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Türkheim: War die Geheimhaltung der Schragl-Pläne richtig oder falsch?

Türkheim

War die Geheimhaltung der Schragl-Pläne richtig oder falsch?

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    Grundsätzlich müssen Gemeinderatssitzungen öffentlich sein, regelt die Gemeindeordnung. Doch es gibt auch Ausnahmen, über die dann entschieden werden muss.
    Grundsätzlich müssen Gemeinderatssitzungen öffentlich sein, regelt die Gemeindeordnung. Doch es gibt auch Ausnahmen, über die dann entschieden werden muss.

    Die Diskussion über die geplante Ansiedelung des Autohauses Schragl in Türkheim schlägt im Ort weiter hohe Wellen und sorgt für heiße Diskussionen. Dabei geht es vielen aber nicht nur um die Frage, ob die Bündelung der bisherigen Schragl-Standorte Bad Wörishofen und Mindelheim auf einem Grundstück an der A96 „gut für Türkheim“ ist, wie Bürgermeister Christian Kähler sagt, oder ob dadurch nicht vielmehr die wirtschaftliche Existenz von Türkheimer Traditionsunternehmern aus der Autobranche auf dem Spiel steht.

    Im Mai soll dann auch öffentlich über die Schragl-Pläne in Türkheim diskutiert werden

    Für Ärger sorgte vor allem bei den betroffenen Autohändlern das Vorgehen von Bürgermeister Kähler und dem Gemeinderat, der hinter verschlossenen Türen über die Schragl-Pläne beraten und die bürokratischen Weichen bereits gestellt hat. Die Verwaltung wurde in nicht öffentlicher Sitzung bereits beauftragt, Details für einen „vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ für das 30.000 Quadratmeter große Grundstück mit dem Investor zu besprechen. Kähler riet den Autohäusern, ihren Protest auch schriftlich zu formulieren, aber: „Ob dies dann zu einer Wende führt, kann ich nicht sagen“, wie er es formulierte.

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    In einer der Sitzungen des Marktrates im Mai soll der Gemeinderat dann auch öffentlich über die Schragl-Ansiedelung diskutieren, kündigte Bürgermeister Christian Kähler auf Anfrage der MZ an.

    Für die betroffenen Unternehmer und auch einige kritische Stimmen in Gemeinderat und Verwaltung war es ein Fehler, dass dies alles in einer „Geheimsitzung“ behandelt worden war. Kähler selbst verteidigt das Vorgehen energisch: Es könne keine Rede davon sein, dass dann der praktisch fertige und auf die Anforderungen des Investors abgestimmte Bebauungsplan beschlossen werden soll oder die Öffentlichkeit gar „vor vollendete Tatsachen“ gestellt werde, schließlich gebe es ja „noch nicht mal einen Aufstellungsbeschluss und auch keinen Planer für dieses Projekt, betont Kähler: „Da kann es dann auch keinen fertigen Plan zum Durchwinken geben!“

    Gemeinderäte kritisieren dennoch die Geheimhaltung des Projekts, da aus ihrer Sicht keine Gründe dafür vorgelegen hätten. Auf Nachfrage der MZ stellte auch die Kommunale Rechtsaufsicht am Landratsamt klar: Die Gemeindeordnung geht von dem Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit aus. Die Öffentlichkeit dürfe nur ausgeschlossen werden, soweit Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder berechtigte Ansprüche einzelner einer öffentlichen Behandlung entgegenstehen, so Frank Rattel vom Landratsamt.

    Ein Mehrheitsbeschluss des Gemeinderates sei nötig, um zu entscheiden, ob ein Tagesordnungspunkt nicht öffentlich oder öffentlich behandelt werde. Wie die MZ aus Kreisen des Gemeinderates erfuhr, hatte es einen solchen Beschluss zur Vorstellung der Schragl-Planungen nicht gegeben.

    In der Praxis sei es auch durchaus üblich, dass ein Bürgermeister Punkte für die Tagesordnung auf den nicht-öffentlichen Sitzungsteil legt und der Gemeinderat ohne Diskussion in die Behandlung einsteigt. Dies sei ebenso zulässig, so Rattel. Ein Mehrheitsbeschluss sei auch nicht nötig, wenn dies in der Geschäftsordnung des Gemeinderates festgelegt sei.

