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Mindelheim: So war der Krankheitsverlauf der Mindelheimer Corona-Todesfälle

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So war der Krankheitsverlauf der Mindelheimer Corona-Todesfälle

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    Sieben Corona-Patienten sind im Mindelheimer Krankenhaus gestorben. Im Landkreis Unterallgäu gab es (Stand Ende Juli) 14 Todesfälle, 288 gemeldete Infektionen gab es offiziell.
    Sieben Corona-Patienten sind im Mindelheimer Krankenhaus gestorben. Im Landkreis Unterallgäu gab es (Stand Ende Juli) 14 Todesfälle, 288 gemeldete Infektionen gab es offiziell. Foto: Marcel Kusch/dpa/Symbolbild

    Seit Beginn der Pandemie wurden im Mindelheimer Krankenhaus 24 schwer an Covid-19 erkrankte Patienten stationär behandelt. Sieben von ihnen sind gestorben. Dr. Manfred Nuscheler ist Chefarzt und Spezialist der Intensivmedizin und erklärt, welche Krankheitsverläufe die Patienten hatten, welche Erfahrungen er mit Corona-Folgeschäden bereits gemacht hat und wie sich die Klinik Mindelheim auf eine mögliche zweite Infektionswelle vorbereitet.

    Corona-Lage in Norditalien machte Mindelheimer Chefarzt Sorgen

    Im ersten Gespräch mit der MZ vor vier Monaten sprach Nuscheler über die Zustände in damals hoffnungslos überlasteten Kliniken in Norditalien. Der Mindelheimer Chefarzt sorgte sich, dass das auch in deutschen Krankenhäusern eintreten könnte.

    Es sind seitdem Monate vergangen, das Mindelheimer Krankenhaus stieß nie an seine Kapazitätsgrenze. „Wir sind froh und erleichtert, dass wir nicht in den Katastrophenmodus geraten sind“, sagt Nuscheler. Bei den Mitarbeitern herrsche ein Respekt vor der Erkrankung, wenn man die erschütternden Bilder in den Medien wieder aufrufe, oder wenn man an die schweren Verläufe auf der eigenen Station denke.

    Krankenhaus-Team arbeitet Hand in Hand im Kampf gegen Covid-19

    Die vergangenen Wochen und Monate waren nervenaufreibend. Das berufliche Risiko, sich selbst und damit auch andere infizieren zu können, war immer in den Köpfen der Krankenhausmitarbeiter – und ist es immer noch. Nuscheler schwärmt über die Kollegialität: „Obwohl die emotionalen und körperlichen Belastungen sehr hoch waren, haben wir im Team ein überwältigendes Maß an Einsatz, Risikobereitschaft und Flexibilität erfahren.“ Immer nach dem Motto: Nur gemeinsam lässt sich die Krise meistern.

    Von den zwei Dutzend in Mindelheim stationär behandelten Corona-Patienten haben es sieben nicht geschafft. Auf der Facebookseite der MZ kam zu den Corona-Updates immer wieder die Frage von Lesern auf, ob die Patienten „an oder mit Corona“ gestorben seien. Das Mindelheimer Krankenhaus gibt nun erstmals einen Einblick in die Statistik:

    So war der Krankheitsverlauf der Corona-Todesfälle in Mindelheim

    „Zwei Patienten haben wir auf der Intensivstation nach langem Ringen in der Folge von Covid-19 verloren.“ Drei hochbetagte und gesundheitlich stark vorbelastete Patienten seien bei der Aufnahme so fortgeschritten erkrankt gewesen, dass in enger Abstimmung mit den Angehörigen und im Sinne des Erkrankten eine palliative Sterbebegleitung erfolgte, so das Krankenhaus.

    Bei zwei anderen Todesfällen sei Corona als Begleitsymptom, aber eher nicht als führende Todesursache zu werten. Nuscheler betont: „Angesichts der insgesamt kleinen Fallzahlen verbietet sich eine statistische Auswertung.“

    Erste Erfahrungen mit Folgeschäden nach Covid-19-Lungenentzündung

    Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht in Medien über Folgeschäden einer Corona-Erkrankung gesprochen wird. Auch die Mindelheimer Ärzte haben zu diesem Thema erste Erfahrungen gemacht: „Beeindruckend war für uns zu beobachten, in welcher Vielfalt an Symptomen und betroffenen Organsystemen sich diese Erkrankung manifestiert und dass sich auch noch Wochen nach der Entlassung anhaltende Veränderungen der Lungenstruktur radiologisch zeigen können.“

    Es sei jedoch zu früh, erklärt Nuscheler weiter, um belastbare Erfahrungen hinsichtlich von Folgeschäden schwerer Corona-Erkrankungen zu benennen, auch weil dafür erst wissenschaftliche Studien gemacht und ausgewertet werden müssten.

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    Bei der Behandlung von Corona-Patienten richten sich die Mindelheimer Ärzte und Pfleger an nationale und internationale Studien und Empfehlungen von Kollegen. Entwicklungen neuer Therapieformen können im Grunde nur Universitätskliniken mit wesentlich höheren Fallzahlen als in Mindelheim leisten.

    Im Unterallgäu ist seit Beginn die Infektionszahl mit 288 gemeldeten Fällen im relativen Vergleich zu anderen Landkreisen überschaubar. Experten warnen bundesweit vor der Gefahr einer zweiten Welle, die vor Landkreisgrenzen nicht Halt macht.

    Klinik Mindelheim bereitet sich auf zweite Welle vor

    Die Klinik in Mindelheim ist auf den Ernstfall vorbereitet. Man sehe sich in der Lage, falls notwendig, wieder rasch auf einen Corona-Modus umzuschalten, heißt es aus dem Klinikverbund Allgäu. Während des Lockdowns wurden viele planbare Operationen und generell Behandlungen verschoben. Nuscheler erklärt: „Manche haben wir bereits abgearbeitet, andere befinden sich auf Wartelisten und werden nachgeholt.“ Alle dringlichen oder notfallmäßigen Eingriffe seien unmittelbar vorgenommen worden. „Die Klinik war während der gesamten Corona-Pandemie handlungsfähig.“

    Es gilt: Dringende Arztbesuche nicht scheuen!

    Problematisch sei jedoch ein bundesweiter Trend: Patienten lassen sich seltener stationär behandeln. „Jeder medizinische Notfall, der nicht oder verspätet die Klinik aufsucht, ist eine überflüssige und bedauernswerte Folge von Corona“, sagt Nuscheler.

    Sein Credo für den Ernstfall: Nicht warten, sondern handeln. „Man kann nicht oft genug festhalten, dass unsere Kliniken voll funktionsfähig sind und mit den vorgenommenen Isolierungsmaßnahmen kein größeres Ansteckungsrisiko als im privaten Alltag besteht.“

    Lesen Sie auch unseren Kommentar zu diesem Thema: Corona-Krise: Es kommt auf uns alle an

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