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Mindelheim: Wegen Ausgangsbeschränkung: Trauer nach Vorschrift

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Wegen Ausgangsbeschränkung: Trauer nach Vorschrift

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    Große Trauerfeiern sind in Zeiten von Corona gerade nicht möglich. Wenn es gewünscht ist, können Trauerfeiern aber auch nachgeholt werden.
    Große Trauerfeiern sind in Zeiten von Corona gerade nicht möglich. Wenn es gewünscht ist, können Trauerfeiern aber auch nachgeholt werden. Foto: mcb

    Auch wenn die Ausgangsbeschränkungen den Alltag überwiegend beherrschen, bleiben die natürlichen Geschehnisse des Lebens nicht aus. Es wird weiterhin geboren wie auch gestorben. Letzteres steht derzeit wegen der Corona-Pandemie unter besonderen Vorzeichen: Denn für Beerdigungen gibt es neue Vorschriften. Christian Hänseler, ein Mindelheimer Bestattungsunternehmer, erklärt, wie eine Beisetzung derzeit in den meisten Fällen abläuft – und spricht aus eigener Erfahrung.

    Normalerweise wären bis zu 500 Trauergäste gekommen

    Vor wenigen Wochen ist Hänselers Onkel gestorben. Dieser hatte sich in mehreren Vereinen engagiert. „Normalerweise wären bis zu 500 Trauergäste zur Beerdigung gekommen“, erzählt Hänseler. Doch wegen der Anti-Corona-Beschränkungen konnten der eigentlich geplante Gottesdienst, die Beisetzung und der Leichenschmaus nicht gemacht werden. „Wir haben uns am Friedhof an der Grabstätte getroffen und sind danach wieder nach Hause gefahren.“

    Christian Hänseler schildert, wie Trauerfeiern gerade ablaufen.
    Christian Hänseler schildert, wie Trauerfeiern gerade ablaufen. Foto: mcb

    Mit „wir“ meint der 36-Jährige den engsten Kreis der Familie. Denn nur 15 Personen dürfen an Beerdigungen teilnehmen – Pfarrer und Friedhofspersonal miteingerechnet. Das ist nicht die einzige Vorschrift: Die Trauernden müssen einen Sicherheitsabstand von eineinhalb Metern einhalten, die traditionelle Weihwassergabe oder der Erdwurf fällt ebenfalls weg. Die Pfarrer dürfen per Händedruck keine Beileidsbekundungen aussprechen und am Friedhofseingang wird Händedesinfektionsmittel bereitgestellt.

    „Meine Tante fand es gar nicht so schlecht“

    Für Trauernde, die ohnehin in einem emotionalen Ausnahmezustand sind, muss die Situation umso schwieriger sein? Nein, findet Christian Hänseler. „Meine Tante fand es gar nicht so schlecht.“ Sie habe somit nicht entscheiden müssen, ob die Beerdigung im Kreise der engsten Familie abgehalten wird, oder ob eine Trauerfeier für hunderte Gäste organisiert werden musste. „Die Entscheidung wurde ihr in einer nervenaufreibenden Zeit abgenommen.“

    Ein Aufschub um ein paar Wochen – Urnenbestattungen müssen in der Regel bis maximal drei Monate nach dem Todeszeitpunkt abgehalten werden – war kein Thema. „Wir wollten alle abschließen, man schiebt den Termin sonst nur vor sich her.“

    Wegen Corona: Volles Verständnis für die Ausnahmesituation

    Auch andere Trauerfälle hat Hänseler als Bestatter in den vergangenen Wochen begleitet. „Jeder hatte volles Verständnis für die Ausnahmesituation.“ Als Bestatter habe er eh keine Wahl. „Wir müssen uns an die Gesetze halten und können keine Ausnahmen machen.“ Beisetzungen im kleinen Familienkreis würden ohnehin immer mehr, sagt der 36-Jährige. „Das liest man auch in den Todesanzeigen.“

    Im Nachhinein, wenn die Corona-Krise überstanden ist, bieten viele Kirchen Gemeinschaftsgottesdienste zum Gedenken an die Verstorbenen an. „Wenn gewünscht, können die Trauerfeiern auch einzeln nachgeholt werden“, sagt Hänseler. Für Trauernde, die mit der Situation nicht zurechtkommen, gebe es Selbsthilfegruppen. Die gab es auch vor Corona schon.

    Das hat sich für die Bestatter geändert

    Und was hat sich für den Bestatter beruflich geändert? Viel sei es nicht, erklärt Hänseler. Auch nicht, sollte ein verstorbener Corona-Patient beerdigt werden. „Wir handeln dann nach dem Infektionsschutzgesetz, wie bei jeder anderen infektiösen Krankheit auch.“ Der Leichnam wird nicht mit der persönlichen Kleidung oder dem traditionellen Sterbehemd angezogen, sondern mit in antiseptischen Mitteln getränkten Tüchern eingewickelt. Der Sarg wird geschlossen und entsprechend gekennzeichnet.

    Ein offener Abschied der Trauernden ist dann nicht mehr möglich. „Der Eigenschutz hat höchste Priorität“, erklärt der Mindelheimer Bestatter.

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