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Stetten: Mein Jahr: „Sich trauen“ kommt von „sich trauen“

Stetten

Mein Jahr: „Sich trauen“ kommt von „sich trauen“

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    Im September folgte dann die freie Trauung. Der beste Moment für Christina Nägele: Vorne zu sitzen und alle Menschen, die ihr wichtig sind, hinter sich zu wissen.
    Im September folgte dann die freie Trauung. Der beste Moment für Christina Nägele: Vorne zu sitzen und alle Menschen, die ihr wichtig sind, hinter sich zu wissen.

    Eine strahlende Braut, ein eleganter Bräutigam: Nichts auf den Fotos von Christina und Timo Nägele deutet darauf hin, wie besonders ihre Hochzeit war. Sie haben sich getraut – im doppelten Sinn: Denn Heiraten im Corona-Jahr 2020 war nur etwas für Wagemutige. Am Ende aber gab es für die vielen vergossenen Tränen und die nervliche Anspannung der beiden Stettener noch eine Belohnung: eine Traumhochzeit im September, gerade noch rechtzeitig vor den nächsten coronabedingten Einschränkungen.

    Doch von vorn: Im April 2019 hatte Timo Nägele seiner Christina einen Heiratsantrag gemacht – ein Jahr später, am 18. April 2020, sollte die Hochzeit stattfinden. Nur standesamtlich, dafür aber größer, mit rund 80 Gästen auf der anschließenden Feier. Als Christina Nägele mit den Planungen begann, hatte sie von Corona noch nicht einmal gehört. Dass das Virus ihre komplettes Jahr durcheinanderwerfen würde, konnte sich die Leiterin zweier Hotels in Memmingen nicht vorstellen. „Noch bei meinem Junggesellinnenabschied im Februar haben wir uns über Corona lustig gemacht“, erinnert sich die 28-Jährige.

    Die beiden Stettener hätten auch nur zu zweit geheiratet

    Doch die Pandemie rückt von Tag zu Tag näher und eine Feier mit 80 Leuten immer weiter in die Ferne. „Das Warten war schrecklich, es gab viele Tränen“, sagt Christina Nägele über diese Zeit der Unsicherheit. „Alle fragen nach – und man selbst will das gar nicht wahrhaben.“ Schließlich war ja alles auf den 18. April ausgelegt: Die Einladungen waren längst verschickt, das Datum war in die Ringe eingraviert, stand auf der Hochzeitskerze, auf einem Plakat. Sollte all das umsonst gewesen sein? „Es bricht schon eine Welt zusammen“, sagt die 28-Jährige.

    Während des ersten Lockdowns haben Christina und Timo Nägele standesamtlich geheiratet: mit Kleid aus dem Internet und ohne Feier.
    Während des ersten Lockdowns haben Christina und Timo Nägele standesamtlich geheiratet: mit Kleid aus dem Internet und ohne Feier.

    Drei Wochen vor dem Termin beschlossen Christina und ihr Zukünftiger: Wir trauen uns trotzdem – dann eben im kleinen Kreis. „Wir hätten auch nur zu zweit geheiratet. Denn wir machen das ja aus Liebe und nicht fürs Fest.“

    Als sie am 18. April ins Standesamt kamen, durften immerhin Eltern und Geschwister mit dabei sein. Doch das Brautpaar musste auch Abstriche machen: Weil das Brautmodengeschäft im Lockdown geschlossen hatte, konnte Christina Nägele ihr Kleid nicht mehr abholen. Sie bestellte sich kurzerhand eines aus dem Internet.

    Anstoßen war bei der Trauung nicht erlaubt, ebenso wenig wie eine anschließende Feier. Dass sie zur Hochzeit viele Karten und Überraschungen bekommen haben, hat Christina Nägele sehr gefreut. „Es war schön zu sehen, wie alle an uns gedacht haben.“

    Neben dem Hausbau organisierte das Paar nebenbei zum zweiten Mal seine Hochzeit

    Obwohl er anfangs dagegen war, ließ sich Timo Nägele von seiner Christina überzeugen, es doch noch einmal in diesem Jahr zu wagen mit der Hochzeit. Für Christina Nägele hieß das: noch einmal eine ganze Hochzeit organisieren – neben dem Hausbau, den die beiden „nebenbei“ noch geschultert haben. Diesen Vorteil hatte Corona, sagt die 28-Jährige: Durch die Kurzarbeit war sie als Hotelchefin viel zuhause, hatte mehr Zeit als normal. Ihr Mann kümmerte sich vorrangig um das Haus, sie um die Hochzeit. „Jeder hat vor sich hingewerkelt und dem anderen immer ein Update gegeben“, sagt sie und lacht. „Organisatorisch waren wir Genies.“

    Am 19. September sollte die „zweite“ Hochzeit sein, mit 80 Gästen und einer freien Trauung – während im Haus der Estrich trocknete. „Wir haben Woche für Woche gezittert“, sagt Christina Nägele. Erst kurz vorher stand fest: Die Feier kann stattfinden, alle können kommen, Masken müssen nicht getragen werden, wenn die Gesellschaft unter sich ist. Das Wetter, über das sich die Braut im Vorfeld so viel Gedanken gemacht hatte, war durch Corona plötzlich unwichtig geworden. „Und dann war es perfekt!“, sagt Christina Nägele und strahlt. Eine enge Verwandte konnte wegen einer auferlegten Quarantäne leider nicht kommen, ein paar der älteren Gäste blieben der Feier ebenfalls fern und gerade am Anfang seien alle ein wenig angespannt gewesen, erinnert sie sich. „Es wusste ja niemand: Wie tut man?“ Das habe sich aber bald gelegt.

    Den besten Moment der Hochzeit wird Christina Nägele immer in Erinnerung behalten: sie und ihr Timo vorne bei der Trauung, die Gäste hinter sich. Die Erleichterung darüber, dass alles geklappt hat, dass alle da sind. Die 28-Jährige glaubt, dass sie das durch Corona viel mehr wertschätzen konnte.

    „Es ist eine Hochzeit, die immer in Erinnerung bleibt“, sagt Christina Nägele, nicht nur bei ihr selbst, sondern auch bei den Gästen, glaubt sie – auch wenn man den beiden frisch getrauten und strahlenden Eheleuten auf den Dankeskarten nicht ansieht, wie hart der Weg bis zur Trauung stellenweise war.

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