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Mindelheim: Wandel bei der Firma Grob in Mindelheim: Mit voller Kraft ins Elektrozeitalter

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Wandel bei der Firma Grob in Mindelheim: Mit voller Kraft ins Elektrozeitalter

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    Die Grob-Werke erfinden sich zwar nicht völlig neu. Der Wandel in der Antriebstechnik in der Automobilindustrie weg vom Verbrennungsmotor hin zu Elektromobilität und Batterietechnik erfordert von den Beschäftigten ein hohes Maß an Lernbereitschaft. Unser Bild zeigt das Technische Anwendungszentrum.
    Die Grob-Werke erfinden sich zwar nicht völlig neu. Der Wandel in der Antriebstechnik in der Automobilindustrie weg vom Verbrennungsmotor hin zu Elektromobilität und Batterietechnik erfordert von den Beschäftigten ein hohes Maß an Lernbereitschaft. Unser Bild zeigt das Technische Anwendungszentrum. Foto: jsto

    Das Ende des Verbrennungsmotors kommt mit Riesenschritten und wohl schneller als von vielen gedacht. Starkes Indiz dafür ist die Entwicklung bei den Grob-Werken, Mindelheims größtem Arbeitgeber. Wir sprachen mit der Geschäftsführung über die aktuelle Lage, darüber, welche Veränderungen anstehen, und was das für die Mitarbeiter konkret bedeutet.

    Bereits die Hälfte des Umsatzes am Stammsitz geht auf die Elektromobilität und die Batterietechnik zurück. Das waren im Geschäftsjahr 2020, das Ende Februar zu Ende ging, rund 350 Millionen Euro. Insgesamt schloss Grob das Geschäftsjahr mit einem Umsatz von 1,05 Milliarden Euro ab. Das ist ein nahezu unveränderter Wert gegenüber dem Jahr 2019. In Mindelheim allerdings verringerte sich die Leistung um zehn Prozent.

    Noch vor fünf Jahren spielten Zerspanungssysteme und Universalmaschinen bei Grob die beherrschende Rolle. Der Vorsitzende der Geschäftsführung German Wankmiller nannte im Gespräch mit der MZ die Zahl von 95 Prozent, die Grob damals noch vom Verbrennungsmotor abhängig war. Heute sind es noch 50 Prozent. In fünf bis zehn Jahren, wagt Wankmiller eine Prognose, „wird es wahrscheinlich nur noch die neue Technologie geben“.

    Die Mindelheimer Firma Grob hat früh im Bereich E-Mobilität investiert

    Entsprechende Signale kommen von den großen Autokonzernen. VW will sechs große Fabriken in Europa errichten, eine davon in Deutschland, wie die Wolfsburger erst kürzlich veröffentlicht haben. Tesla baut im Berliner Umland eine Giga-Fabrik. Auch andere Hersteller wie BMW oder Daimler setzen verstärkt auf den E-Antrieb. Treiber ist hier die Politik und der Klimawandel. Die Hersteller sind verpflichtet, ihre Flotten so umzubauen, dass sie je Kilometer vom Jahr 2025 an nur noch 75 Gramm Kohlendioxid an die Umwelt abgeben. Weil der Diesel als Antriebsform in Verruf geraten ist, „gibt es einen Riesenbedarf für den Elektroantrieb“, so Wankmiller. Hersteller, die diese Klimaziele reißen, müssen mit empfindlichen Geldstrafen in Milliardenhöhe rechnen. Dass der Elektroantrieb in der Autoindustrie im Kommen ist, haben Geschäftsführung und Familie Grob nicht nur frühzeitig erkannt. Sie haben vor ein paar Jahren auch erste wichtige Weichen für den Wandel in der Technik gestellt. Mit dem Zukauf von DMG meccanica im italienischen Turin (heute Grob Italy) hat sich Mindelheims größter Arbeitgeber Expertise hinzugekauft. Inzwischen ist in Turin ein fünftes Werk entstanden. Wäre das nicht geschehen, so Christian Grob, wären wohl längst Arbeitsplätze in Mindelheim verloren gegangen.

