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Mindelheim: Gebeine gefunden: Woran starb der Vermisste?

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Gebeine gefunden: Woran starb der Vermisste?

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    Bei der Suche nach dem Vermissten setzte die Polizei auch einen Hubschrauber ein.
    Bei der Suche nach dem Vermissten setzte die Polizei auch einen Hubschrauber ein. Foto: Ralf Lienert/Symbolfoto

    Es war im Oktober 2018, als eine Ehefrau aus dem Unterallgäu ihren Ehemann bei der Polizei als vermisst meldete. Der 58-Jährige hatte am Vormittag die Mindelheimer Kreisklinik verlassen und war seitdem spurlos verschwunden. Eine große Suchaktion begann, bei der auch ein Helikopter mit Wärmebildkamera im Einsatz war – alles vergebens. Der Vermisste tauchte auch nach einer öffentlichen Fahndung nirgends auf. Nun, fast eineinhalb Jahre später, hat ein Lastwagenfahrer Knochen im Gebüsch eines Mindelheimer Schrottplatzes entdeckt. Wie sich herausstellte, handelt es sich dabei um die sterblichen Überreste des Mannes, der seit Oktober 2018 vermisst wird. Nun beginnt bei der Kriminalpolizei wieder das Räderwerk der Ermittlungen. Die wichtigste Frage, die die Kripobeamten jetzt umtreibt, ist: Woran starb der Mann?

    Der Lastwagenfahrer fand die sterblichen Überreste des Vermissten in einem Gebüsch

    Bereits am vergangenen Dienstag hatte ein Lastwagenfahrer in einem Gebüsch eines Schrottplatzes im Mindelheimer Osten an der B 16 die Knochen gefunden und die Polizei gerufen. Als klar war, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um die sterblichen Überreste eines Menschen handelte, übernahm der Kriminaldauerdienst in Memmingen die ersten Ermittlungen. Inzwischen ist die Memminger Kriminalpolizei an dem Fall dran und rollt die Ermittlungen noch einmal auf.

    Vermisstenfälle im Unterallgäu 2014 bis 2019

    Immer wieder geraten Vermisstenfälle auch in die Öffentlichkeit, etwa wegen der Suchmaßnahmen: Hier ein Auszug aus den vergangenen fünf Jahren im Unterallgäu, der auch zeigt, wie unterschiedlich die Vermisstenfälle sind.

    Dezember 2019: Ein 67-jähriger Mindelheimer wird vermisst. Er war mit seinem Auto ins Ostallgäu gefahren, wo man sein Auto am Forggensee fand.

    November 2019: Ein drei Jahre alter Bub in Bad Wörishofen wird vermisst. Sein 16-jähriger Bruder sollte auf den Kleinen aufpassen, war laut Polizei aber eingeschlafen. Als er wach wurde, konnte er den Dreijährigen im ganzen Haus nicht finden. "Noch bevor die Polizei am Einsatzort eintraf, war die Sache sprichwörtlich aufgedeckt", teilt ein Polizeisprecher mit. Der Dreijährige hatte sich unter einer Bettdecke versteckt. Sein Bruder fand ihn dort wohlbehalten wieder.

    Oktober 2019: Ein 80-jähriger Patient wird in der Mindelheimer Kreisklinik vermisst. Mehrere Streifen durchsuchten das Krankenhaus nach dem Mann, mit dabei ein Diensthundeführer, der die Außenanlagen der Kreisklinik überprüfte. Da die Suche erfolglos verlief, ging die Polizei davon aus, dass der Mann die Klinik unbemerkt verlassen hatte - und das nur mit einem Schlafanzug bekleidet. Die Polizei dehnte die Fahndung deshalb aus. Da meldete sich ein aufmerksamer Bürger bei der Polizei und sagte, dass ein älterer Mann mit Schlafanzug auf dem Parkplatz eines Mindelheimer Möbelhauses stehe. Eine Streife der Mindelheimer Polizei traf den 80-Jährigen dort an und brachte ihn wieder in die Kreisklinik zurück.

    August 2019: Ein 83-Jähriger bricht in Wiedergeltingen zu einem Spaziergang auf und kehrt nicht mehr zurück. Seine Frau ruft die Polizei, eine große Suchaktion beginnt. Der Polizeihubschrauber entdeckt den Senior im Dickicht: Der Mann war offenbar gestürzt, leicht dehydriert und konnte nicht mehr selbstständig aufstehen.

    August 2019: Ein 50-Jähriger aus Tussenhausen wird vermisst. Die Polizei sucht mit Hubschrauber, Suchhunden und per Öffentlichkeitsfahndung. Dank Hinweisen konnte der Mann wohlbehalten aufgefunden werden.

    November 2018: Ein 81-Jähriger wird in Türkheim vermisst: Er ist von einem Spaziergang nicht mehr zurückgekehrt. Gerade als Feuerwehr und Hundestaffeln alarmiert werden sollen, kommt die Entwarnung: Nach fast zweistündiger Suche fand eine Polizeistreife den Mann.

    Oktober 2018: In Mindelheim wird ein 58-Jähriger vermisst, der nach einem Besuch in der Kreisklinik nicht nach Hause zurückgekehrt ist. Die Polizei sucht eine Woche lang mit Hubschrauber und Wärmebildkamera – ohne Erfolg.

    Juli 2018: Die Suche nach einer vermissten Frau führt zu einem größeren Einsatz in und über Bad Wörishofen: Auch ein Hubschrauber ist vor Ort. Dessen Besatzung entdeckt die Frau nahe eines Feldweges zwischen Bad Wörishofen und Jengen.

