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Stetten/Frechenrieden: Wie unser Wald fit gemacht wird für den Klimawandel

Stetten/Frechenrieden

Wie unser Wald fit gemacht wird für den Klimawandel

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    Eine vielfältige Naturverjüngung ist das Ergebnis einer waldbaulich orientierten Jagd und dem Spiel von Licht und Schatten im Altholzschirm. Wie das im Staatswald Hochfirst zwischen Frechenrieden und Stetten umgesetzt wird, zeigen Forstamtsleiter Rainer Nützel (links) und Forstbetriebsleiter Dr. Hermann S. Walter.
    Eine vielfältige Naturverjüngung ist das Ergebnis einer waldbaulich orientierten Jagd und dem Spiel von Licht und Schatten im Altholzschirm. Wie das im Staatswald Hochfirst zwischen Frechenrieden und Stetten umgesetzt wird, zeigen Forstamtsleiter Rainer Nützel (links) und Forstbetriebsleiter Dr. Hermann S. Walter.

    Zunehmende Stürme schlagen zunehmend gewaltige Schneisen in den Wald, lang anhaltende Dürrephasen lassen die Fich-ten durch Schadinsekten wie Buch-drucker und Kupferstecher explosionsartig absterben; Pilzkrankheiten wie das Falsche Weiße Stängelbecherchen bedeuten für die Esche den Todesstoß. Wie der Wald dennoch zukunftsfähig gemacht werden kann und bereits gemacht wird, zeigen Dr. Hermann S. Walter, der Forstbetriebsleiter der Bayerischen Staatsforsten Ottobeuren, und der Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), Rainer Nützel.

    Bei einem Rundgang im Staatswald Hochfirst zwischen Frechenrieden und Stetten ist gut erkennbar, wie klimaverträglicher Waldumbau erfolgt. Auf Jahrzehnte angelegtes, vorausschauendes Planen, effektive Bejagung und ein wohldurchdachtes Spiel mit Licht und Schatten spielen dabei die ganz entscheidende Rolle.

    Was in dem rund 500 Hektar großen Wald wächst

    In dem rund 500 Hektar großen Areal am Hochfirst gedeiht die Tanne in Harmonie mit Douglasie, Linde, Buche und Eiche – größtenteils unverbissen vom Wild und scheinbar ohne menschliches Zutun auf natürliche Art verjüngt. Massenhaft wächst dort unter dem lockeren Schirm des Altbestandes von beachtlichen 45 Meter hohen Douglasien und Tannen eine Mischung aus standfesten Laubbäumchen und klimaverträglicheren Nadelgehölzen heran – ohne den „Brotbaum“ Fichte gänzlich zu verdrängen.

    Probepflanzungen mit Baumhasel oder mehreren Zedern-Arten sollen die Zukunft des heimischen Waldes sichern.
    Probepflanzungen mit Baumhasel oder mehreren Zedern-Arten sollen die Zukunft des heimischen Waldes sichern.

    Der Mensch greife hier nur „pflanzend“ ein, um zusätzliche Baumarten zu etablieren, von denen bisher noch keine samenproduzierenden Altbäume vorhanden sind, erklären Walter und Nützel. In sogenannten „Käferlöchern“ entstandene Lücken werden – mitunter mit so genanntem Fege- oder Verbissschutz ausgestattet – Lichtbaumarten wie Lärche, Douglasie, Flatterulme und Eiche ausgepflanzt. Mindestens vier Wirtschaftsbaumarten pro Bestand, so Walter, ermöglichen eine „gezielte Risikominimierung“. Diesen Waldumbau betreibt der Staat in seinen Waldungen bereits seit über 30 Jahren – mit heute deutlich sichtbarem, ja geradezu üppigem Erfolg, wie etwa beim Staatswalddistrikt Hochfirst.

    Atlas- und Libanonzeder oder Baumhasel sollen das künftige Klima gut vertragen

    Als der Rundgang morgens am Forstamt in Ottobeuren startet, kommt Walter bereits vom Wald zurück: Seit fünf Uhr war er auf der Jagd, ein erlegtes Reh liegt noch im Kofferraum. Ohne „angepassten Wildbestand durch effektive Jagd“ wäre es seiner Meinung nach nicht möglich, dass der Wald im Staatsforst zu drei Viertel aus der Naturverjüngung stammt und damit aus heimischer, Standort-angepasster Genetik. Laut dem Forstbetriebsleiter bilden diese Bäume das Grundgerüst des Zukunftswaldes. Weil derzeit niemand genau sagen kann, wie das Klima in hundert Jahren ist, werden in Bayern auch neue Baumarten – die heute schon „in unserem zukünftigen Klima“ aufwachsen – in Praxisversuchen angepflanzt: Atlas- und Libanonzeder oder Baumhasel etwa sollen auch hierzulande erprobt werden.

    Leitender Forstdirektor Rainer Nützel (Bereichsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Mindelheim) ist zuständig für Förderung und Beratung für sämtliche Waldungen des gesamten Landkreises Unterallgäu und der Stadt Memmingen mit insgesamt rund 32.000 Hektar Fläche. Forstbetriebsleiter Dr. Hermann S. Walter ist für die Bewirtschaftung von 12.000 Hektar Staatswald zwischen Kempten und Babenhausen, von der Iller bis zur Wertach verantwortlich. Laut Walter wird das Allgäu auch zukünftig weiterhin hohe Fichtenanteile behalten, auch wenn der Anteil des „Brotbaumes“ im Staatswald seit zehn Jahren bereits um sieben Prozent zurückgefahren wurde. Inklusive Tanne, Lärche und Douglasie beträgt der Nadelholzanteil aktuell noch 64 Prozent.

    Fichten werden rund die Hälfte eines Waldes ausmachen

    Langfristig werde der Anteil von Fichten bei 50 Prozent verbleiben. Wie Nützel betont, ist der Anteil der Tanne in den vergangenen 15 Jahren durch Naturverjüngung deutlich gestiegen. Walter ergänzt: „Die Jagd hat dabei einen entscheidenden Einfluss!“ Nützel wörtlich: „In den Jagdgenossenschaften muss man die Belange des Waldes nachhaltig vertreten. Das erfordert manchmal auch intensive Diskussionen mit der Jägerschaft.“

    Walter freut sich, dass der Staat zu drei Viertel der Fläche die Jagd in der eigenen Hand hat: „Wir können waldbaulich orientiert jagen. Hohe Abschüsse erlauben die natürliche Verjüngung vieler und im Klimawald dringend benötigter Baumarten.“

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