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Nahversorgung in Mindelheim: Für ihn geht es nicht nur um die Wurst

Nahversorgung in Mindelheim

Für ihn geht es nicht nur um die Wurst

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    Dass er einmal Landwirt werden könnte, hätte sich Konrad Specht bis vor vier Jahren nicht vorstellen können. Doch nach einem Herzinfarkt hat sich vieles verändert in seinem Leben. Nun hält er auf den Wiesen des ehemaligen landwirtschaftlichen Betriebes seiner Eltern Galloway-Rinder und vermarktet Fleisch und Wurst.
    Dass er einmal Landwirt werden könnte, hätte sich Konrad Specht bis vor vier Jahren nicht vorstellen können. Doch nach einem Herzinfarkt hat sich vieles verändert in seinem Leben. Nun hält er auf den Wiesen des ehemaligen landwirtschaftlichen Betriebes seiner Eltern Galloway-Rinder und vermarktet Fleisch und Wurst. Foto: Sandra Baumberger

    Natürlich ist man nicht froh über einen Herzinfarkt, da ist Konrad Specht keine Ausnahme. Aber mittlerweile sieht er ihn „ganz positiv“. Denn seit dem Infarkt vor vier Jahren hat sich viel verändert in seinem Leben. „Nach einem Herzinfarkt gibt’s zwei Möglichkeiten: Entweder man macht sich Gedanken und ändert was in seinem Leben – oder man wartet auf den zweiten“, findet der 50-Jährige.

    Er hat sich für Ersteres entschieden und sich viele Gedanken gemacht: Darüber, dass der Infarkt wohl nicht ganz unverschuldet war, deshalb auch über gesunde Ernährung und damit irgendwann auch über den elterlichen Hof in Kammlach, der seit 25 Jahren nicht mehr bewirtschaftet wurde.

    Bei seinen Recherchen war Konrad Specht nämlich darauf gestoßen, dass das Fleisch von Galloway Rindern als besonders gesund gilt. Es zeichnet sich durch seinen hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren aus. Weil die Tiere nur Gras und Heu zu fressen bekommen, aber kein Kraftfutter, wächst es langsamer als das von Hochleistungsrindern und ist dadurch laut Specht besonders feinfasrig, zart und geschmacksintensiv.

    Nach viel „hin und her“ hat er sich für die Landwirtschaft entschieden

    Was lag also näher, als diese Rinder selbst zu züchten? Der Hof und die bis dahin verpachteten Flächen waren schließlich immer noch da. Und nun grast „nach viel hin und her“ und der Verpachtung seines Metallbaubetriebs eine Herde Galloway Rinder am Ortsrand von Oberkammlach.

    Sind sie alt genug, fährt Specht sie zum Metzger nach Unterauerbach oder nach Greimeltshofen. Anschließend hängt das Fleisch in seinem eigenen Kühlanhänger drei Wochen ab, ehe es zerlegt und an einen kleinen Kundenkreis direkt verkauft wird. Einen Teil des Fleisches lässt er außerdem zu Wurst verarbeiten: Zur prämierten Bio-Salami, zu Pfefferbeißern, Kaminwurzen und neuerdings auch zu Leberkäse, Wienern, Schinken- und Streichwurst. Anders als die Rohwürste kommen sie ohne Schweinefett aus, mit dem der menschliche Körper laut Specht wenig anfangen kann. „Ich würde damit ja das Gute verschlechtern“, ist seine Überzeugung. Stattdessen stecken in seinen Würsten geschmacksneutrales Bio-Rapsöl und Gemüse. „Wer das nicht weiß, schmeckt es auch nicht“, glaubt er. „Die Wurst schmeckt mindestens genauso gut wie herkömmlich, wenn nicht besser. Das ist eine Kopfsache, sonst gar nichts.“

    Wurst und Fleisch sollen in Mindelheim erhältlich sein

    Denn natürlich gibt es Kunden, für die Wurst und Gemüse höchstens in Form von Paprikalyoner zusammengehen und auch bei den Metzgern musste Specht erst Überzeugungsarbeit leisten. Bei der Herstellung müssen sie außerdem auf industrielle Zusätze verzichten. „Ob die schädlich sind, sei mal dahingestellt. Aber wenn’s erst gar nicht drin ist, stellt sich diese Frage nicht“, findet er. Statt Nitritpökelsalz verwendet er Meer- oder Steinsalz sowie pflanzliches Nitrit aus Gemüsesaft. Es sorgt dafür, dass die Wurst ihre rosige Farbe behält und nicht grau wirkt.

    Momentan gibt es Fleisch und Wurst nur im Hausverkauf, langfristig soll beides aber in Mindelheim erhältlich sein. Bei der Leerstandsoffensive des MN-Werbekreises vor zwei Jahren hatte er sich zusammen mit drei weiteren Kandidaten um einen Laden beworben, die Mindelheimer hatten sich in dem Wettbewerb dann aber wie berichtet für die „Natur-Kost-Bar“ entschieden. Inzwischen hat Specht eine neue Idee: Er liebäugelt damit, an der Allgäuer Straße Automaten aufzustellen, in denen nicht nur seine Wurst, sondern auch viele andere regionale Produkte rund um die Uhr verfügbar sein könnten. „Wir haben supergute, regionale Produkte. Viele Verbraucher wissen’s nur nicht“, sagt er. Und weil niemandem ernsthaft zuzumuten sei, für einen Einkauf bis zu sechs verschiedene Hofläden anzusteuern, würde er das Angebot in seinen

    Daneben könnte er sich einen Online-Shop vorstellen für das Getreide, das er jetzt im Herbst aussät: Einkorn und Rotkornweizen, zwei Urgetreidesorten, die es dort als Vollkornmehl oder in Form von Nudeln geben könnte. „Wenn ich so was mach, mach ich’s kompromisslos“, sagt Konrad Specht, für den der Neuanfang in der Landwirtschaft mehr ist als ein Berufswechsel. Er selbst spricht von einem „naturidentischen Projekt“, das auch beinhaltet, dass er die Wiesen so wie früher nur dreimal mäht, damit die Blumen aussamen können und Insekten Nahrung finden. „Bewussteres Essen, bewussteres Leben verbessert die Lebensqualität“, hat er festgestellt und ergänzt: „Jeder ist selber dafür verantwortlich, was er sich oben reinschiebt.“ Er jedenfalls esse inzwischen lieber weniger Fleisch und Wurst. „Aber dafür was Gscheids.“

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