    Juni 2018: Eine Patientin einer Fachklinik, die dringend ärztliche Hilfe benötigt, wird in Bad Wörishofen gesucht. Mehrere Streifen und ein Hubschrauber sind im Einsatz und finden die Frau nach zwei Stunden.

    Oktober 2017: Ein 74-Jähriger, der an Demenz leidet, wird in Bad Wörishofen vermisst. Er ist plötzlich aus dem Eingangsbereich der Therme verschwunden, seine Frau sucht ihn zwei Stunden selbst und informiert dann die Polizei. Der gelingt es nach mehr als zwei Stunden, den Mann zu finden.

    Juni 2017: Ein 17-jähriges Mädchen, das in der Schweiz als vermisst gilt, taucht in Ettringen auf. Sie ist aus ihrem Elternhaus geflohen und zu einer Onlinebekanntschaft ins Unterallgäu gereist.

    Februar 2017: Eine 74-Jährige wird in Bad Wörishofen vermisst. Trotz der Suche mit Hubschraubern und Hunden konnte sie nur noch tot gefunden werden. Die Polizei geht davon aus, dass die Frau versehentlich in einen Bach gefallen ist.

    August 2016: Ein Spaziergänger findet im Wald südlich von Bad Wörishofen die sterblichen Überreste einer Person. Wie sich herausstellt, handelt es sich um einen 87 Jahre alten Unterallgäuer, der 2014 als vermisst gemeldet wurde. Hinweise auf ein Fremdverschulden kann die Polizei nicht feststellen.

    Juli 2016: Ein 66-Jähriger aus Bad Wörishofen wird vermisst. Vermutlich ist er zuletzt mit einem Fahrrad unterwegs gewesen. Er bleibt verschwunden.

    Mai 2016: In einem Seniorenwohnheim in Bad Wörishofen wird ein 84-jähriger dementer Mann vermisst. Er lebt erst seit Kurzem dort und ist völlig ortsunkundig. Sechs Polizeistreifen suchen stundenlang vergeblich. Kurz vor Mitternacht wird ein Autofahrer in Türkheim auf den Senior aufmerksam und fährt ihn nach Bad Wörishofen zur Polizei.

    März 2015: Eine 16-Jährige aus Bad Grönenbach wird vermisst. Sie hat die elterliche Wohnung verlassen und ist seitdem nicht mehr aufgetaucht. Gut eine Woche nach der Öffentlichkeitsfahndung im Juni 2015 wird sie in Norddeutschland entdeckt. Entscheidenden Anteil hatte ein Hinweis aus der Bevölkerung.

    Dezember 2014: Die Polizei sucht einen 78 Jahre alten, demenzkranken Mann, der sich zu Fuß vom Kreis-Seniorenwohnheim in Türkheim entfernt hat. Sieben Streifen und ein Hubschrauber sind im Einsatz. Am nächsten Tag meldet sich die Pächterin eines Gasthofs aus Ettringen. Dort hat sich der Gesuchte über Nacht unbemerkt eingemietet. Als die Wirtin am Morgen mit dem 78-Jährigen spricht, merkt sie, dass dieser orientierungslos ist und seinen Namen nicht nennen kann. Sie verständigt die Polizei.

    Mai 2014: Eine 67-Jährige kehrt abends nicht von ihrem Spaziergang in einem Wald bei Ottobeuren heim, weshalb Angehörige sie als vermisst melden. Am Folgetag entdeckte die Polizei die Frau im Wald: Sie ist dort an einer natürlichen Todesursache gestorben.

    Damals, im Herbst 2018, sei man davon ausgegangen, dass der Mann sich vermutlich das Leben genommen hat, erklärt der Kemptener Polizei-Pressesprecher Holger Stabik. Die Spurenlage und Zeugenaussagen von damals werde man nun mit der Fundsituation von heute vergleichen. Aufgrund des Zustands der Leiche seien allerdings nicht mehr viele Spuren vorhanden, so Stabik.

    Die Polizei schließt in ihren Ermittlungen derzeit nichts aus

    Eine Gewalteinwirkung sei an den aufgefundenen Knochen nicht erkennbar – weshalb die Polizei einen Suizid nicht ausschließt, ebenso wenig wie einen Unfall, einen medizinischen Notfall oder ein Gewaltverbrechen.

    Wie geht es nun weiter? „Die Kollegen werden mit den neu gewonnenen Erkenntnissen die Angehörigen befragen“, davon geht Sprecher Holger Stabik aus. Es geht um Antworten auf Fragen wie: Hatte der Vermisste eine Verbindung zum Auffindeort? War er ortskundig? Konnte er selbst dorthin gelangen? Stabik rechnet damit, dass die Polizei in etwa einer Woche mehr darüber weiß.

    Vielleicht wird niemals endgültig geklärt, woran der Vermisste starb

    Es kann jedoch auch sein, dass für immer ein Fragezeichen bleibt und man niemals endgültig klären können wird, woran der vermisste 58-Jährige gestorben ist.

    So ermittelt die Polizei, wenn ein Mensch vermisst wird:

    Kreisen Ihre Gedanken darum, sich das Leben zu nehmen? Sprechen Sie darüber! Es gibt eine Vielzahl von Hilfsangeboten - per Telefon, Chat, E-Mail oder im persönlichen Gespräch, auch anonym. Hier finden Sie eine Übersicht.

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