Startseite
Icon Pfeil nach unten
Mindelheim
Icon Pfeil nach unten

MZ-Serie "Museumsbesuch": Schönheiten mit vier Rädern im Bad Wörishofer Kutschenmuseum

MZ-Serie "Museumsbesuch"

Schönheiten mit vier Rädern im Bad Wörishofer Kutschenmuseum

    • |
    Französischer Jugendstil in seiner schönsten Ausprägung: Die Park Drag wurde zwischen 1905 und 1906 in Biarritz gebaut.
    Französischer Jugendstil in seiner schönsten Ausprägung: Die Park Drag wurde zwischen 1905 und 1906 in Biarritz gebaut.

    Eigentlich wollte Werner Niklas damals nur reiten lernen. Doch dann sprang das Kutschenvirus auf ihn über. Er kaufte seine erste Kutsche weit vor seinem ersten, eigenen Pferd. Das war vor mehr als 50 Jahren. Mittlerweile besitzt Niklas eine der größten

    Auch für Filmemacher und Requisiteure ist Niklas eine beliebte Anlaufstelle, denn alle Kutschen sind fahrbereit und oft noch im Originalzustand. „Wenn eine Kutsche totrenoviert wurde, spricht man in unserer Branche von Zerrestaurierung“, erläutert Niklas. „Diese Fahrzeuge haben alles eingebüßt, was den Stil und das Flair einer schönen Kutsche ausmacht“, ergänzt der wahrhaftigkeitsliebende Sammler.

    Werner Niklas hat in Bad Wörishofen eine der größten Kutschensammlungen Europas aufgebaut.
    Werner Niklas hat in Bad Wörishofen eine der größten Kutschensammlungen Europas aufgebaut.

    15 Kutschen hat der Bad Wörishofer für die Heidi-Verfilmung verliehen

    Zuletzt hat Niklas 15 Kutschen für den jüngsten Heidi-Film zur Verfügung gestellt. Auch in dem Film „Der Teufelsgeiger“, in dem David Garrett die Rolle des weltbekannten Geigers Paganini spielt und sich durch die Gassen von Wien kutschieren lässt, kam eins von Niklas Gefährten zum Einsatz. Die Augen des Museumsbesitzers leuchten, wenn er erklären kann, wie Schmiede, Wagner, Maler, Polsterer und Sattler ihr handwerkliches Schaffen in einem Gesamtkunstwerk zum Besten gaben. Inspiriert von der hohen Kunst des Kutschenbaus beschloss Niklas, die faszinierenden Gefährte auch für die Nachwelt zu erhalten.

    Eine Postkutsche darf in dieser Sammlung natürlich nicht fehlen. Dieses Exemplar verkehrte zwischen Dingolfing und Frontenhausen.
    Eine Postkutsche darf in dieser Sammlung natürlich nicht fehlen. Dieses Exemplar verkehrte zwischen Dingolfing und Frontenhausen.

    Einen eigenen Fuhrpark zu haben, ist keinesfalls ein Phänomen unserer modernen Zeit. Dies wird spätestens bei genauerer Betrachtung der unterschiedlichen Kutschentypen klar. Auch damals gab es schon verschiedenen Fahrzeugtypen und für jeden Anlass ein eigenes Gefährt. Vom eleganten Stadtwagen, über eine Reisekutsche bis hin zum Wagen für Hausfrauen und Gouvernanten ist alles dabei. Auch aus der Blütezeit der Wagenbauer im 18. und 19. Jahrhundert können einzelne Prachtstücke bewundert werden.

    Bitte Platz nehmen: In einer Kutsche konnte es dank der Innenpolster durchaus komfortabel sein.
    Bitte Platz nehmen: In einer Kutsche konnte es dank der Innenpolster durchaus komfortabel sein.

    Ein besonderer Hingucker von historischem Wert ist die Jagdkalesche von Prinz Luitpold. Wenn Niklas erzählt, wer zu welchem Zwecke welches Gefährt benutzte, fällt es nicht schwer, sich in eine andere Zeit versetzen zu lassen. Spektakuläre Wagentypen wie „Victoria“, „Landauer“ und „Mylord“ faszinieren dabei ebenso wie Postfahrzeuge, Feuerwehr -und Bestattungswagen.

