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Schnerzhofen: Der Orgelbauer und sein heißes Hobby

Schnerzhofen

Der Orgelbauer und sein heißes Hobby

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    Gunnar Schmid testet den Klang einer Orgelpfeife. Vor ihm liegt das Intonationsbesteck, mit der er der Orgel ihren charakteristischen Klang zurückgibt.
    Gunnar Schmid testet den Klang einer Orgelpfeife. Vor ihm liegt das Intonationsbesteck, mit der er der Orgel ihren charakteristischen Klang zurückgibt.

    Als Bürgermeister ist Peter Wachler an mehr oder weniger ungewöhnliche Anrufe gewöhnt. Aber ein bisschen kurios erschien es ihm dann doch, als sich ein Mann bei ihm meldete und fragte, ob er im Schnerzhofer Weiher baden dürfe und zwar – sobald die übrigen Badegäste weg sind – nackt. Er würde nämlich gerne seine mobile Sauna am Ufer abstellen und sich dann im Weiher abkühlen.

    Orgel in Schnerzhofen in 100 Jahren zwei mal gereinigt

    Nun hatte Peter Wachler zwar noch nie von einer mobilen Sauna gehört, aber nichts dagegen. Schließlich kannte er den Anrufer: Gunnar Schmid aus Kaufbeuren hat in den vergangenen zwei Monaten die Orgel in der Schnerzhofener Kapelle von Grund auf repariert. Die hat der Mindelheimer Orgelbauer Julius Schwarzbaur 1918 gebaut und war laut Schmid „im Grunde unspielbar. Da ist nichts mehr gegangen.“ In den vergangenen hundert Jahren sei sie – wie mit Bleistift auf der Rückseite der Abdeckung vermerkt ist – nur zweimal gereinigt und gestimmt worden und das beim letzten Mal zudem nicht fachmännisch: Als die Kapelle 1987 renoviert wurde, wurde die Orgel ab- und anschließend leider nicht mehr ganz so zusammengebaut, wie es sich gehört hätte.

    In gewisser Weise ist es aber auch ein Glück, dass sich keiner intensiver um die romantische pneumatische Orgel mit den fünf Registern gekümmert hat. Denn sonst, ist Schmid überzeugt, wäre sie bestimmt nicht erhalten geblieben. „Nach dem Krieg wurden die romantischen Orgeln reihenweise rausgeschmissen“, erklärt er. Die in Schnerzhofen aber blieb und mit ihr ihr ganz eigener Charme.

    Kaufbeurer Schmied und sein Mitarbeiter überholten den kompletten technischen Apparat

    Und auf ihr spielen kann der Organist nun auch wieder: Schmid und ein Mitarbeiter haben in viel Handarbeit den kompletten technischen Apparat überholt. Sie haben unter anderem Pfeifenhalterungen angelötet, kontrolliert, ob die Luft auch bei der richtigen Pfeife herauskommt, die Holzpfeifen mit ihrem weichen Bass mit neuen, mit Leder bezogenen Deckeln versehen, verrostete Schrauben ausgetauscht, alles gereinigt und mit viel Fingerspitzengefühl den charakteristischen Klang des alten Instruments wiederhergestellt. Ins Schwitzen sind sie dabei gelegentlich auch gekommen: „Man zerlegt die Orgel und weiß manchmal nicht, wie was funktioniert“, sagt Schmid. „Aber es hat mir Spaß gemacht, mich da durchzufuchsen, weil’s so ne verhaute Kiste war.“

    Was das nun mit einer mobilen Sauna zu tun hat? Im Grunde nicht viel und doch jede Menge. Denn seine Leidenschaft fürs Saunieren verdankt Gunnar Schmid seinem Vater. Der war ebenfalls Orgelbauer und in dieser Tätigkeit oft in Schweden und Finnland unterwegs. In den Ferien nahm er die Kinder mit – auch in die Sauna, die in Finnland einfach dazugehört und recht wenig mit dem zu tun hat, was man hierzulande als Sauna kennt. „Das ist eine einfache Holzhütte ohne Strom an einem See“, erklärt der 52-Jährige. Mit Holzofen, versteht sich, aber ohne den fast schon zeremoniellen Aufguss oder anderen Trillefitz. Dafür aber gerne mit nassen Birkenzweigen, die man sich selbst oder dem Saunapartner leicht auf den Rücken schlägt und so die Durchblutung in Schwung bringt.

    Der Kaufbeurer Orgelbauer sauniert um den Kopf frei zu bekommen

    „Die Finnen legen ihre Wurst mit in die Sauna rein und essen sie hinterher, da gibt es diese ganzen Saunaregeln nicht“, sagt Schmid, der es genau so mag. Für ihn, der ja viel Zeit in meist kalten Kirchen verbringt, ist das ein schöner Ausgleich. „Da kann ich meine Freunde treffen, unbeschwert, ohne Frauen. Da kriegt man den Kopf frei.“

    Als er in Finnland eine Fass-Sauna auf einem Hänger sah, war für ihn klar, dass er das auch wollte, seine Sauna einfach an die schönsten Plätze mitnehmen. Zusammen mit Freunden hat er den Schäferwagen gebaut, der nun am Ufer des Schnerzhofer Weihers steht. In der eigentlichen Sauna haben bis zu sieben Leute Platz, außerdem gibt noch einen Vorraum mit Sitzbank und Klapptisch, an dem man sich auf das eine oder andere Bier zusammensetzen kann.

    Mehrere Markt Walder leisteten ihm Gesellschaft

    Dass viele im Sommer nicht in die Sauna gehen, kann Gunnar Schmid nicht nachvollziehen: „Da ist’s besonders schön, weil man nicht gleicht friert, wenn man abends draußen sitzt“, findet er. Und genau das hat er in den vergangenen Tagen – oft in Gesellschaft mehrerer Markt Walder – getan und anschließend im Schlafsack draußen übernachtet. „Wir haben hier magische Nächte gehabt“, sagt der Orgelbauer. Und dann erst der Sonnenaufgang über dem Weiher – einfach herrlich.

    Gut möglich, dass er seine Sauna künftig öfter mit zur Arbeit nimmt, wenn es ganz in der Nähe einen so schönen See gibt wie den Schnerzhofer Weiher – und den dortigen Bürgermeister mit einem ungewöhnlichen Anruf überrascht.

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