Eine Rehgeiß, die noch tagelang nach ihrem Kitz sucht, das von einem Mähwerk getötet wurde - leider traurige Realität, wenn im Frühjahr die ersten Wiesen gemäht werden. Eine verlässliche Zahl, wie viel Kitze pro Jahr den Mähwerken zum Opfer fallen gibt es nicht, da die Dunkelziffer viel zu hoch ist. Nach Schätzungen der Deutschen Wildtierstiftung dürfte die Zahl im fünfstelligen Bereich liegen. Theoretisch muss jedes vermähte Kitz gemeldet werden, doch bei der hohen Erntegeschwindigkeit - teilweise mit bis zu drei Mähwerken - bemerkt der Landwirt gar nicht, wenn ein Kitz von seinem Mähwerk getötet wird.
Üblicherweise werden zum Schutz der Rehe am Abend vor der Mahd Wildscheuchen aufgestellt und zusätzlich noch die Wiesen zu Fuß durchstreift. Um die Kitze, die gut versteckt und geduckt im hohen Gras liegen auch zu finden, gehören entsprechende Erfahrung und möglichst viele Helfer dazu. Letzteres ist oft schwierig umzusetzen, da die Mäharbeiten sich nach der aktuellen Wetterlage richten und meist sehr kurzfristig erfolgen und die Flächen immer größer werden.
Drohnen mit Infrarotkameras helfen, die Rehkitze aufzuspüren
Seit einigen Jahren wird zusätzlich noch auf modernste Technik gesetzt - Drohnen mit Infrarotkameras, die äußerst effektiv bei der Suche helfen können. Siegfried Leinsle, Jagdpächter aus Rammingen, der gemeinsam mit Bruder Roland und Sohn Andreas die Reviere Ober- und Unterrammingen bejagt, hatte die Idee, für die Reviere eine solche Drohne anzuschaffen - keine ganz billige Investition; insgesamt 4000 Euro standen im Raum.
Leinsle ging auf die zwei Jagdgenossenschaften zu und bat um einen Zuschuss, der zu je 1000 Euro auch gewährt wurde. Die restlichen 2000 Euro finanzierte Familie Leinsle. Erwin Mörz, Jagdvorstand Oberrrammingen und Alfred Waltenberger, Jagdvorstand Unterrammingen sind beide überzeugt, dass sich diese Investition auch gelohnt hat. Jagdgenossen sind alle Grundstückseigentümer einer Jagd.
„Kein Landwirt hat Interesse daran, ein Kitz zu vermähen. Im Gegenteil, wir sind auch in der Pflicht, dies mit geeigneten Mitteln zu vermeiden. Wir laufen die Wiesen teilweise selber ab und beobachten, wo eine Geiß steht“, erklärt Waltenberger. Er berichtet von einer Geiß, die „absolut nicht aus der Wiese gehen wollte, ich habe dann das entsprechende Stück Wiese einfach stehen gelassen, da mir klar war, dass hier ein Kitz liegt.“
Bis jetzt wurden zwölf Rehkitze gefunden - und damit gerettet
In diesem Jahr war die Drohne nun erstmalig im Einsatz und bis jetzt konnten zwölf Kitze gefunden und damit gerettet werden. Für den Jäger heißt es dann früh aufstehen, denn damit die Wärmebildkamera gut funktioniert, muss die Temperaturdifferenz zwischen Kitz und Boden möglichst hoch sein.
Bevor es jedoch hinaus geht, wird die Drohne mit den Karten der zu überfliegenden Wiesen gespeichert, die Drohne fliegt dann selbstständig das Gebiet ab.
Bei der Demonstration für die Mindelheimer Zeitung startet Siegfried Leinsle die Drohne, Andreas Leinsle überwacht den Monitor. Alle Wärmequellen erscheinen als deutliche weiße Flecken auf dem Monitor. Die erfahrenen Jäger können genau zwischen Mäusen, anderen Kleintieren und Rehkitzen unterscheiden.
Sobald eine Wärmequelle ausgemacht wird, wird die Drohne gestoppt und die Position auf einen Handsender übertragen, mit dem der Jäger dann punktgenau das Rehkitz findet. „Bei fünf Einsätzen finden wir im Durchschnitt dreimal ein Kitz“, so Siegfried Leinsle.
Für den Drohnenflug braucht es einen "Drohnenführerschein"
Um die Drohne fliegen zu dürfen braucht es einen speziellen Sachkundenachweis, besser als „Drohnenführerschein“ bekannt. Die Drohne überfliegt die Wiesen in etwa 40 Meter Höhe und deckt bei jedem Überflug etwa siebzehn bis zwanzig Meter ab und das in erstaunlich kurzer Zeit. Nimmt man dann noch die Effektivität dazu, kann dieser Erfolg mit den bisher üblichen Mitteln nicht erzielt werden. Die Ramminger Jagdpächter haben zusammen mit den Jagdgenossen ein nachahmenswertes und im Unterallgäu derzeit wohl einmaliges Projekt gestemmt, das hoffentlich viele Nachahmer findet.
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