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Mindelheim: Elektromobilität: Grob-Ingenieur wollte Daten an Konkurrenz verkaufen

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Elektromobilität: Grob-Ingenieur wollte Daten an Konkurrenz verkaufen

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    Grob ist Opfer von Wirtschaftskriminalität geworden. Der Automobilzulieferer ist unter anderem Partner von Volkswagen (VW) und beschäftigt weltweit 6850 Menschen, davon 4750 am Stammsitz in Mindelheim.
    Grob ist Opfer von Wirtschaftskriminalität geworden. Der Automobilzulieferer ist unter anderem Partner von Volkswagen (VW) und beschäftigt weltweit 6850 Menschen, davon 4750 am Stammsitz in Mindelheim. Foto: Ulrich Wagner (Archiv)

    Fast wären geheime Forschungsergebnisse der Firma Grob in die falschen Hände gelangt. Wie erst jetzt öffentlich wurde, hat ein Ingenieur vor etwa zwei Jahren im großen Stil Daten vom Firmenserver gestohlen und einige Monate später weltweit Konkurrenzunternehmen aus der Automobilindustrie zum Kauf angeboten. Nun wurde der 42-jährige Familienvater vom Amtsgericht Augsburg verurteilt. Im Verfahren spricht der Ingenieur über sein Motiv. Unsere Redaktion hat auch mit Grob-Geschäftsführer German Wankmiller über den Vorfall gesprochen.

    Grob forscht an Technologie für moderne Elektroantriebe

    Konkret handelt es sich um Daten in einer Größenordnung von etwa 220 Gigabyte. Mit dabei: 50.000 Bilder, 700 Videos und 400 Präsentationen, darunter Erkenntnisse der sogenannten „Hairpin“-Technologie für moderne Elektroantriebe. Grob ist Vorreiter bei ihrer Entwicklung. Auch wenn hinter der Tat nur ein einziger Ex-Mitarbeiter steckt, eine Bagatelle ist sie ganz und gar nicht. Falls ausländische Firmen die Daten besäßen, wäre der Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet. Die auf Wirtschaftskriminalität spezialisierte Staatsanwaltschaft Augsburg hat deshalb Anklage erhoben.

    Vor dem Schöffengericht ist das Motiv des Datendiebs anfangs unklar. Er verdiente bei Grob und zuvor beim Fraunhofer-Institut sehr gut, zeitweise netto einen fünfstelligen Betrag. „Ich wollte einen Wissensvorsprung bei neuen Arbeitgebern haben,“ sagt der Ingenieur.

    Forschungsergebnisse weltweit über 150 Auto-Herstellern zum Kauf angeboten

    Erst sechzehn Monate nach dem Datenklau, als er bereits bei den Grob-Werken ausgeschieden war, habe er die Daten veräußern wollen. Als Grund dafür nennt er gesundheitliche Probleme. „Ich hatte Angst, ein Pflegefall zu werden.“

    Er sandte drei E-Mails an 156 Empfänger, darunter waren so gut wie alle Automobilhersteller weltweit. Im Anhang waren Auszüge der erbeuteten Daten als Vorgeschmack auf die umfassenden Forschungsergebnisse. Der Höchstbietende sollte den Zuschlag bekommen sollen.

    Grob aus Mindelheim bekam einen Tipp von Geschäftspartnern

    Beim Erstellen der Empfängerliste hatte der Ingenieur jedoch nur wenig Ehrgeiz. So mailte er das Angebot teilweise an die Pressestellen der Hersteller, darunter waren Geschäftspartner von Grob. Und das war wohl der entscheidende Fehler. Grob bekam einen Tipp von außen, suchte in der Firma den Maulwurf und schaltete die Polizei ein.

    Da der Täter nicht mehr in Deutschland lebte, wurde er von den Schweizer Behörden per internationalem Haftbefehl verfolgt und ausgeliefert. In der JVA Gablingen bei Augsburg saß er bis zum Prozess sechs Monate in Untersuchungshaft.

    Klausel verhindert wohl Gefängnisstrafe

    Eine mögliche Panne bei den Behörden bewahrt ihn nun wohl vor weiteren Monaten, gar Jahren in Haft. So waren im Haftbefehl nur eine der drei ihm später zur Last gelegten Taten vermerkt, obwohl zwei Taten, also zwei E-Mail-Sendungen, am ersten Tat-Tag stattgefunden haben. Eine spezielle Klausel im internationalen Recht besagt, dass man nur für die zur Auslieferung beantragten Strafen verurteilt werden kann.

    Ein Angeklagter kann auf diese Klausel verzichten, das wirkt sich dann außerordentlich strafmildernd aus. So auch im Fall des Mindelheimer Datendiebstahls. Der geständige Familienvater, der zuvor nie strafrechtlich aufgefallen war, bekommt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Bewährungszeit ist auf drei Jahre angesetzt.

    Das sagt der Richter nach dem Urteil

    Außerdem muss er eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro an eine karitative Einrichtung zahlen. Angesichts seines früheren Gehalts ist das ein Schnäppchen. Nur sein mutmaßlich luxuriöser Lebensstil – er hat keine nennenswerten Ersparnisse vorzuweisen – und seine momentane Arbeitslosigkeit schützen ihn vor einer höheren Geldstrafe.

    Der Amtsrichter gibt dem Ingenieur am Ende zu verstehen: Wenn ein Verkauf stattgefunden hätte, sei er jetzt nicht auf freiem Fuß. Auch der mögliche wirtschaftliche Schaden, den er mit einem Daten-Verkauf der Firma Grob und seinen Ex-Kollegen zugefügt hätte, wäre enorm gewesen. „Es lag nicht in Ihrer Hand, ob ein Hersteller auf Ihr Angebot eingeht und auch nicht, was mit den Daten gemacht wird.“

    Das sagt Automobilzulieferer Grob zum Vorfall

    Grob-Geschäftsführer German Wankmiller sagt auf Anfrage unserer Redaktion, man versuche sensible Daten, so gut es geht, zu schützen. Sie seien nur für einen bestimmten Personenkreis abrufbar. Bei Unregelmäßigkeiten informiere man die Polizei. Grob beschäftigt weltweit 6850 Menschen.

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