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Mindelheim: Trotz Corona: So unterrichtet ein Mindelheimer Lehrer

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Trotz Corona: So unterrichtet ein Mindelheimer Lehrer

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    Der Mindelheimer Lehrer Jochen Schuster in seinem neuen „Klassenzimmer“.
    Der Mindelheimer Lehrer Jochen Schuster in seinem neuen „Klassenzimmer“. Foto: Schuster

    „Corona-Ferien“ – so bezeichnet manch einer die aktuelle Situation an den Schulen. Seit Wochen nehmen die Schüler aller Schulformen nicht mehr am regulären Präsenzunterricht teil und müssen von zu Hause aus neuen Stoff lernen sowie ihre Hausaufgaben erledigen. Jochen Schuster, Gymnasiallehrer für die Fächer Deutsch, Geschichte und Sozialkunde am Mindelheimer Maristenkolleg, erklärt, wie er seine Schüler über eine App unterrichtet und warum die Schüler gerade alles andere als Ferien haben.

    Verwendet wird eine Software von Microsoft

    Die Software, mit der die Lehrer am Maristenkolleg arbeiten, heißt „teams“, ist von der Firma Microsoft und verbindet die Kurs-Teilnehmer über das Internet. In virtuellen Klassenzimmern können so Chats und Video-Konferenzen abgehalten werden, Dateien abgelegt und verschickt werden.

    Das heißt: Die Lehrer schicken konkrete Aufgaben samt Material an die Schüler und diese schicken es nach der Bearbeitung zurück, die die Lehrer dann korrigieren. „Wir können den Schülern ein individuelles Feedback geben“, erklärt der 38-jährige Oberstudienrat.

    Und wie sieht ein Tagesablauf aus, wenn zu Hause nicht pünktlich morgens um 8 Uhr der Schulgong läutet? „Ich stelle meinen Schülern bis spätestens 9 Uhr die Aufgaben für den jeweiligen Tag online,“ sagt Schuster. Diese sollen im Laufe des Tages bearbeitet werden. Er bereitet die Aufgaben am Vortag vor – ähnlich wie bisher. Nicht immer kann der Mindelheimer Lehrer auf bereits vorhandene Materialien zurückgreifen, muss sie zumindest für den elektronischen Unterricht anpassen. „Manchmal verwende ich Erklär-Videos aus dem Internet oder mache eigene kurze Film- oder Audiodateien.“

    Corona-Krise wird im Unterricht zum Thema

    Die Corona-Krise wird hier und da sogar zum Unterrichtskern. „In Sozialkunde in der Q12 behandeln wir gerade das Thema Internationale Politik und Globalisierung.“ Da haben die Schüler am Beispiel der Pandemie aufgezeigt, welche Probleme eine globalisierte Welt mit sich bringen kann. Aber auch, wie notwendig weltweites Agieren und gemeinsames Problemlösen von Staaten ist, erklärt Schuster, der seit etwa zehn Jahren am Maristenkolleg unterrichtet.

    Für ihn ist mit der neuen Form des Unterrichtens ein Mehraufwand verbunden. „Da die Schüler mich direkt anschreiben können, benötige ich einige Zeit zur Beantwortung von Nachfragen.“ Oberstufenschüler seien wesentlich selbstständiger und können selbst Lösungen kontrollieren, sagt Schuster. Eine Unterstufen- oder Mittelstufenklasse brauche dagegen eine „engmaschigere Führung“, also mehr direkten Kontakt und mehr Kontrolle beziehungsweise Unterstützung.

    Die Mindelheimer Schüler sollen nicht überfordert werden

    Damit die Schüler nicht überfordert werden, ist es notwendig, dass sich die Lehrer in der Quantität der Aufgabenstellung absprechen, dazu machen die Lehrer eigene Video-Konferenzen. Es gelte die Faustregel, dass in Hauptfächern wie Deutsch, Mathe oder Fremdsprachen grundsätzlich mehr aufzugeben ist als in den Nebenfächern. „So ist ja auch der normale Stundenplan aufgebaut.“ Da das System „Homeschooling“ anfangs Neuland gewesen sei, habe es einige Zeit gebraucht, damit sich alles einspielt. Die Rückmeldungen von Schülern und Eltern waren dabei essenziell, um den Umfang und die Art der Aufgaben zu optimieren.

    Damit einzelne Schüler die besondere Situation nicht ausnutzen und über Wochen nichts tun, haben die Lehrer gewisse Möglichkeiten. Zwar dürfen während des Fernunterrichts keine Noten erhoben werden, aber manchmal genüge ein kurzer Anruf zu Hause, erklärt Schuster.

    Pandemie: "Homeschooling" hat nicht nur Nachteile

    Der Mindelheimer Gymnasiallehrer sieht in der neuen Unterrichtsform auch Vorteile. „Mehrere, vor allem ältere Schüler haben mir bislang rückgemeldet, dass ihnen das selbstständige Einteilen der Arbeit gefällt und sie damit gut zurechtkommen.“ Der direkte Kontakt zu den Schülern sei seiner Meinung nach aber nicht essenziell. „Bildung geschieht durch Beziehung.“ Das sei online durch Videokonferenzen nicht zu ersetzen. Pädagogisches Fingerspitzengefühl sei am Computer schwer auszuüben.

    Seine Kollegen haben sich schnell in das digitale Lernen eingearbeitet, sagt der 38-Jährige. Die Verknüpfung mit dem Internet biete neue Wege des Zugangs zum Stoff und erhöhe das eigenständige und selbstverantwortliche Lernen und Handeln der Schüler.

    Könnte „Homeschooling“ etwas für die Zukunft sein, unabhängig von Corona? Der Lehrer sagt dazu: „Bestimmte Aspekte werden sicherlich auf Dauer beibehalten oder nun deutlich häufiger genutzt werden als vor der Krise.“ Laut Schuster wissen die Schüler den traditionellen Unterricht trotzdem zu schätzen und freuen sich darauf, wenn der Lehrer wieder direkt vor ihnen steht. Nicht nur die Schüler werden sich freuen, auch Lehrer Schuster.

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