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Tierheim: Ex-Vorsitzender vor Untreue-Prozess untergetaucht?

Tierheim

Ex-Vorsitzender vor Untreue-Prozess untergetaucht?

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    Das Tierheim Beckstetten. Ein ehemaliger Vorsitzender des Trägervereins steht nun vor Gericht. Es geht um den Vorwurf der Untreue.
    Das Tierheim Beckstetten. Ein ehemaliger Vorsitzender des Trägervereins steht nun vor Gericht. Es geht um den Vorwurf der Untreue. Foto: Mathias Wild

    Schweren Vorwürfen sollte sich ein Ex-Vorsitzender des Kaufbeurer Tierschutzvereins vor dem Schöffengericht stellen: So steht der Unterallgäuer im Verdacht, seiner Ehefrau erhebliche Summen zugeschanzt und Detektive damit beauftragt zu haben, Mitarbeiter zu überwachen. Die Staatsanwaltschaft ging von 23 Fällen der Untreue und einem Schaden von insgesamt etwa 135.000 Euro aus. Der Verein betreibt das Tierheim Beckstetten, das auch für das Unterallgäu zuständig ist und einst mit viel Geld von Bad Wörishofer Tierfreunden begründet wurde. Die Stadt Bad Wörishofen beispielsweise unterstützt das Tierheim jährlich mit 15.000 Euro, andere Gemeinden geben ebenfalls Geld.

    Der Verein selbst kommt im Prozess auf eine noch höhere Schadenssumme und macht laut Anwalt Bernhard Pohl eine zivilrechtliche Forderung von etwa 177.000 Euro plus Zinsen geltend. Zum Prozessauftakt erschienen allerdings weder der Ex-Vorsitzende noch die mitangeklagte Ehefrau. Die Umstände legten den Schluss nahe, dass das Ehepaar untergetaucht sein könnte. Gegen beide erging Haftbefehl.

    Die Ungereimtheiten fielen auf, als ein neuer Vorstand das Ruder übernahm

    Die Ungereimtheiten waren im Jahr 2018 nach einem Wechsel des Vorstands aufgefallen. In der zu Prozessbeginn verlesenen Anklageschrift ging es jetzt um drei mutmaßliche Tatkomplexe: In einem Fall soll der Ex-Vorsitzende aus einer Erbschaft, die an den Verein gegangen war, Honorare von insgesamt 7760 Euro auf sein privates Konto überwiesen haben. Zudem soll der Mann zwischen September 2015 und August 2017 seine Ehefrau beschäftigt und ihr jeweils fast 5000 Euro pro Monat gezahlt haben. In beiden Fällen soll er versucht haben, die Zahlungen durch nachträglich gefasste Beschlüsse zu legitimieren.

    Es geht auch um Geld, das für die Überwachung von Mitarbeitern geflossen sein soll

    Zudem ging es um die Observation von zwei Angestellten durch eine Detektei. Offenbar hatte der Vorsitzende die Mitarbeiter im Verdacht, dass sie im Krankenstand anderen beruflichen Tätigkeiten nachgingen. Insgesamt, so der Vorwurf, habe er Zahlungen in Höhe von mehr als 30.000 Euro an die Detektei veranlasst, obwohl er gewusst habe, dass er dazu nicht berechtigt war. Bei Summen über 5000 Euro hätte offenbar der gesamte Vorstand zustimmen müssen.

    Zu all dem konnte der Angeklagte jetzt nicht gehört werden, weil er und seine Ehefrau trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Verhandlung kamen. Auch ihre Verteidiger haben schon seit längerem nichts mehr von ihnen gehört. Versuche, die Angeklagten telefonisch zu erreichen, blieben erfolglos. Das Gericht beschloss daraufhin, das Ehepaar zum Prozess vorführen zu lassen, und schickte die Polizei zu dessen Wohnadresse. Doch dort trafen die Beamten niemanden an. Die Vorsitzende Richterin informierte die Verfahrensbeteiligten anschließend darüber, dass vor dem Haus ein leerer Koffer gestanden sei. Und auf einem Zettel habe gestanden, dass man „auf Reha“ sei. Daraufhin wurde das Verfahren gegen das Ehepaar abgetrennt.

    Auch die frühere Kassiererin des Tierschutzvereins stand vor Gericht

    Das Verfahren gegen die ebenfalls angeklagte damalige Kassiererin des Vereins wurde gegen eine Geldauflage in Höhe von 2000 Euro eingestellt. Nach einem Rechtsgespräch gingen alle Verfahrensbeteiligten von einer geringen Schuld der Ostallgäuerin aus. Wie Verteidiger Joachim Feller auf Anfrage sagte, habe seine Mandantin jeweils auf Anweisung des Vorstands gehandelt. Ihre Beteiligung an Überweisungen und Beschlüssen sei im Vertrauen auf korrekte Abläufe erfolgt – zumal ihr der Hauptangeklagte versichert habe, dass die Transaktionen von einem Rechtsanwalt und einem Steuerberater abgesegnet worden seien.

    Der Kaufbeurer Tierschutzverein, der auch das Tierheim in Beckstetten betreibt, steht nicht zum ersten Mal wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten im Fokus. Anfang 2014 war ein Vorgänger des jetzigen Angeklagten wegen Mauscheleien bei Mitarbeitergehältern zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden.

    In den vergangenen beiden Jahren hat ein neuer Vorstand intensiv an einer Änderung der Strukturen bei dem Verein gearbeitet. Allerdings muss nun erneut ein Vorsitzender gesucht werden: Frank Dämgen, der Nachfolger des nun Angeklagten, hat sein Amt vor Kurzem aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt. (mit mz)

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