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Mindelheim: Dauergeschrei und Vogeldreck

Mindelheim

Dauergeschrei und Vogeldreck

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    Krähen sind geschützt. 
    Krähen sind geschützt.  Foto: dpa

    Jetzt im Frühjahr kommt ihnen keiner aus: Die Zeit der Familiengründung ist die große Zeit der Krähen in Mindelheim. Wer als Mensch das Pech hat, in der Nähe des sogenannten Tiergartens unweit des Freibades zu wohnen, muss sich in diesen Wochen auf nicht enden wollendes Geschrei der brütenden Vögel einrichten, das durch Kot-Attacken von oben ergänzt wird. Alle Versuche, den Tieren Benimm beizubringen, haben bisher wenig gefruchtet.

    Ein Teil der Krähen ist umgezogen

    Die Tiere sind streng geschützt. Das macht es auch so schwer, eine Verbesserung für die Anwohner zu erreichen. Einfach ein paar Tiere jagen oder die Nester plündern ist verboten. Die Stadt Mindelheim hat es vor ein paar Jahren mit der Hilfe von Mongolia, Tungdil, Wolfi und Sizilia versucht, den Vögeln Respekt einzuflößen. Es waren drei Falken und ein Bussard, die Falkner Leo Mandlsperger und Katrin Walther aus dem Landkreis Dachau mit nach Mindelheim gebracht haben. Bei Krähen sind die Greifvögel besonders unbeliebt.

    Die Stadt hat dafür 25 000 Euro ausgegeben. Ralf Müller sagt heute, die Vergrämung sei erfolgreich gewesen. Ein Teil der Vögel konnte zu einem Umzug bewegt werden. Das war eine Vorgabe der Regierung von Schwaben. Diese Krähen leben nun östlich des Baches am Naturlehrgarten. Die immer wieder eingesetzten Greifvögel haben die Krähen über den Bach vertrieben. Wer dort allerdings als erholungssuchender Mindelheimer spazieren geht, muss damit rechnen, dass er von Vogelkot getroffen wird.

    Wie viele der schwarzen Vögel in Mindelheim nisten, ist offiziell nicht bekannt. An die tausend Brutpaare sollen es sein. Es gibt zwar eine Zählung durch den Landesbund für Vogelschutz, sagt der Mindelheimer Ordnungsamtsleiter Ralf Müller. Aber diese Zahl wird unter Verschluss gehalten. Auch aus anderen Städten auf der Achse Bodensee - Memmingen - Mindelheim - Buchloe gibt es keine verlässlichen Zahlen, und auch über die Grenzen von Bundesländern hinweg wird die Zahl der Krähen nicht erfasst. Ob die Krähen also tatsächlich in ihrem Bestand bedroht sind, lässt sich mit Zahlen nicht belegen.

    Landwirte sehen die Tiere lieber in der Stadt

    Die Vergrämung der Vögel vor vier Jahren hat in Mindelheim noch einen Effekt gehabt: Ein Teil der Tiere zog ins Eichet. Dort sind die Konflikte zwischen Mensch und Tier allerdings deutlich geringer als am Tiergarten. Die Tiere weiter aufs Land zu treiben ist auch keine erwünschte Option, weil Saatkrähen sich mit Begeisterung über frisch angesäte Äcker hermachen. Bei den Bauern stehen sei in einem entsprechend schlechten Ruf.

    Neben den Saatkrähen, die besonders geschützt sind, gibt es auch Rabenkrähen. Die sind auch geschützt, aber nicht ganz so streng. Durch ihr lautes Geschrei sind es aber vor allem die Saatkrähen, die so manchem Anwohner auf die Nerven gehen.

    Die Rabenkrähen wiederum lieben Mülleimer, Papierkörbe und Komposthaufen. „Das sind ja intelligente Vögel“, sagt Müller. Wenn sie Futter auf dem Präsentierteller gereicht bekommen, nutzen sie das auch. Ein Teil der Krähen ist also auch dadurch zu erklären, dass die Vögel in Mindelheim überall leicht Futter finden.

    Mit Vertretern von Krähen-Städten in der Region tauscht sich die Stadtverwaltung regelmäßig aus. Dass da auch schon mal ein genervter Kommunalpolitiker für eine härtere Gangart plädiert, räumt Müller ein. Den Kommunen sind aber die Hände gebunden.

    Die Stadt Kempten hat es zwischenzeitlich mit Drohnen probiert, um die Krähen zu verscheuchen. Jetzt taucht eine neue Idee auf. Die Tiere sollen sich durch Laserstrahlen gestört fühlen. Davon wiederum hält Müller wenig. Denn dadurch könnten auch Menschen, zum Beispiel Piloten, geblendet werden.

    Bleibt also eine Neuauflage des Falkners. Das würde Müller auch begrüßen. Allerdings müsste dann der Stadtrat bereit sein, wieder um die 20 000 Euro auszugeben. Die geschützten Vögel dürfen dabei aber nicht zu Schaden kommen.

    Vor rund einem Vierteljahrhundert hatte die Stadt eine Methode gewählt, die seither tabu ist. Die Feuerwehr Mindelheim wollte Fakten schaffen. Die Floriansjünger hatten damals versucht, die Nester von den Bäumen herunterzuspritzen. Die Folge war ein verheerendes Echo in der Öffentlichkeit. Heute sagen manche hinter vorgehaltener Hand: So schlecht war die Idee gar nicht.

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