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Oberschönegg: In diesem Garten gießt nur der Regen

Oberschönegg

In diesem Garten gießt nur der Regen

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    Obwohl oder vielleicht gerade weil Anja Bohnet  ihren Garten nicht gießt,  hat er sich zu einem richtigen Paradies für heimische Pflanzen und Tiere entwickelt.
    Obwohl oder vielleicht gerade weil Anja Bohnet ihren Garten nicht gießt, hat er sich zu einem richtigen Paradies für heimische Pflanzen und Tiere entwickelt. Foto: Melanie Lippl

    Wenn Anja Bohnet über ihren Garten spricht, dann können ihr die Leute immer gar nicht glauben – und das, obwohl die 40-Jährige aus Oberschönegg nicht den Eindruck macht, zu lügen. Aber kann es wirklich sein, dass sie ihren Garten niemals gießt? Und dass er trotzdem in den schönsten Farben blüht und jedem englischen Cottage-Garden Konkurrenz machen könnte?

    „Ich gieße wirklich nicht“, betont Anja Bohnet. Nur dem Obst und Gemüse gebe sie Regenwasser und den frisch gesetzten Pflanzen ein wenig Starthilfe: Sie werden vor einer Regenperiode gepflanzt oder kräftig eingegossen. Aber schon danach bekommen sie erst mal drei Tage lang nichts, „dass sie gut wurzeln“, erklärt die Hobbygärtnerin. Blumen verwöhnen? Nicht mir ihr. Nur die Harten dürfen im Garten bleiben – und das tun sie offenbar auch. An jeder Ecke blüht es, und das rund ums Jahr: Frühblüher, Beinwell, Akelei, Blaukissen, Steinkraut, Günsel, Rittersporn, Wildrosen, Kletterrosen, Kartäusernelken, Wollziest, Frauenmantel, Wasserdost, Beerensträucher und Lavendel fühlen sich hier besonders wohl. Ganz oben hangelt sich eine Wildrose über mehrere Meter am Zwetschgenbaum hoch. Katzenminze oder Mohn halten sich nicht auf Dauer – wegen des lehmigen Bodens, vermutet Anja Bohnet. Sie sieht das Ganze pragmatisch: „Wenn was eingeht, ist es eben so.“ Was bleibt, wird geteilt und in die Lücken gepflanzt.

    Anja Bohnet aus Oberschönegg mag eigentlich alle Pflanzen

    In Nisthilfen – etwa den senkrecht an den Zaun gebundenen Brombeer-Stängeln – fühlen sich einige Wildbienenarten und ihre Parasiten wohl. Durch die ganzjährige Fütterung kommen neben den klassischen Vogelarten inzwischen auch Buntspechte oder Eichelhäher in ihren Garten. Eine Trockenmauer bietet Lebensraum für zahlreiche Insekten. Es gibt mehrere Wasserstellen mit den entsprechenden Ausstiegshilfen wie Äste, Steine oder Stege, damit Insekten, Igel und Vögel auch wieder aus dem Nass herauskommen. Statt für einen arbeitsintensiven Teich haben sich Anja Bohnet und ihr Mann für einen Quellstein entschieden, der bei Bedarf neben der Terrasse vor sich hin plätschert und die Vögel zum Trinken und Baden einlädt.

    Akelei, Lavendel, Storchschnabel und Rosen sind die liebsten Blumen von Anja Bohnet – „aber ich mag eigentlich alle Pflanzen“ sagt sie und lacht leise. Inspiration holt sich die Hobbygärtnerin direkt in der Staudengärtnerei, in Büchern oder im Internet. „Ein Mischmasch aus Ziergarten und was für Insekten“ seien die rund 200 Quadratmeter Hanggarten ums Haus, sagt die 40-Jährige.

    2010 sind sie hier eingezogen, ins Elternhaus ihres Mannes, im Jahr darauf begann Anja Bohnet mit der Umgestaltung des Gartens. Schnell stand für sie fest: Die große abschüssige Rasenfläche muss weg. „Ich hatte keine Lust auf Rasenmähen und außerdem bin ich eine Blumentante“, sagt die 40-Jährige und lacht. Auch ihre Schwiegereltern, sind von der Umgestaltung begeistert. „Mein Schwiegervater geht jeden Morgen durch den Garten und schaut, was gerade blüht“, sagt Anja Bohnet.

    Die Gartenliebhaberin achtet auf Pflanzen, die heimischen Tieren nutzen

    Anfangs hatte die Liebhaberin englischer Gärten auch viel gepflanzt, das nicht nützlich war, gibt sie zu – doch im Lauf der Jahre hat sie immer mehr darauf geachtet, Pflanzen einzusetzen, die der heimischen Tierwelt einen Nutzen bringen. Das meiste hier haben sie und ihr Mann selbstgemacht – unter anderem auch die 300 bis 400 Pflanzsteine, die sie nach oben getragen und an den Hang gesetzt haben.

    Jetzt hat sie kaum noch Arbeit mit ihrem Garten – „und das, was ich machen muss, ist ja mein Hobby“, sagt sie und lächelt. Ab und zu einen Löwenzahn jäten, das war es schon in der Haupt-Gartensaison. Bis auf die Rosen und den Lavendel wird bei ihr alles erst im Frühjahr geschnitten und kommt dann als Mulch auf die Beete. „Dann schaut es hier aus wie Kraut und Rüben“, sagt die 40-Jährige. Doch sie glaubt, dass die Mulchschicht auch dazu beiträgt, dass sie nicht gießen muss. Daneben sorge auch die dichte Bepflanzung dafür, dass der Boden nicht austrocknet.

    Sie arbeitet für ihren Pflegedienst regelmäßig in der Schweiz und kennt dort einen Mann, der im Sommer drei Stunden damit beschäftigt ist, seinen 1000 Quadratmeter großen Garten zu gießen. Wenn der seine Pflanzen drei Tage nicht gieße, dann seien sie schon am Verwelken, sagt Anja Bohnet – einfach, weil sie die regelmäßigen Wassergaben so gewöhnt sind und keine entsprechenden Wurzeln ausgebildet hätten. In ihrem Garten ist das ganz anders – und nicht nur dort: „In der Natur wachsen ja auch so viele Sachen. Die gießt auch niemand“, sagt Anja Bohnet.

    Mehr über die Naturschutzaktion und den Wettbewerb „Jeder Quadratmeter zählt“ finden Sie unter www.jederm2zaehlt.de sowie hier:

    Ein neuer Blick auf den altbekannten Garten in Heimenegg

    Naturschutz am Friedhof: Ein Grab, auf dem viel Leben herrscht

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