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Mindelheim: Dramatische Flucht aus dem Paradies

Mindelheim

Dramatische Flucht aus dem Paradies

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    Herbert Thurn (rechts) und Renate Klaus haben eine regelrechte Odyssee hinter sich gebracht.
    Herbert Thurn (rechts) und Renate Klaus haben eine regelrechte Odyssee hinter sich gebracht.

    Tausende Deutsche sitzen im Ausland fest. Flüge sind gestrichen, und eine baldige Rückkehr nach Deutschland wird immer schwieriger. Ein eigener Krisenstab des Auswärtigen Amtes versucht, die in aller Welt gestrandeten Deutschen irgendwie nach Hause zu bekommen. Ganz ohne staatliche Hilfe haben Renate Klaus und Herbert Thurn aus Mindelheim die Heimreise geschafft. Vorausgegangen war aber eine abenteuerliche Reise durch mehrere Länder in Asien, die sie der Mindelheimer Zeitung geschildert haben.

    Die Mindelheimer sind regelmäßig im Winter in Südindien

    Die beiden Mindelheimer Geschäftsleute tanken seit vielen Jahren in der kalten Jahreszeit Kraft in Südindien. Sie haben Freunde in Kerala, die sie heuer besucht haben. Auch zu den Pilgerorten im Bundesstaat Karnataka konnten sie problemlos reisen. Sie fühlen sich als Europäer immer wohl bei den gastfreundlichen Menschen.

    „Wir waren es gewohnt, überall willkommen zu sein und man ist uns immer wohlwollend und zuvorkommend begegnet“, sagt Herbert Thurn. Die Angst vor dem Coronavirus hat aber „die Stimmung kippen lassen“, erzählt Thurn. Europäer waren plötzlich nicht mehr gern gesehene Gäste. Es hieß, das Virus käme aus Europa, also aus Italien und Deutschland. „Wir wurden mit einem Mal als Bedrohung gesehen“, berichtet Thurn weiter. Dass sie selbst zu einer Zeit in Indien eingereist waren, als Corona noch gar kein Thema war, hat niemanden interessiert.

    Schnell war klar: Möglichst wieder nach Hause ins Unterallgäu

    Für die beiden Unterallgäuer war klar: Um sich selbst nicht in Gefahr zu bringen, wäre es das Klügste, möglichst schnell den Heimweg anzutreten. Das war aber auf direktem Wege nicht mehr möglich. Fluggesellschaften hatten in Folge der Pandemie ihre Verbindungen zusammengestrichen.

    Was also tun? Malaysia schien noch offen zu sein. Also buchten die beiden für den 18. März online einen Flug nach Kuala Lumpur. Auf dem Weg zum Flughafen kam dann die Nachricht: Die Fluggesellschaft hat den Flug von Tiruchiapally nach Malaysia gestrichen. Kuala Lumpur Airport hat alle internationalen Flüge abgesagt. Tags zuvor schon war ein Alternativflug von Bangalore nach Kuala Lumpur ebenfalls durch die Airline storniert worden.

    Renate Klaus und Herbert Thurn hatten noch ein zweites Problem neben der Stimmung, die sich immer mehr gegen Europäer richtete. Ihr Visum lief langsam aber sicher ab. Wer sich illegal in Indien aufhält, der muss mit drakonischen Strafen rechnen.

    Die Welt "zerbröselt" wegen des Coronavirus

    Am 19. März gelang es, einen Flug von Bangalore nach Bangkok in Thailand zu ergattern. Dort angekommen, haben sie sich erst einmal auf eine kleine Insel zurückgezogen. Dort haben dann aber bald alle Geschäfte und Restaurants schließen müssen. Auch eine Vielzahl von Hotels hat zugemacht. „Wir mussten feststellen, wie die Welt gerade zerbröselt“, formuliert es Herbert Thurn.

    Im Wartebereich des Flughafens Bangkok wird mit Mundschutz geschlafen.
    Im Wartebereich des Flughafens Bangkok wird mit Mundschutz geschlafen.

    Also möglichst schnell einen Flug nach Deutschland buchen, das war das einzige Ziel. Über Indonesien schien sich eine Lücke aufzutun. Ende März wurden diverse weitere geplante Flüge von Kuala Lumpur nach Indonesien und zurück gestrichen. Der geplante Rückflug von Bangkok nach München wurde auch gestrichen. Auch regionale Flughäfen mussten schließen. Der Fährverkehr von der Insel Koh Chang, wo die beiden Mindelheimer Zuflucht gefunden hatten, wurde stark eingeschränkt. Eine Schließung lag in der Luft. 375 Kontrollstellen hat die Polizei eingerichtet, um den Reiseverkehr im Land zu kontrollieren.

    Einen Tag nach der Flugbuchung hieß es, dass der Flugbetrieb eingestellt wird

    Inzwischen rief das Auswärtige Amt die Deutschen im Ausland zur Rückkehr auf. Herbert Thurn und Renate Klaus buchten einen neuen Rückflug für den 31. März mit Thaiair. Wenige Tage darauf verbreitete sich die Nachricht, dass das Unternehmen am 1. April den Flugbetrieb nach Europa einstellt.

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    Am 28. März traf dann eine Mail von Thaiair ein. Es geht doch noch ein Flug. Es war der 31. März, als die beiden Unterallgäuer auf den letzten Drücker die Heimreise antreten konnten. Einen Tag nach ihrer Rückkehr erfuhren sie von Ausgangssperren und weiteren Reiseverboten. Der Flugverkehr nach Europa wurde gänzlich eingestellt.

    Diese Reise werden sie nicht vergessen. Das Paradies zu genießen war diesmal nicht mehr möglich, wenn sich alles Gewohnte auflöst, sagt Thurn. Wie mit den gestrichenen Flügen verfahren wird, ist noch eine spannende Frage, kämpfen inzwischen doch fast alle Fluggesellschaften ums Überleben.

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