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Mindelheim: Klinik in Mindelheim: „Wo bleibt die Wertschätzung?“

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Klinik in Mindelheim: „Wo bleibt die Wertschätzung?“

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    Auf den Intensivstationen herrscht seit zehn Monaten Ausnahmezustand. Peter Pohl aus Stockheim musste auf der Intensivstation des Mindelheimer Kreiskrankenhauses drei Wochen lang beatmet werden. Eine Corona-Infektion nahm einen schweren Verlauf.
    Auf den Intensivstationen herrscht seit zehn Monaten Ausnahmezustand. Peter Pohl aus Stockheim musste auf der Intensivstation des Mindelheimer Kreiskrankenhauses drei Wochen lang beatmet werden. Eine Corona-Infektion nahm einen schweren Verlauf.

    Gut gelaunt und voll im Leben – so kennt man in Bad Wörishofen Peter Pohl, vor allem als Darsteller von Pfarrer Kneipp bei offiziellen Anlässen. Am Montag meldete sich der Träger des Bundesverdienstordens aber in einer völlig anderen Verfassung zu Wort – aus der Intensivstation des Mindelheimer Krankenhauses. Pohl ist schwer an Corona erkrankt, hat 17 Kilo Gewicht verloren, musste beamtet werden. „Ich dachte wirklich, jetzt geht es zu Ende“, sagt Pohl. Doch der 71-Jährige hat es geschafft, die Krankheit scheint besiegt. Was ihn trotzdem aufwühlt, ist die Art, wie mit der Belegschaft des Klinikums umgegangen werde. „Wo bleibt die Wertschätzung?“, fragt Pohl nach den Berichten über Verunsicherung beim Personal durch Umstrukturierungen mitten in der Corona-Krise. Pohl will nun selbst aktiv werden.

    Gerade erst standen Klinik-Verantwortliche dem Stadtrat von Mindelheim öffentlich Rede und Antwort – und räumten dort auch Versäumnisse in Sachen Kommunikation ein. Am Montag beschäftigte sich der Kreisausschuss in doppelter Besetzung mit der Lage der Kliniken in Mindelheim und Ottobeuren – allerdings hinter verschlossenen Türen. „Die Menschen hier verdienen mehr Aufmerksamkeit“, sagt nun Pohl. Er wurde am 31. Dezember ins Mindelheimer Krankenhaus eingewiesen, nachdem es ihm so schlecht ging, dass er dachte „ich würde meine Tochter nie wieder sehen“, so Pohl. Als die Beschwerden losgingen, mit „Abgeschlafftheit, Müdigkeit, Kraftlosigkeit“, habe er gleich einen Corona-Test machen lassen, sagt Pohl, der sich seit vielen Jahren beim Roten Kreuz engagiert.

    Der erste Corona-Test bei Peter Pohl war negativ, doch die Beschwerden blieben

    Der Test fiel negativ aus, die Beschwerden blieben. „Fieber hatte ich keines, auch keine Halsschmerzen“, berichtet Pohl am Telefon. „Mir war alles zu viel, ich wollte nur noch schlafen“, beschreibt er. Erst ein weiterer Corona-Test bei einem Arzt brachte ans Licht, dass Pohl sich mit Covid-19 angesteckt hatte. Wie, das sei allen ein Rätsel, berichtet er. Pohl sagt, er habe schon sehr früh auf FFP2-Masken gesetzt, habe seine Kontakte reduziert, sei kaum unter die Leute gegangen. „Ich habe sehr aufgepasst, ich habe für die Ansteckung keine Erklärung“, sagt er. Stattdessen hat ihn Corona richtig schlimm getroffen. Im Mindelheimer Krankenhaus musste Pohl drei Wochen lang beatmet werden.

    So lobt der Stockheimer Pohl die Arbeit der Beschäftigten auf der Intensivstation

    Dabei sei er „liebevoll von den Intensivschwestern und -pflegern betreut“ worden. „Was hier geleistet wird vom Pflegepersonal und den Ärzten, kann man sich gar nicht vorstellen und mit Worten gar nicht wiedergeben“, berichtete Pohl gestern als Kommentar auf der Facebook-Seite der Mindelheimer Zeitung. „Diese lieben Menschen verdienen einfach mehr Anerkennung.“ Es werde am Limit gearbeitet. „Alle Mitarbeiter sind trotzdem immer noch gut drauf und finden immer wieder noch ein gutes Wort und ein Lächeln für den Patienten“, schildert er das, was ihn so beeindruckt hat. Und dann wird Pohl deutlich: „Sie verdienen es einfach, dass man sie über alle Veränderungen einfach informiert und sie nicht vor vollendete Tatsachen stellt“, sagt er zu den anstehenden Umstrukturierungen nach der Fusion zum Klinikverbund Allgäu.

    So kennt man Peter Pohl. Doch derzeit geht es dem Darsteller von Pfarrer Kneipp überhaupt nicht gut.
    So kennt man Peter Pohl. Doch derzeit geht es dem Darsteller von Pfarrer Kneipp überhaupt nicht gut. Foto: Harald Klofat

    Zuletzt gab es vermehrt Kritik an der Art, wie die Klinik diese Veränderungen kommuniziert. So hatte jüngst der Mindelheimer SPD-Stadtrat Roland Ahne kritisiert, dass die Mitarbeiter bei der Umstrukturierung auf der Strecke blieben. Die Belegschaft sei zum Beispiel erst sehr kurzfristig darüber informiert worden, dass die Bettenzahl am Klinikum in Mindelheim von 199 auf 155 gesenkt werde. Dass dies geschehe, weil das Land Bayern die Kapazität dem tatsächlichen Bedarf vor Ort anpasse, erläuterte nun Geschäftsführer Michael Osberghaus im Mindelheimer Stadtrat. Dass es in der Vergangenheit nur eine 75-prozentige Auslastung gegeben habe, sagte dort der Ärztliche Direktor Dr. Manfred Nuscheler.

    Was Peter Pohl für das Klinikpersonal tun will, sobald er wieder bei Kräften ist

    Peter Pohl will nun dafür sorgen, dass die Beschäftigen der Klinik mehr in den Mittelpunkt rücken. Derzeit sei er noch „total geschwächt“, sagt Pohl. Wenn er das Krankenhaus verlassen darf, stehe zunächst ein Reha-Aufenthalt an. Danach will Pohl aber aktiv werden. Pohl will, dass „sich etwas bewegt und die Öffentlichkeit und auch unsere Politiker“ besser informiert würden. „Nur vor der Wahl immer große Versprechungen machen, das werde ich jetzt nicht mehr so hinnehmen“, kündigt Pohl an. „Wenn diese Demonstranten die jetzt auf die Straße gehen, sich auch für das Krankenhauspersonal so einsetzen würden, das wäre eine tolle Sache“, betont Pohl.

    Er selbst glaubt, dass er für sein Anliegen viele Unterstützer finden wird. Schon jetzt hätten ihn Genesungswünsche aus einigen Teilen der Welt erreicht, wo er mit der Motorradstaffel des Roten Kreuzes aktiv war, auch von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek. „Er freut sich schon, mich wieder als Kneipp zu sehen“, sagt Pohl. Er habe sich für das Jubiläumsjahr eigentlich auch viel vorgenommen. Doch dann kam die Corona-Infektion. An sein Alter Ego Kneipp denkt Pohl derzeit häufiger als sonst. „Kneipp hat sich damals von seiner Lungenerkrankung mit kaltem Wasser der Donau kuriert“, sagt der Stockheimer. Er freue sich schon wieder darauf, in die Rolle des unbeugsamen Pfarrers zu schlüpfen.

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