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Mindelheim: Weiter Ärger mit Saatkrähen in Mindelheim

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Weiter Ärger mit Saatkrähen in Mindelheim

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    Die Saatkrähenkolonie im Mindelheimer Bergwald gibt es schon seit vielen Jahren. Ebenso lange ist sie so manchem Anwohner auch schon ein Dorn im Auge.
    Die Saatkrähenkolonie im Mindelheimer Bergwald gibt es schon seit vielen Jahren. Ebenso lange ist sie so manchem Anwohner auch schon ein Dorn im Auge. Foto: Stoll

    Die Kreisstadt ist als Wohnort beliebt bei Mensch und Tier. Aber nicht immer sind sich beide wohlgesonnen. Eine Tierart sorgt dabei für besonders viel Zündstoff. Es sind die Krähenkolonien, die sich zunächst vor allem am Tiergarten unweit des Freibades zusammengefunden haben. Längst aber haben die Vögel auch andere Stellen in der Kreisstadt für sich erobert.

    Wer in der Nähe der Nistplätze wohnt, bekommt jetzt im Frühjahr eine ununterbrochene Folge von Gekreische und Gekrächze auf die Ohren. Als weiteres Ärgernis kommen die Hinterlassenschaften hinzu, die vom Himmel fallen. Besonders betroffen ist das Gebiet um das Freibad, wo die meisten Krähen leben. Aber auch am Landratsamt sind die Krähen im Vormarsch.

    Mindelheim gilt schon lange als "Hauptstadt der Krähen"

    Mehrere hundert dieser streng geschützten Saatkrähen leben allein zwischen Bahnlinie und Mindelburg im Tiergarten und am Eichet, etwa 900 Brutpaare sollen es im gesamten Stadtgebiet sein. Mindelheim gilt schon lange als „Hauptstadt der Krähen“ – sehr zum Verdruss mancher Anwohner.

    Der Leiter des Ordnungsamtes, Ralf Müller, weiß, warum Mindelheim bei den Krähen so beliebt ist. Das habe mit dem Nistverhalten der Tiere und der Höhenlage der Stadt zu tun. „Die Vögel bevorzugen ein bestimmtes Höhenband“, erläuterte Müller schon vor ein paar Jahren. Damit ist die Höhe gemeint, auf der ein Ort liegt – bei Mindelheim sind das etwa 600 Meter über dem Meeresspiegel.

    Dieses Höhenband zieht sich Müller zufolge vom Bodensee über Memmingen und Mindelheim bis Augsburg. Entlang dieser Strecke gebe es mehrere Kolonien der Tiere, die vom Aussterben bedroht sind. Mindelheimer, die in der Nähe der Brutplätze leben, mögen das kaum glauben, so lebhaft wie es dort zugeht.

    Sogar Rezepte, wie man die Krähen schmackhaft zubereiten kann, kursierten schon in Mindelheim

    Der Konflikt zwischen Mensch und Krähe ist in Mindelheim ein alter. Vor fast 70 Jahren ist eine Großjagd auf Krähen im Landkreis veranstaltet worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg kursierten sogar Rezepte in der Region, wie man eine Krähe schmackhaft zubereitet.

    In den 90er Jahren hatte die Stadt in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr versucht, die Population mit Wasser einzudämmen. Die Nester waren mit mächtigem Wasserstrahl heruntergespritzt worden. Diese Methode freilich kam bei Tierschützern gar nicht gut an. Es gab einen wochenlangen Aufschrei.

    Vor neun Jahren hat die Stadt einen erneuten Anlauf unternommen, die Zahl der Vögel zu reduzieren. Weil die Brutpaare sich innerhalb eines Jahres um 130 auf 950 vermehrt hatten, wurden mithilfe einer Hubarbeitsbühne Nester von den Bäumen entfernt. Das war noch vor der Brutsaison im Februar 2012 geschehen.

    Der Mindelheimer Ordnungsamtsleiter bezweifelt, ob die Krähen noch auf die Rote Liste der bedrohten Arten gehören

    Die Sache mit den Krähen ist für Ralf Müller eine „sehr umstrittene Geschichte“. Zum einen wisse er, dass sich viele Mindelheimer – gerade zur Brutzeit im Frühjahr – von Lärm und Dreck gestört fühlen. Andererseits ist er der Meinung, „dass jeder seinen Platz haben sollte“. Aber ob die Vögel tatsächlich noch auf die Rote Liste der bedrohten Arten gehören – das sei eine andere Frage.

    Später im Verlauf des Jahres 2012 hat die Stadt auf eine Methode zurückgegriffen, die schon andere Städte probiert hatten. Um die Krähen vom Stadtkern fernzuhalten, hatte die Stadt Greifvögel eingesetzt: Drei Falken und ein Bussard sollten die Krähen damals vergrämen, also so sehr aufschrecken, dass sie sich erst mal zurückziehen. Gejagt werden dürfen die unter Artenschutz stehenden Tiere nicht. Rund 20.000 Euro kostete die Aktion damals.

    Der Erfolg war offenbar nur von kurzer Dauer. Manche meinen sogar, dass die Vergrämung erst dazu geführt hat, die Krähen im ganzen Stadtgebiet zu verteilen.

    Bald endet die Brutzeit der Krähen, dann kehrt in Mindelheim wieder etwas mehr Ruhe ein

    Derzeit gibt es aus Sicht der Stadt keinerlei Möglichkeit, gegen die Krähen vorzugehen. Der Grund: Die Vögel brüten und in dieser Zeit sind jegliche Aktionen gegen die geschützten Tiere streng untersagt.

    Die Kreisstadt steht aber in Kontakt mit anderen betroffenen Städten wie Buchloe, Meitingen, Augsburg, Memmingen, Lindau und Kempten, um Änderungen in Bezug auf die Rote Liste und mögliche neue Vergrämungsmöglichkeiten sofort auszutauschen.

    Da die Saatkrähe auf der sogenannten Roten Liste steht, könnte nur eine Änderung des Naturschutzrechtes Möglichkeiten bieten, während der Brutzeit Maßnahmen gegen die Kolonien einzuleiten.

    Immerhin hat Rathaussprecherin Julia Beck einen Trost für alle durch Krach und Dreck geplagten Menschen parat. Weil die Brutzeit bald endet, „ist es absehbar, dass sich das in den nächsten Wochen wieder bessert“.

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