    Ein besonderes Exemplar ist der letzte von Pferden gezogene 1. Klasse Leichenwagen der Stadt München. In ihm wurden der Prinzregent Luitpold (1912) und König Ludwig III. von Bayern (1921) durch München gefahren.
    Ein besonderes Exemplar ist der letzte von Pferden gezogene 1. Klasse Leichenwagen der Stadt München. In ihm wurden der Prinzregent Luitpold (1912) und König Ludwig III. von Bayern (1921) durch München gefahren.

    Diener mussten in der Kutsche auf dem Lakaiensitz Platz nehmen

    Auch an für die damalige Zeit alltäglichen Gefährten mangelt es in der umfassenden Sammlung nicht. So können auch einfache Allgäuer Bauernchaisen oder Gaywagen begutachtet werden. Niklas erklärt auch, wann ein Kutschenbesitzer selbst fuhr oder sich fahren ließ. Mit einem Augenzwinkern erzählt er vom sogenannten Lakaiensitz, auf dem die Diener Platz nehmen mussten, wenn der Eigentümer selbst die Zügel in der Hand hielt.

    Wie ein Parkhaus aus vergangener Zeit: In Werner Niklas’ Museum reihen sich zahlreiche Kutschen aneinander. Hier beispielsweise Naturholzfahrzeuge wie Jagdwagen, Gaywagen oder Bauernchaisen.
    Wie ein Parkhaus aus vergangener Zeit: In Werner Niklas’ Museum reihen sich zahlreiche Kutschen aneinander. Hier beispielsweise Naturholzfahrzeuge wie Jagdwagen, Gaywagen oder Bauernchaisen.

    In den weitläufigen Hallen der Ausstellung in Bad Wörishofen gibt es noch mehr zu sehen als Kutschen. Niklas verfügt auch über eine beachtliche Sammlung an Schlitten und eine Pferdegeschirrkammer, die der Kutschenausstellung in nichts nachsteht.

    Diese hochwertigen Kutscher-Livrees, quasi die Arbeitskleidung der Kutscher, ließ Niklas auf einer Auktion ersteigern lassen.
    Diese hochwertigen Kutscher-Livrees, quasi die Arbeitskleidung der Kutscher, ließ Niklas auf einer Auktion ersteigern lassen.

    Kinder dürfen einen Blick auf die Kinderkutschenausstellung des Sammlers werfen und sich mental in Zeiten vor dem Klimawandel versetzen lassen, als es auch in unseren Breitengraden noch schneereiche Winter gab. Insbesondere für die Kleinen wurden nicht nur Pferde vor das Gefährt gespannt. Das erläutert Niklas gern, während er die entsprechenden Geschirre von Ziegen und anderen Nutztieren präsentiert und zum Begutachten auch zum Anfassen frei gibt. Nicht nur anfassen, sondern auch fahren ist möglich: Niklas bietet organisierte Kutschfahrten mit seinen eigenen Warmblut-Pferden Ramses und Koliber an. Da alle Kutschen fahrbereit sind, bleibt bei der Wahl des Gefährts kein Wunsch offen.

    Und auch das ist bei Werner Niklas zu sehen: Kunstvoll angefertigte Geschirre, die in dieser 1904 in Regensburg angefertigten Geschirrkammer aus Holz hängen.
    Und auch das ist bei Werner Niklas zu sehen: Kunstvoll angefertigte Geschirre, die in dieser 1904 in Regensburg angefertigten Geschirrkammer aus Holz hängen.

    Tag der offenen Tür: Am Samstag, 24. Oktober, öffnet die Remise des Kutschenmuseums seine Tore zwischen 9.30 und 17 Uhr für Besucher aller Altersklassen.

    Trinken auf Rädern: Was wären die bayerischen Bierbrauer wohl ohne ihre Kutschen gewesen?
    Trinken auf Rädern: Was wären die bayerischen Bierbrauer wohl ohne ihre Kutschen gewesen?
    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden