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Mindelheim: Kunstwerk wieder aufgetaucht: Die schwäbischen Bauern kehren zurück

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Kunstwerk wieder aufgetaucht: Die schwäbischen Bauern kehren zurück

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    Unter dem Titel „Der Hochzeitsmaler“ hat Beringers preisgekröntes Hauptwerk „Schwäbische Bauern“ die vergangenen 20 Jahre in Österreich verbracht. Ab heute ist es im Heimatmuseum in Mindelheim zu sehen.
    Unter dem Titel „Der Hochzeitsmaler“ hat Beringers preisgekröntes Hauptwerk „Schwäbische Bauern“ die vergangenen 20 Jahre in Österreich verbracht. Ab heute ist es im Heimatmuseum in Mindelheim zu sehen.

    Kann das wirklich ein Zufall sein? Ausgerechnet an seinem heutigen 59. Todestag kommt das Hauptwerk des Mindelheimer Malers Max Beringer in seine Heimatstadt zurück. Und das, wo die preisgekrönten „Schwäbischen Bauern“ seit Jahrzehnten als verschollen galten. 1913 hatte der aufstrebende Künstler das beinahe lebensgroße Gemälde auf der Frühjahrsausstellung der Münchner Sezession präsentiert und dafür neben viel Lob – eine Zeitung befand damals, es sei „das beste seiner Bilder, eines der besten überhaupt unter denen der Jungen“ – auch die höchste Ehrung bekommen: den Rompreis.

    3000 Goldmark Preisgeld für Mindelheimer Maler Beringer

    Er war mit 3000 Goldmark dotiert, was heute ungefähr 24.000 Euro entspräche – in einer Zeit, in der ein Maurer monatlich etwa 70 Goldmark verdiente, ein Vermögen. Noch wichtiger als das Geld war dem Künstler jedoch das Stipendium für einen sechsmonatigen Italienaufenthalt, das mit dem Preis verbunden war, und der seit dem 17. Jahrhundert fast schon zwingend zur künstlerischen Ausbildung gehörte.

    Von der Schönheit Italiens inspiriert schuf Beringer dort zahlreiche Skizzen und Ölgemälde. Ein Teil davon war auch in der Sonderausstellung zu sehen, die Museumsleiter Markus Fischer vor vier Jahren im Mindelheimer Heimatmuseum organisiert hatte. Das verfügt über mehr als 100 gerahmte Bilder Beringers sowie eine Menge Skizzen und Zeichnungen. Doch ausgerechnet sein bedeutendstes Werk war nicht dabei. „Wenn man so viel hat und das Hauptwerk fehlt, ist das schon ärgerlich“, sagt Markus Fischer.

    Nur ein Foto als Nachweis: Was ist mit den "Schwäbischen Bauern" geschehen?

    Zu gerne hätte er das Bild in der Sonderausstellung gezeigt, doch aufzutreiben war nur ein Foto aus dem Ausstellungskatalog von 1913. Was mit den „Schwäbischen Bauern“ nach 1913 geschehen war, wusste niemand. Hatte Beringer das Bild damals vielleicht verkauft? „Das war ja auch eine Verkaufsausstellung“, erklärt Fischer. Oder war es zerstört worden? Immerhin war Beringers Atelier in Pasing 1942 bei einem Bombenangriff so schwer getroffen worden, dass er in seine Heimatstadt zurückkehrte. Oder hatte er das Bild am Ende vielleicht sogar selbst zerstört? Es war zwar preisgekrönt, aber nicht auszuschließen, dass es Beringer, als er sich künstlerisch weiterentwickelt hatte, nicht mehr gefiel. „Ein bisschen eigen war er halt schon auch“, sagt Markus Fischer.

