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Serie "Kunstpause": Künstlerisches Neuland dank Corona für Stefan Fichtel

Serie "Kunstpause"

Künstlerisches Neuland dank Corona für Stefan Fichtel

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    In seinen politischen Karikaturen nimmt der Mindelheimer Stefan Fichtel aktuelle Nachrichten aufs Korn. Über den Humor möchte er sein Publikum für solche Entwicklungen sensibilisieren.
    In seinen politischen Karikaturen nimmt der Mindelheimer Stefan Fichtel aktuelle Nachrichten aufs Korn. Über den Humor möchte er sein Publikum für solche Entwicklungen sensibilisieren.

    Der Mindelheimer Infografiker Stefan Fichtel lebt und arbeitet seit Jahren in Berlin, in seiner Freizeit war er auch immer Künstler. Im letzten Jahr hatte er eine Ausstellung im Kunstverein Mindelheim, weitere sind geplant. Nun hat die Corona-Krise für einen Wendpunkt in seinem künstlerischen Schaffen gesorgt. Fichtel berichtet: „Mit dem Beginn der Coronakrise musste ich quasi 100 Prozent Auftragsrückgang in meiner Agentur verzeichnen. Seit Monaten habe ich keinen Job mehr erhalten, das ist seit zehn Jahren ziemlich einzigartig. Allerdings wollte ich meine Arbeit ohnehin schon lange wieder viel stärker auf das Zeichnen ausrichten. Und so gehe ich nun seit einem halben Jahr sozusagen wieder „studieren“ und mache endlich das, was ich ursprünglich gelernt habe.“

    Die Krise hat Ihre Kreativität also nicht gehemmt, sondern eher beflügelt. Wie ist das nun mit freier Zeiteinteilung? Sitzen Sie regelmäßig am Schreibtisch oder vielleicht in einem Café und woher kommt die Inspiration?

    Auf meine Kreativität hat die Krise keinen Einfluss. Mein Arbeitstag geht von 8 bis 20 Uhr. Ich bin da sehr strikt, und habe generell keine Schwierigkeiten damit, erst recht nicht, wenn es genau das ist, was ich ja machen will. Inspiration erhalte ich hauptsächlich beim Fahrradfahren, Duschen und einfach beim Nachrichten-Lesen. Da ich zwei Monitore brauche, kann ich nur im Büro arbeiten, alles andere würde mich auch zu sehr ablenken.

    Was war die größte Herausforderung für Sie?

    Das größte Problem bestand darin, nach so langer Zeit wieder an die eigenen Fähigkeiten zu glauben. Ich hatte ganz am Anfang mal Horst Haitzinger geschrieben, ob er mir vielleicht ein paar Adressen geben könne, damit ich ein paar Zeitungen anschreiben kann. Als Feedback von ihm kam, ich solle das mit der Farbe besser lassen. Tja, das war nicht ganz das erhoffte Feedback und so sind die Zweifel bis heute hoch.

    Was wäre Ihr Wunsch für die nahe Zukunft? Ein fester Platz in einem Magazin?

    Mein Wunsch ist zweigeteilt. Zum einen würde ich gerne Zugang zu ein paar Redaktionen gewinnen, damit die Karikaturen auch endlich gedruckt werden. Zum anderen würde ich gern einfach Illustrationen anfertigen. Aber es wird wohl schwer, in dieser Zeit einen Fuß in dir Türe zu bekommen.

    Wie war es während der Krise, in Berlin zu sein, so fern der Heimat. Denkt man anders über Stadt/Land, über die Familie, über Zuflucht und Geborgenheit?

    Auch in der Krise arbeitet Stefan Fichtel nur in seinem Büro. Jetzt allerdings an anderen Projekten.
    Auch in der Krise arbeitet Stefan Fichtel nur in seinem Büro. Jetzt allerdings an anderen Projekten.

    Das Landleben erleichtert natürlich vieles in einer solchen Krise, in der Stadt ist das Ganze noch schwieriger. Aber ich habe ein wahnsinnig tolles Büro und es fühlt sich hier fast ein bisschen kleinstädtisch an und meine Familie unterstützt mich voll und ganz mit dem was ich mache. Außerdem habe ich meine Tochter noch nie so viel gesehen, denn sie kommt nun regelmäßig zu mir ins Büro, um hier zu spielen. Insgesamt war und ist die Krise für mich fast eine Art Sabbatical. Es ist schon eine tolle Erfahrung sich beruflich noch einmal voll und ganz auf etwas Neues besinnen zu können. Das wäre ohne Krise nicht möglich gewesen.

    Ihre Karikaturen sind schonungslos. Wie viel Mut braucht es eigentlich, um Karikaturist zu werden? Und welche Gedanken bewegen einen vor der Umsetzung?

    Anfangs hatte ich schon Angst, meine Ideen überhaupt zu veröffentlichen, da war ich wie blockiert. Man fragt sich ja ständig, ob die Leute es überhaupt lustig finden was man da macht. Als ich studiert habe, da wurde ich in die Studienstiftung aufgenommen und beim Auswahlverfahren von den Professoren gefragt, warum man denn einen Illustrator fördern sollte, was das für einen gesellschaftlichen Wert hätte. Ich antwortete, dass man mit politischen Karikaturen Menschen über den Humor für Vorgänge interessieren und sensibilisieren kann und so zur politischen Bildung beiträgt. Genau das will ich jetzt machen. Und es macht einfach riesigen Spaß, denn ich halte Karikaturen für eine Art ausgleichende, reinigende Gerechtigkeit.

    Wer sich einen Eindruck verschaffen oder den Newsletter des Künstlers erhalten möchte, kann über seine Website Kontakt aufnehmen. Es gibt reichlich zu entdecken.

    Hier geht es zu weiteren Folgen der Serie "Kunstpause":

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