    Für das Management und die Beschäftigten in Mindelheim bedeutet der Wandel einen „gigantischen Stress“, sagt Wankmiller. Die Entwickler sind praktisch im Dauereinsatz, auch an den Wochenenden. Rund 2200 Beschäftigte sind auf diesem Feld tätig. Sie schieben einen Berg an Überstunden vor sich her. Wankmiller nennt die Zahl von 25 Prozent Überstunden. In hohem Tempo werden in Mindelheim Maschinenanlagen entwickelt, vor allem hochautomatisierte Systeme für die sehr schnell zunehmenden Antriebssysteme der Elektromobilität. Das Unternehmen ist eigenen Angaben zufolge Weltmarktführer in der Entwicklung und Herstellung von Maschinen und Systemen für Elektroantriebe. Das Hauptwerk in Mindelheim mit rund 4800 Mitarbeitern steht mitten in einem Veränderungsprozess in Struktur und Organisation. So werde daran gearbeitet, dass in den Werkhallen auch an den Wochenenden produziert werden kann, und zwar mit Hilfe von Robotern.

    Christian Grob (links) und German Wankmiller.
    Christian Grob (links) und German Wankmiller. Foto: jsto

    Was die Transformation für die Grob-Mitarbeiter in Mindelheim bedeutet

    „Wir wollen diese Transformation hinbekommen“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende Christian Grob, und zwar mit den Beschäftigten. „Jeder, der den Wandel mitgehen möchte, ist uns herzlich willkommen“, sagt Grob. Wer dafür nicht bereit ist, für den könnte es allerdings eng werden. „Wir werden eine größere Zahl von Mitarbeitern ansprechen“, kündigte Grob an. Betriebsbedingte Kündigungen soll es zwar nicht geben. Dennoch will das Unternehmen mit Frühverrentungen und freiwilligen Aufhebungsverträgen versuchen, Stellen in der Verbrennungssparte abzubauen. Genutzt werden soll dafür die übliche Fluktuationsrate von 200 Mitarbeitern pro Jahr. Seit eineinhalb Jahren läuft auch ein „Spar- und Optimierungsprogramm zur Reduzierung der Kostenstruktur“.

    Auf der anderen Seite sucht das Unternehmen händeringend Leute: Elektro-Inbetriebnehmer, vor allem mit Kenntnissen in Automationssteuerungen (Beckhoff), Meister in der Prozess-Inbetriebnahme, Projektmanager und andere Spezialisten für die neuen Technologien. Unter dem Strich soll die Zahl der Beschäftigten stabil bleiben.

    Die Grob-Mitarbeiter sollen sich an ihrem Kurzarbeitstag weiterbilden

    Zusammen mit der Industrie- und Handelskammer IHK läuft auch ein Qualifizierungsprogramm. Rund 700 Mitarbeiter von Grob befinden sich derzeit in Kurzarbeit. Sie arbeiten nur an vier Tagen die Woche. Den fünften Tag können sie für die Weiterbildung zur Elektrofachkraft und zur Fachkraft SPS-Technik für die Elektroinbetriebnahme nutzen, wobei SPS für speicherprogrammierbare Steuerung steht. 120 Stunden beträgt dieser Lehrgang. Leiharbeiter gibt es nur noch 50. Auf einer Betriebsversammlung am Mittwoch hat auch der Betriebsrat an die Beschäftigten appelliert, sich fortzubilden. Christian Grob sagt, die Familie Grob setze auf ihre Mitarbeiter. „Wir haben sie langjährig ausgebildet. Wir müssen uns nur intern anders aufstellen.“

    Weltweit läuft es unterschiedlich. Im Werk Dalian in China arbeiten 750 Mitarbeiter. Es könnten schon bald 1000 sein. Auch dem Tochterwerk in Bluffton (USA) bescheinigt die Geschäftsleitung große Wachstumspotenziale. Weniger gut sieht es in Brasilien aus. Das Land ist von einer tiefen wirtschaftlichen und politischen Krise erfasst.

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