    Zwingend ausgeschlossen werden müsse die Öffentlichkeit bei Personalangelegenheiten, Vergabe von Bauleistungen, Steuerangelegenheiten – und auch bei „Grundstücksangelegenheiten“.

    Wenn Türkheim das Grundstück gar nicht gehört - fallen dann die Gründe für die Geheimhaltung nicht weg?

    Doch gerade hier setzt die Kritik an: Handelte es sich bei der Schragl-Ansiedlung denn überhaupt um eine solche „Grundstücksangelegenheit“ für die Gemeinde Türkheim? Immerhin hat Bürgermeister Kähler gegenüber der MZ zuletzt ausdrücklich betont, dass das betreffende Grundstück eben gerade nicht im Besitz der Gemeinde Türkheim ist, sondern einer Immobiliengesellschaft gehört.

    Und genau dies sei auch der Grund gewesen, warum die Gemeinde Türkheim in der Vergangenheit nicht von sich aus nach einer passenden Nutzung gesucht habe, wie Kähler betont.

    Fiel damit also der Grund für die Geheimhaltung weg? Ein Gemeinderat ist davon jedenfalls überzeugt: „Wenn das Grundstück gar nicht der Gemeinde gehört, ist es logischerweise auch keine Grundstücksangelegenheit der Gemeinde Türkheim und damit kann es auch nicht geheim gehalten werden.“ Eine öffentliche Beratung sei daher wichtig und richtig gewesen, im Zweifel hätte die Öffentlichkeit auch vorübergehend ausgeschlossen werden können.

    Das bestätigt auch die Kommunalaufsicht am Landratsamt: Es sei auch innerhalb eines öffentlichen Tagesordnungspunktes möglich, für eine gewisse Zeit die Öffentlichkeit auszuschließen und dann wieder für den Beschluss oder die weitere Beratung herzustellen, etwa wenn persönliche Dinge einzelner Personen angesprochen werden.

    Die Öffentlichkeit muss bei einer Entscheidung im Gemeinderat zwingend hergestellt werden, wenn dem nicht „Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder berechtigte Ansprüche einzelner einer öffentlichen Behandlung entgegenstehen“, so Frank Rattel vom Landratsamt: „Alle davon nicht betroffenen Tagesordnungspunkte sind also öffentlich zu behandeln“.

    Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass ein Thema intern nicht-öffentlich vorberaten wird, so Rattel: „Allerdings nur außerhalb einer Sitzung.“ Innerhalb einer Sitzung dürfte das nicht erfolgen, sofern keine Gründe dafür vorliegen.

    Sollte das grundsätzliche Öffentlichkeitsgebot verletzt werden, dann sei eine Beschwerde bei der Kommunalaufsicht möglich. Sollten öffentlich zu behandelnde Themen nicht öffentlich beraten worden sein, dann könne dies „im Einzelfall die Ungültigkeit des Beschlusses zur Folge haben.“

    Laut Rattel gehen „nicht selten“ Beschwerden ein zu diesem Thema, sei es von Bürgern oder auch von Gemeinderatsmitgliedern.

    Hinter den Kulissen des Türkheimer Gemeinderates hat sich ein heftiger Streit entwickelt, ob es richtig war, die Schragl-Pläne hinter verschlossenen Türen zu behandeln. Und auch die betroffenen Autohändler hätten sich von Beginn an mehr Transparenz gewünscht: Dass die Firma Schragl die betroffenen Unternehmer jetzt zu einem „Runden Tisch“ eingeladen habe, findet er zwar gut, aber: „Das hätten wir uns von den Verantwortlichen der Gemeinde Türkheim erhofft.“

    Alfred Heiß
    Alfred Heiß

    In Kreisen des Gemeinderates sorgte es für mächtig Ärger, dass Details der Schragl-Pläne an die Öffentlichkeit dringen konnten. Wie die MZ erfuhr, soll soetwas künftig ausgeschlossen werden und jeder Gemeinderat soll dazu eine „eidesstattliche Versicherung“ unterzeichnen. Einen entsprechenden Antrag will die CSU-Fraktion stellen – der MZ wollte Vize-Fraktionschef Jens Gaiser den Antrag aber nicht vorab zur Verfügung stellen. Gaiser bat um Verständnis: „Da es sich um einen nicht öffentlichen Tagesordnungspunkt handelt, kann ich ihn Ihnen leider nicht zukommen lassen.“

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