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Schlingen: Drei Verletzte bei Schlingen: Ein 85-Jähriger kämpft um den Führerschein

Schlingen

Drei Verletzte bei Schlingen: Ein 85-Jähriger kämpft um den Führerschein

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    Das Amtsgericht Memmingen arbeitet einen schweren Unfall auf, der sich bei Schlingen ereignet hat.
    Das Amtsgericht Memmingen arbeitet einen schweren Unfall auf, der sich bei Schlingen ereignet hat. Foto: Werner Mutzel

    Ein schwerer Verkehrsunfall bei Schlingen wird nun vor Gericht aufgearbeitet. Die Staatsanwaltschaft wirft einem 85-jährigen Unterallgäuer vor, grob fahrlässig und falsch überholt zu haben. Der Anwalt des Mannes spricht dagegen von einem Augenblicksversagen. Für den 85-Jährigen geht es um die Frage, ob er je wieder Auto fahren darf.

    Unbestritten ist, dass zum Unfallzeitpunkt ein Traktor mit Anhänger auf der Staatsstraße 2015 von Schlingen in Richtung Pforzen fuhr. Ihm folgten ein Auto sowie der Wagen des Angeklagten. Der heute 85-Jährige setzte an diesem Tag im September 2020 zum Überholen an, zum gleichen Zeitpunkt wollte der Bei dem Zusammenstoß wurden drei Menschen verletzt, die Ehefrau des 85-Jährigen am schwersten. Vor Gericht geht es auch um das Wort „rücksichtslos“, das im Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Memmingen stand. Deswegen legte der 85-Jährige Widerspruch ein. Der Strafbefehl hätte bedeutet, dass der Mann seinen Führerschein verloren und wohl nie mehr bekommen hätte.

    Der Wagen des 85-Jährigen schleuderte nach dem Zusammenstoß in einen Feldweg bei Schlingen

    Der Wagen des 85-Jährigen wurde nach dem Zusammenstoß mit dem Traktor in einen Feldweg geschleudert, das Auto dabei schwer beschädigt. Die Ehefrau musste aus dem Auto befreit und mit dem Rettungshubschrauber in eine Klink geflogen werden. Auch der Angeklagte zog sich erhebliche Verletzungen zu und kam in ein Krankenhaus, ebenso der Traktorfahrer, der Stauchverletzungen davon trug.

    Der 85-Jährige habe sich der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs und der Körperverletzung schuldig gemacht, klagt die Staatsanwaltschaft an.

    Waren die Blinker des Traktors womöglich vom Heuwagen verdeckt?

    Rechtsanwalt Daniel Nißl machte klar, warum es ihm bei dem Widerspruch geht: Nämlich darum, dass sein Mandant den Führerschein behalten darf. Dabei ging es auch um die Frage, ob der Traktorfahrer vor dem Abbiegen geblinkt hatte. Der Fahrer sagte als Zeuge aus und versicherte, vor der Fahrt die Blinker überprüft zu haben. Auch nach dem Unfall seien diese noch intakt gewesen. Dass der Traktor geblinkt habe, wurde von zwei Zeugen bestätigt. Eine Zeugin nannte das Überholmanöver an dieser Stelle „verantwortungslos“. Allerdings monierte der Verteidiger, dass nicht alle Zeugen befragt worden seien. Und weiter stellte er die Frage, ob nicht die Blinker vom Heuwagen verdeckt waren und deshalb von seinem Mandanten nicht gesehen wurden.

    Weiter verwies er darauf, dass sein Mandant über Jahrzehnte unfallfrei und ohne aufzufallen gefahren sei. Dieser sagte darauf, sein Leben lang beruflich mit dem Auto unterwegs gewesen zu sein. Und zum Thema rücksichtslos meinte er, er und seine Frau hätten es an diesem Morgen alles andere als eilig gehabt. Sie wollten eigentlich nur noch zum Bäcker. Der 85-Jährige sei durch die Verletzung seiner Frau schon genug gestraft, befand der Anwalt. Ein Führerscheinentzug sei nicht sachgerecht und hätte in diesem Alter schwerwiegende Beeinträchtigungen.

    Der Traktorfahrer kennt die Stelle bei Schlingen, an der es nach seiner Aussage "ständig" scheppere

    Der Traktorfahrer gab bei seiner Befragung an, schon rund 150 Meter vor dem Feldweg geblinkt und die Geschwindigkeit reduziert zu haben. Er kenne als Einheimischer diese gefährliche Straße, an der es „ständig“ scheppere. Er sei fast schon über die Mitte der anderen Straßenseite gewesen, als es gekracht habe. An seinem Schlepper sei ein Schaden von 48.000 Euro entstanden. Mit der Versicherung des Angeklagten fechte er gerade einen Zivilprozess aus, bei dem es um 10.000 Euro gehe.

    Die Ehefrau des Angeklagten sagte trotz Verweigerungsrecht aus. Sie bestätigte, dass ihr Mann zeitlebens ein defensiver Fahrer gewesen sei. Er sei beim Überholen nicht gerast und plötzlich sei der Traktor ausgeschert. Die Frage, ob der Traktor geblinkt habe, konnte die Frau nicht beantworten.

    Auch ein Polizist trat in den Zeugenstand. Seine Aussagen brachten eine Überraschung. Der Angeklagte habe am Unfallort zunächst gesagt, der Traktor habe urplötzlich die Straße überquert. Somit habe er zu Beginn auch gegen den Traktorfahrer als Beschuldigten ermittelt. Die Blinker seien intakt gewesen, das habe er überprüft.

    Der Anwalt sah in dem Fahrfehler seines Mandanten ein Augenblicksversagen wie es im Straßenverkehr täglich vorkomme.. Er forderte, den Sachverständigen zu befragen, ob es möglich sein könne, dass sein Mandant die Leuchtzeichen nicht sehen konnte.

    Richterin Brigitte Mock entschied darauf, dass das Gutachten eingeholt wird. Weiter wird geprüft, ob weitere Zeugen gehört werden. Bis zum endgültigen Urteil entschied sie aber, dass der Führerschein des Angeklagten mit sofortiger Wirkung eingezogen wird.

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