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Mindelheim: Wie Fridays for Future Mindelheim erobert hat

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Wie Fridays for Future Mindelheim erobert hat

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    „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“: Rund 400 Menschen aus Mindelheim und Umgebung haben an der großen Fridays for Future-Demonstration in der Frundsbergstadt teilgenommen.
    „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“: Rund 400 Menschen aus Mindelheim und Umgebung haben an der großen Fridays for Future-Demonstration in der Frundsbergstadt teilgenommen.

    Es dauert nicht lange, dann springt der Funke über. Elena Neff räuspert sich kurz und spricht dann mit klarer Stimme ins Mikrofon: „Bald haben wir keine Welt mehr, die es zu retten gibt. Lasst uns aufstehen!“ Die Menge auf dem Marienplatz jubelt. Die zweite Fridays for Future-Demonstration in der Geschichte Mindelheims hat begonnen.

    Eigentlich besucht Elena Neff die neunte Klasse der Maria-Ward-Realschule, nun steht sie vor dem Marienbrunnen vor Hunderten, die für mehr Klimaschutz protestieren wollen. Noch vor Beginn der groß angekündigten Veranstaltung wird deutlich: Aus einer Jugend- ist auch in Mindelheim eine Gesellschaftsbewegung geworden. „Wir Eltern stehen hinter Euch Kids“ steht auf dem Plakat, das eine Frau trägt – eine von vielen, die schon länger nicht mehr auf der Schulbank sitzen und nun, am Anfang der Demonstration, mehreren Wortbeiträgen lauschen.

    Diese appellieren an die Teilnehmer und den Rest der Welt, umweltbewusster zu leben. Johann Lochbronner, Biobauer aus Derndorf, hatte gar ein Lied vorbereitet: „Das ist nicht meine Welt und auch nicht deine, sondern nur unsere, oder bald keine.“ Viele singen mit, alle jubeln zum Schluss.

    400 Teilnehmer ziehen bei Fridays for Future durch Mindelheim

    Kurz darauf wird bekannt, dass sich die Bundesregierung in Berlin auf ein Klimapaket geeinigt hat. Frederik Schüttler vom Mindelheimer Bund Naturschutz zitiert aus der SMS eines Bekannten: „Erste Analyse: sehr enttäuschend.“ Nach ersten Buhrufen skandieren viele auf dem Marienplatz: „Dranbleiben! Dranbleiben!“

    Dann macht sich der rund 400 Teilnehmer starke Tross auf seinen Weg durch Mindelheim. Ziel ist, wie bei der ersten Fridays for Future-Demo, das Landratsamt Unterallgäu. Der Demonstrationszug dorthin beginnt in der Korn- und führt über die Teck-, Ramminger, Gabelsberger-, Peter-Dörfler- und Hallstattstraße. Für Sicherheit und Begleitung sorgen vier Polizeibeamte, die das bunte Treiben gelassen verfolgen.

    Mittendrin sind Martha Eberle und Luca Milhard. Die beiden 15-jährigen Schülerinnen besuchen das Maristenkolleg und waren schon mehrfach auf „FFF“- Demos, auch in Augsburg. „Es ist gut, dass es jetzt auch Veranstaltungen in den ländlicheren Regionen gibt“, sagt Martha. „Auch hier bei uns in Mindelheim müssen wir für mehr Aufmerksamkeit sorgen. Die Zeit wird knapp.“ Ihre Freundin Luca stimmt zu: „Wenn wir alle dem Klima nicht helfen, gibt es bald keine Schule mehr, in die Kinder gehen müssen.“

    Eine Nachricht, die der Demonstrationszug in Form verschiedener Parolen deutlich macht: „Kohlestopp, Hopp, Hopp, Hopp“ und „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“, sind nur zwei davon. Und als die Demo an drei jungen Erwachsenen vorbeiläuft, die es sich in einem Garten mit einem Kasten Bier gemütlich gemacht haben, schallt es: „Bürger lasst das Glotzen sein, reiht Euch in die Demo ein!“

    Auch Johann Lochbronner, der singende Bio-Bauer, hat sich inzwischen unter die laufende, laute Menge gemischt. „Es begeistert mich, wenn die Jungen und die Alten mit den gleichen Gedanken auf die Straße gehen.“ Sein Lied sei eine spontane Idee gewesen. Dass viele mitgesungen haben, freue ihn natürlich. „So muss es weitergehen.“

    Fridays for Future endet vor dem Unterallgäuer Landratsamt in Mindelheim

    Dann hat der Zug sein Ziel erreicht. Bis sich alle Teilnehmer auf dem überdachten Platz vor dem Landratsamt versammelt haben, dauert es einige Minuten. Dort stehen schon Maria Bachmaier und Sandra ten Bulte mit Mikrofon parat. Sie verträten Landrat Hans-Joachim Weirather, sagt Bachmaier, Abteilungsleiterin der Zentralabteilung im Landratsamt. „Und Euer Anliegen ist angekommen. Es ist toll, dass Ihr Euch einsetzt.“

    Ihre Kollegin, Klimamanagerin ten Bulte, verweist auf Projekte, die der Landkreis fördere. Als Beispiel nennt sie die Fair-Plant-Gruppe des Maristenkollegs. Der Zusammenschluss mehrerer Schüler setzt sich für mehr Nachhaltigkeit im Unterallgäu ein. Man hört am zwischenzeitlichen Jubel: Einige von ihnen sind gekommen, wie auch ihre Mitschüler vom Maristenkolleg. Abschließend richtet der Grüne Landtagsabgeordnete Daniel Pflügl ein paar Worte an die Menge („Lasst uns zeigen, dass Klimaschutz nicht scheißegal ist!“). All das ist ein Zeichen dafür, dass die Bewegung inzwischen ernst genommen wird: Bei der ersten Fridays for Future-Demo Ende Juni waren die Rufe der damals rund 80 Teilnehmer noch auf kollektives Schweigen von offizieller Seite gestoßen.

    Dann, knapp eineinhalb Stunden nach dem Start, ist der offizielle Teil vorbei. Elena Neff, die den Demonstrationszug seit Anfang der Sommerferien zusammen mit einer Lehrerin und ihren Mitschülerinnen Maxima Rogg und Denise Schönhofer organisiert hat, ist sichtlich zufrieden. „Das ist die pure Freude, ich bin einfach nur stolz. Die Anstrengungen haben sich gelohnt.“

    Einige Demo-Teilnehmer ziehen anschließend noch weiter ins sogenannte Klima-Camp, das in der Kulturfabrik stattfindet. Dort kommen die Leute zu den Tönen von Live-Musiker Adi Hauke noch einmal ins Gespräch, über die Demo, das Klima, und überhaupt. Dann, am Abend, trudelt die Veranstaltung gemütlich aus. Was bleibt, ist die Gewissheit: Fridays for Future ist endgültig in Mindelheim angekommen.

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