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Das Mindelheimer Krankenhaus soll durch einen Gesundheitscampus sowie Spezialisierungen im Bereich der Kardiologie und Gastroenterologie zu einer Klinik der gehobenen Grundversorgung werden.

Mindelheim
02.02.2021

Mindelheimer Klinik-Mitarbeiter stehen unter großem Druck

Von Johann Stoll

Corona verlangt dem Personal am Mindelheimer Krankenhaus alles ab. Dazu kommen die Veränderungen im Haus. Die Geschäftsführung räumt Fehler ein.

Gleiches Thema, unterschiedliche Handhabung: Während der Kreisausschuss am heutigen Montag in doppelter Besetzung hinter verschlossenen Türen zur Lage der Kliniken in Mindelheim und Ottobeuren tagt, kam es im Stadtrat Mindelheim zu einer öffentlichen Aussprache. Geschäftsführer Michael Osberghaus und Ärztlicher Direktor Dr. Manfred Nuscheler standen den Stadträten Rede und Antwort - und räumten auch Fehler ein.

Dritter Vertreter des Klinikverbundes Allgäu war Florian Glück. Er hat als Geschäftsführer die Nachfolge von Franz Huber angetreten, der das Unternehmen verlassen hat. Der 46-jährige Glück stellte sich kurz vor. Er hat seinen Arbeitsplatz in Mindelheim und steht damit auch den Stadträten als Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung.

Durch die Spezialisierung sollen möglichst viele Patienten in die Krankenhäuser in Mindelheim und Ottobeuren kommen

Bürgermeister Stephan Winter hat die Klinikvertreter eingeladen, damit sie über die Veränderungen im ersten Jahr seit der Fusion zum Klinikverbund Allgäu berichten. Hinter dem Zusammenschluss stehen laut Osberghaus strategische Überlegungen, um im Allgäu eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung sicherzustellen.

Die einzelnen Kliniken setzen dabei auf verstärkte Spezialisierung, um so möglichst viele Patienten in der Region zu halten und nicht an die Kliniken in München, Augsburg oder Stuttgart zu verlieren. Für Mindelheim wird unter anderem die Innere Medizin in Kardiologie und Gastroenterologie mit je eigenen Chefärzten ausdifferenziert.

Die Innere Medizin erhält eine sogenannte „Chest Pain Unit“ zur Überwachung herzkranker Patienten in räumlicher Nähe zum Herzkatheterlabor. Das Mindelheimer Klinikum soll zudem wie berichtet zu einem Gesundheitscampus ausgebaut werden.

Das Mindelheimer Krankenhaus wird zu einer Klinik der gehobenen Grundversorgung

Für das Klinikum bedeutet das eine Aufwertung von einem Krankenhaus der Grundversorgung hin zu einem der gehobenen Grundversorgung. Letztlich will die Geschäftsführung erreichen, dass mehr höherwertigere medizinische Leistungen abgerechnet werden können. Der Klinikcampus soll ein Bindeglied zu den niedergelassenen Ärzten sein. Gespräche liefen mit möglichen Kooperationspartnern, die in ein Ärztehaus am Krankenhaus umziehen sollen.

Die Notaufnahme werde ausgebaut. Das Labor werde zwar mit Wirkung April 2021 ausgelagert, bleibe aber vor Ort erhalten. Auch alle Jobs bleiben, niemand müsse woanders hin zur Arbeit.

Gebraucht wird auch ein Parkhaus. Hier liefen Gespräche mit dem Landkreis. Osberghaus setzt dabei auch auf die Unterstützung des Stadtrates.

Dass im Jahr 2020 das Personal unter massivem Arbeitsdruck gestanden habe, räumte Osberghaus ein. Corona erfordere einen kräftezehrenden Aufwand. 30, 40 Corona-Patienten beziehungsweise Menschen in Quarantäne waren zeitweise zu behandeln. Der normale Krankenhausbetrieb lief dabei weiter. Osberghaus lobte die Beschäftigten für ihren ungebrochenen Einsatz: „Ich ziehe den Hut vor allen Akteuren.“

Neben den Herausforderungen durch die Corona-Pandemie waren einige Umstrukturierungen im Haus dazugekommen. So zog die Kurzzeitpflege um. Diese Veränderungen sind offenbar nicht ausreichend gut kommuniziert worden, gestand Osberghaus ein.

Im Mindelheimer Krankenhaus soll die Zahl der Betten von 199 auf 155 sinken

In der Aussprache beklagte Roland Ahne (SPD), dass die Mitarbeiter bei der Umstrukturierung auf der Strecke blieben. Die Kommunikation sei schlecht. So kritisierte er, dass die Beschäftigten sehr kurzfristig davon in Kenntnis gesetzt worden seien, dass die Bettenzahl am Klinikum in Mindelheim von 199 auf 155 gesenkt werde. „Das kommt schlecht an und erzeugt Existenzängste.“ Wertschätzung und Respekt werde vermisst, so Ahne weiter.

Die Bettenzahl wird tatsächlich auf 155 verringert. Damit passe das Land Bayern die Kapazität jedoch lediglich an den Bedarf an, erläuterte Osberghaus. Denn in der Vergangenheit habe es nur eine 75-prozentige Auslastung gegeben, ergänzte Nuscheler.

Dass die Mitarbeiter Existenzängste haben sollen, vermag der Geschäftsführer nicht nachzuvollziehen. Es gebe strukturelle Probleme, „und die gehen wir gerade an“. Damit sollen gerade die Arbeitsplätze gesichert werden.

Ärztlicher Direktor Dr. Nuscheler räumte ein, dass die Kommunikation im Vorjahr nicht optimal gewesen sei. Das sei der Corona-Krise geschuldet. Er sprach von einer „abartigen Belastung“. Kurzfristig mussten Umzüge organisiert werden, um Platz für Corona-Patienten zu schaffen. Er widersprach Ahne ausdrücklich, dass es an Wertschätzung für die Mitarbeiter fehle. Es habe aber einfach zu wenig direkten Kontakt gegeben.

CSU-Fraktionschef Christoph Walter begrüßte es, dass am Standort Mindelheim Millionen investiert werden und das Krankenhaus dadurch aufgewertet werde. Er erkundigte sich, ob die Küche dauerhaft erhalten bleibe. Die Antwort ließ Geschäftsführer Osberghaus offen. Wichtig sei eine gute Versorgung des Patienten. Ob man ganz oder nur zum Teil selber koche, sei nicht die entscheidende Frage. Generell versicherte Osberghaus, ihm sei es ernst mit dem Austausch mit dem Stadtrat. Er warb auch um die niedergelassenen Ärzte. Mit der Mehrzahl kooperiere das Krankenhaus sehr gut. Einzelne Fachärzte fürchteten jedoch Konkurrenz. Das sei aus Sicht des Geschäftsführers unbegründet. Die Praxen hätten eher das Problem, dass sie Patienten abwehren müssten, als dass sie zu wenig zu tun hätten.

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