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Rappen: Große Kunst aus dem kleinen Örtchen Rappen

Rappen

Große Kunst aus dem kleinen Örtchen Rappen

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    Die prächtige Orgel in der Abtei Neresheim stammt aus einer Werkstatt im Unterallgäu. Johann Nepomuk Holzhay stammt aus Rappen und ließ sich später in Ottobeuren nieder.
    Die prächtige Orgel in der Abtei Neresheim stammt aus einer Werkstatt im Unterallgäu. Johann Nepomuk Holzhay stammt aus Rappen und ließ sich später in Ottobeuren nieder. Foto: Manhalter

    Wenige Häuser, und diese zumeist entlang der Hauptstraße angeordnet sind es, welche das Dorfensemble von Rappen bilden. Statt Pracht schwäbische Beschaulichkeit, keine Hektik, alles geht seinen gewohnten Gang: So ähnlich scheint es bereits im 18. Jahrhundert gewesen zu sein.

    #Dennoch schien in jener fernen Zeit ein gewisser Geist über dem Örtchen gelegen zu haben, ein Genius jener fröhlichen Verspieltheit, die zur Manifestation, zum extrovertierten Ausleben der künstlerischen Fähigkeiten auffordert. Alle verließen ihre Heimat recht früh, nicht um in die weite Welt hinaus zu ziehen, nein – ihr Schaffensraum blieb weiterhin das schwäbisch-bayerische Grenzgebiet, wenn sie auch nicht mehr dauerhaft an ihren Geburtsort zurückkehrten.

    Die Anwander-Brüder lernten das Malerhandwerk

    Johann Anwander erblickte am 7. Februar 1715 im obersten Mindeltal das Licht der Welt. Drei Jahre später folgte dessen Bruder Franz Anton. Beide erlernten das Malerhandwerk, was in der Phase des letzten großen Aufblühens kirchlicher Aufträge sicherlich nicht die schlechteste Wahl war.

    Den Älteren der Brüder verschlug es als Geselle nach Lauingen, wo er sich, um am Geschäftsleben teilzunehmen, um das dortige Bürgerrecht bemühte. Er heiratete dort die Ratstochter Maria Franziska Seser und wurde Vater von insgesamt zwölf Kindern. Fortan zählte Johann zu den bedeutendsten süddeutschen Freskanten seiner Zeit.

    Vorwiegend in der Landschaft um Dillingen an der Donau zieren heute noch seine bewegten Bilder manche Dorfkirche. Als Johann Anwanders beste Arbeit gehören wohl die Fresken des Goldenen Saals in Dillingen. Auch die heute leider nicht mehr erhaltene Bemalung des Alten Rathauses in Bamberg mit ihrer einstigen theatralischen Scheinarchitektur entstand während eines mehrjährigen Aufenthalts in der fränkischen Bischofsmetropole. Anfangs arbeitete Johann teilweise noch mit seinem Bruder Franz Anton zusammen, der in der Folge aber einen anderen künstlerischen Weg einschlug.

    Der jüngere der beiden Brüder aus Rappen konzentrierte sich auf Altäre

    Über die Tätigkeit als Fassmaler und Vergolder konzentrierte sich der Jüngere auf Altäre und deren Einfassungen (daher die Bezeichnung). Vorwiegend im Raum Landsberg tätig, wohin sich Franz Anton auch verheiratete, restaurierte er den Barbara-Altar in der dortigen Pfarrkirche Maria Himmelfahrt, wie er auch ganze Altargemälde , so in der Ulrichskapelle zu Spötting schuf.

    Die Fassung der Kanzel in der Wallfahrtskirche Maria Brünnlein bei Wemding zählte ebenso zum Werk wie die Deckengemälde der Kirche in Prittriching. Allerdings erreichten die Bilder Franz Antons nie die Qualität des älteren Bruders.

    Johann Nepomuk Holzhay war der letzte große Vertreter des schwäbischen Orgelbaus

    Umfassende technische Kenntnisse hingegen hat sich der Dritte der berühmten Rappener angeeignet. Johann Nepomuk Holzhay, geboren am 26. Februar 1741, galt als letzter großer Vertreter des schwäbischen Orgelbaus der vorrevolutionären Zeit. Unter dem Einfluss der bekanntesten Meister auf ihrem Gebiet, Gabler und Riepp, übernahm er 25-jährig die Werkstatt seines Schwiegervaters.

    Das Wirken Holzhays vollzog sich zur Zeit des Umbruchs vom Rokoko zum Klassizismus, was nicht nur an der Optik des Prospekts, sondern auch an der Klanggebung deutlich wird. Zahlreiche Klosterkirchen erfuhren in jenen späten Jahren des 18. Jahrhunderts einen Um- und Neubau ihrer Königinnen der Instrumente.

    Aus Rot an der Rot über Roggenburg bis Neresheim gingen Aufträge im Hause Holzhay ein. Natürlich auch aus Ottobeuren selber, wo sich der Meister dauerhaft niedergelassen hatte. Leider sind heute nicht mehr viele der Holzhay-Orgeln im Originalzustand erhalten: Auch änderten sich erneut der Stil, die Vorlieben, die Bedürfnisse.

    Dennoch genießt der Name Holzhay, so wie jene der anderen berühmten Rappener, Johann und Franz-Anton Anwander in der Kunstgeschichte des späten Rokoko einen hervorragenden Ruf – auch wenn der Durchreisende das dem kleinen Dörfchen nicht anzusehen vermag.

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