Die Lage ist dramatisch: Eine Frau meldet der Polizei-Einsatzzentrale in Kempten, dass im Unterallgäuer Dirlewang Unbekannte in eine Wohnung eingebrochen sind. Das habe sie beobachtet. Polizei-Hauptmeisterin Veronika Röthel in der Telefonzentrale versucht, die Frau zu beruhigen. Noch während sie mit der Anruferin spricht, schickt sie per Computer Infos wie Einsatzort und Namen ihrem Kollegen an einem anderen Arbeitsplatz in der Zentrale.

Dort sitzt an diesem Spätnachmittag Polizeihauptmeister Andreas Förtsch. Er ist jetzt für die weitere Abwicklung des Einsatzes zuständig. Veronika Röthel hat derweil immer noch Kontakt mit der Anruferin. Sie sagt ihr: „Wir sind unterwegs.“

Bei Förtsch haben sich zwischenzeitlich zwei Polizeistreifen gemeldet, die in der Region unterwegs waren und jetzt zum Tatort nach Dirlewang eilen. Noch bevor sie da sind, fliehen die Täter mit einem roten Transporter-Fahrzeug in Richtung Autobahn. Förtsch dirigiert Streifen auf die A 96, um die flüchtenden Männer abzufangen.

Diese krimireifen Szenen sind nur gespielt. Im Kemptener Polizeipräsidium wird gezeigt, wie ein derartiger Einsatz abgewickelt wird. Der neue abhörsichere Digitalfunk, Telefone und mehrere Bildschirme sind das Handwerkszeug der Mitarbeiter in der Einsatzleitstelle. Satelliten-Fotos und Kartenausschnitte vom Tatort sind auf den Bildschirmen zu sehen.

Auch in der Silvesternacht gibt es keine Pause

Rund um die Uhr ist die Zentrale des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West in Kempten besetzt – an 365 Tagen im Jahr. An Heiligabend genauso wie in der Silvesternacht. Die Menschen, die hier arbeiten, müssten erfahren und teamfähig sein, sagt Polizeidirektor Ralf Molocher, „Sachgebietsleiter Einsatz“, so der offizielle Titel. Außerdem: „Die müssen brutal stressresistent sein.“ Und auch bei heiklen Einsätzen kühlen Kopf bewahren. Zehn Stunden dauert beispielsweise die Nachtschicht: von 20 Uhr bis sechs Uhr. In der Mannschaft, zu der 50 Beamte gehören, herrsche ein großer Teamgeist, sagt Molocher.

In der Kemptener Einsatzzentrale gab es 2016 rund 100000 Notrufe. Damit liegt man knapp über dem Vergleichszeitraum des Vorjahrs. Statistisch gesehen geht hier also alle fünf Minuten ein Notruf ein. Manchmal gibt es Sprachprobleme: Beispielsweise dann, wenn Touristen kein Deutsch sprechen. Oder die Telefonverbindung schlecht ist. Oder weil ein starker Dialekt gesprochen wird. Werner Strössner, Präsident des Polizeipräsidiums Schwaben, ermuntert die Bürger, sich an die Polizei zu wenden. Und er rührt regelrecht die Werbetrommel für die einheitliche Notrufnummer 110.

Manche Menschen, hätten „eine gewisse Scheu, die Polizei zu rufen“, glaubt er. Oder sie wüssten gar nicht, dass die 110 die zentrale Notruf-Nummer ist.

Wer statt der 110 die jeweilige örtliche Inspektion anruft, verschenkt unter Umständen wertvolle Zeit. Beispielsweise dann, wenn ein Bürger einen Einbruchsdiebstahl im Nachbarhaus beobachtet. Oder auch nur einen verdächtiges Auto, dessen Insassen ein Wohnhaus beobachten – möglicherweise als Vorbereitung für einen Einbruch. Die Polizei hat den Kampf gegen die zunehmende Einbruchskriminalität zu einem Schwerpunktthema gemacht. Denn die Folgen solcher Taten seien für die Betroffenen meist schwerwiegend, sagt Polizeichef Strössner. Dazu gehören nach seinen Worten oft Angst und Schlaflosigkeit bei den Opfern: „Manche Leute finden dann keine Ruhe mehr.“

Im Extremfall müssten Betroffene sogar Haus oder Wohnung verlassen, um einen Neubeginn zu starten.

So stark wiege der Eingriff in die Privatsphäre eines Menschen. Neben der Strafverfolgung setzt die Polizei vor allem auch auf Prävention. So haben die Polizeidienststellen heuer 458 Bürger beraten.

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