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Podiumsdiskussion in Mindelheim: Die Ziele sind klar, die Wege dorthin weniger

Podiumsdiskussion in Mindelheim

Die Ziele sind klar, die Wege dorthin weniger

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    Alle vier Kandidaten wollen sich für eine bäuerliche Landwirtschaft einsetzen und Agrarfabriken verhindern – unter anderem indem mit Fördermitteln der EU nur noch kleinere Betriebe unterstützt werden.
    Alle vier Kandidaten wollen sich für eine bäuerliche Landwirtschaft einsetzen und Agrarfabriken verhindern – unter anderem indem mit Fördermitteln der EU nur noch kleinere Betriebe unterstützt werden.

    Stephan Stracke hat am Ende dieses Abends keinen leichten Stand: Erst konfrontiert ihn eine Zuhörerin mit seinem Abstimmungsverhalten – das ganz offensichtlich so gar nicht in ihrem Sinne ist. Und dann muss er sich von einem entschiedenen Gegner der Skischaukel am Riedberger Horn als „Feigling“ beschimpfen lassen, weil er partout nicht sagt, wie er persönlich zu dem umstrittenen Projekt steht. Stattdessen verweist er darauf, dass die Entscheidung Sache des Landes und nicht des Bundes sei.

    Die vorangegangene Podiumsdiskussion war weit weniger emotional verlaufen – wohl auch, weil die Kandidaten in vielen Punkten gar nicht so weit auseinanderlagen. Neben dem CSU-Abgeordneten waren Günter Räder (Grüne), Susanne Ferschl (Linke) und Pascal Lechler (SPD) aus dem Wahlkreis Ostallgäu der Einladung der Bund-Naturschutz-Kreisgruppe Unterallgäu-Memmingen gefolgt, zu Fragen rund um Natur- und Umweltschutz Position zu beziehen. Der Vorsitzende der Kreisgruppe, Helmut Scharpf, hatte dafür Impulse und jeweils ein informatives Quiz sowie Fragen für sechs Themengebiete vorbereitet.

    Erster Komplex ist die Elektromobilität. Darin geht es unter anderem um Elektroautos, die Ladeinfrastruktur und auch um die aktuelle Dieseldiskussion. Abschaffen will den Diesel keiner der vier Kandidaten. Sie sind sich jedoch einig, dass die Industrie Alternativen entwickeln muss. Räder und Lechler sprechen sich außerdem für ein einheitliches Ladesystem für Elektroautos aus. Ferschl und Stracke warnen dagegen davor, nur auf E-Mobilität zu setzen. „So klimaneutral ist die auch nicht“, so Stracke. Ferschl will außerdem den Güterverkehr auf die Schiene zurückbringen und plädiert für Tempolimits auf Autobahnen. Stracke dagegen hält nichts von „Verbotsideen“.

    Weiter geht es mit dem Flächenverbrauch: Derzeit würden in Deutschland täglich 66 Hektar Land versiegelt, bis 2030 solle diese Zahl laut Scharpf auf 30 Hektar sinken. „Wie soll dieses Ziel erreicht werden?“, will er von den Kandidaten wissen. Alle vier wollen auf Verdichtung in den Ortskernen setzen und diese so auch lebendig halten. Räder gibt jedoch zu bedenken, dass dies bei Gewerbeansiedlungen schwierig sei und nennt interkommunale Gewerbegebiete als Lösung sowie eine Bauleitplanung, die beispielsweise zweistöckiges Bauen und Parkhäuser statt riesiger Parkplätze vorsieht. Letztere findet Stracke nicht nur negativ. Sie zeigten, dass es der Wirtschaft und damit auch den Bürgern gutgehe. Er ist überzeugt, dass es auch in diesem Bereich Anreize sinnvoller seien als Verbote.

    Beim Thema Verkehr grenzt sich der Bundestagsabgeordnete ebenfalls von den übrigen Kandidaten ab. Auf die Frage „Brauchen wir eine Reduzierung des Straßenverkehrs oder mehr Straßen?“, antwortete er: „Mehr Straßen, weil die Mobilität zunimmt.“ Ferschl und Räder kritisieren dagegen den Verkehrswegeplan, der laut Räder den Straßenbau überbewerte. Dieses Geld fehle für den Ausbau der Schieneninfrastruktur. „Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten“, zitiert Ferschl, sagt aber auch, dass es zu differenzieren gelte: Ortsumfahrungen könnten durchaus sinnvoll sein. Wie Räder fordert sie einen besseren und günstigeren öffentlichen Nahverkehr. Lechler schließlich sieht den Lieferverkehr der Zukunft ebenfalls auf Schienen und Flüssen, plädiert aber auch dafür, vorhandene Straßen zu ertüchtigen und diese nicht zu privatisieren – was auch Ferschl verhindern will.

    Energie soll sicher und bezahlbar sein

    Im nächsten Themenblock präsentiert Scharpf in seinem Quiz Zahlen zum Müll: 39 Kilogramm Plastikverpackungen habe jeder Deutsche im vergangenen Jahr weggeworfen, doch nur 15 Prozent aller Wertstoffe würden recycelt. Ändere der Mensch nichts an seinen Gewohnheiten, gebe es 2050 in den Meeren mehr Plastik als Fisch. „Sind die genannten Zahlen nicht eine Bankrotterklärung jeglicher Müllvermeidungsbemühungen?“, fragt er. Eine direkte Antwort darauf bleiben die Kandidaten schuldig. Ferschl will die Industrie verpflichten, ressourcen- und umweltschonend zu produzieren und auch Lechler könnte sich gesetzliche Regelungen vorstellen, um Verpackungen zu reduzieren. Um lange Transportwege zu vermeiden, gelte es außerdem, die Regionalvermarktung weiter voranzubringen. Auch Räder glaubt, dass viele Verpackungen überflüssig sind, bezweifelt aber, dass die Konsumenten ihr Kaufverhalten ändern. Die sieht Stracke in der Pflicht, wenn er sagt: „Die Macht des Verbrauchers ist groß.“

    Im Bereich „Landwirtschaft“ sprechen sich die Kandidaten dafür aus, die Konzentration von Agrarfabriken zu verhindern sowie die EU-Fördermittel auf Familienbetriebe zu beschränken und auch beim Thema „Energiewende“ gibt es Übereinstimmungen: Räder, Ferschl und Lechler wollen bei der Energieversorgung komplett auf erneuerbare Energien bauen und aus der Atomenergie aussteigen. „Energie muss sicher und bezahlbar sein“, so Lechler. Dem stimmt auch Stracke zu. Allerdings müsse wirtschaftlicher gedacht werden. „Die Stromsteuer darf nicht sakrosankt sein.“

    Für die eigentlich geplante Diskussion mit den Zuhörern fehlt am Ende die Zeit. Ein Zuhörer wendet sich jedoch noch mit zwei Forderungen an Stracke, weil er dessen Wiederwahl für sehr wahrscheinlich hält: „Schaffen Sie die Steuer auf den Eigenverbrauch ab, das bremst die Photovoltaik aus. Und würgen Sie die E-Mobilität nicht ab, sonst überholen uns alle - auch wirtschaftlich.“

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