    Für diese Vermutung sprach auch, dass sein Vorgänger Erwin Holzbaur Max Beringer selbst einmal dabei beobachtet hatte, wie er fertige Bilder zerschnitt, weil er Leinwände brauchte. Und dann tauchte vor ein paar Jahren in der Kunstsprechstunde auch noch ein Ausschnitt aus den „Schwäbischen Bauern“ auf, nämlich das Porträt der Bäuerin im Vordergrund. Damit schien sicher: Beringers Hauptwerk war zerschnitten worden. Als Markus Fischer und Kulturamtsleiter Christian Schedler den Ausschnitt jedoch mit dem Bild aus dem damaligen Ausstellungskatalog verglichen, fielen ihnen einige Abweichungen auf und eine neue Vermutung stand im Raum: Hatte Beringer das Porträt der Bäuerin später als Auftragsarbeit gemalt?

    Ausschnitt des Gemäldes wieder aufgetaucht

    Diese Frage blieb ebenso ungeklärt, wie der Verbleib des Bildes. Bis vergangenen November. Da bekam Markus Fischer einen Anruf aus Gmunden in Österreich. Ob das Heimatmuseum Interesse am Werk „Der Hochzeitslader“ eines Mindelheimer Künstlers habe, fragte der Anrufer. Es hänge nämlich seit 22 Jahren im Seeschloss Ort, das manchem vielleicht aus der Fernsehserie „Schlosshotel Orth“ ein Begriff ist, und solle nun weichen. Und natürlich hatte Markus Fischer Interesse.

    Denn aufgrund der Beschreibung am Telefon war ihm gleich klar, dass es sich keineswegs um ein Gemälde handelte, von dessen Existenz er bislang gar nichts wusste, sondern um die verschollen geglaubten „Schwäbischen Bauern“. Fotos des Bildes bestätigten seine Vermutung. „Mich hat’s wahnsinnig gefreut, dass das Bild wieder aufgetaucht ist“, sagt Markus Fischer. Und noch mehr freut es ihn, dass es heute nach all den Jahren nach Mindelheim zurückkehrt. Ermöglicht hat das der Förderverein der Mindelheimer Museen, der das Bild gekauft hat und nun auch zeigen will. „Ich werd’ schon einen Platz finden“, sagt Markus Fischer mit spürbarer Begeisterung. „Und wenn ich’s fürs Erste erst mal irgendwo dagegenlehn’“. Hauptsache, das wichtigste Werk von Max Beringer ist nach all den Jahren wieder „daheim“ in Mindelheim.

    So war das Leben von Max Beringer

    • Max Beringer wurde am 18. Mai 1886 in Mindelheim geboren. Ab 1905 besuchte er die Königlich Bayerische Kunstgewerbeschule und wechselte zwei Jahre später an die Akademie der Bildenden Künste in München.
    • Nachdem er von der Akademie bereits mit zwei silbernen Medaillen ausgezeichnet worden war, verlieh ihm diese 1913 bei der Frühjahrsausstellung für sein Werk „Schwäbische Bauern“ den renommierten Rompreis. Er war mit 3000 Goldmark dotiert und mit einem Italienstipendium verbunden.
    • Als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde er zum Kriegsdienst eingezogen und kämpfte unter anderem bei der Schlacht vor Verdun. Schon bald wurde er jedoch in der Zeichenstelle des Regimentsstabes eingesetzt. Auch ein gewisser Adolf Hitler diente dort und soll Beringer gebeten haben, ihm das Zeichnen beizubringen. In einem Brief an seinen Bruder schrieb dieser allerdings: „... dem zeigte ich aber nichts.“
    • Später weigerte sich Beringer NSDAP-Mitglied zu werden. Aufgrund der staatlichen Kunstpolitik zog er sich aus der Münchner Kunstszene zurück. In der Folge fehlte es ihm an Ausstellungsmöglichkeiten und Kunden.
    • Nachdem sein Atelier in Pasing bei einem Bombenangriff zerstört worden war, zog er 1943 nach Mindelheim zurück.
    • Nach langer Krankheit starb er am 24. Juni 1961 im Krankenhaus in Memmingen.

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