mussten“. Der Rest „dürfe weiter wachsen“. Durch eine intensive Strauchstruktur gebe es ja eine zusätzliche Verjüngung im Auwald.

    Eine Bildergalerie von der Holzfällaktion zum Durchklicken:

    Auch die Kommunikation klappe gut. Im vergangenen Herbst habe es mit interessierten Gemeinderäten und dem Bürgermeister eine Begehung im Auwald mit Förster Raymund Ball gegeben. Die Markträtin wünscht sich von Seiten des Naturschutzes, dass im Gebiet nördlich der Tennishalle entlang des Weges größere Bäume nachgepflanzt werden sollten.

    Dort wurden damals großflächig kranke Fichten weggenommen, um den Baumreihencharakter am Korrektionsweg zu erhalten. Das sei auch für die Spaziergänger schöner.

    Lesen Sie dazu auch: Dann eben kein „O’zapft is“ heute für den Ramminger Rappenbauer

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