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MZ-Maskenserie: Ohne Sauerstoff steigt dieser Mattsieser Grob-Aircraft-Pilot nicht in die Höhe

MZ-Maskenserie

Ohne Sauerstoff steigt dieser Mattsieser Grob-Aircraft-Pilot nicht in die Höhe

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    Im Normalflugbetrieb bei Grob Aircraft in Mattsies, zum Beispiel mit der G-120 TP, ist Pilot Tom Reinert in der Regel ohne Maske unterwegs.
    Im Normalflugbetrieb bei Grob Aircraft in Mattsies, zum Beispiel mit der G-120 TP, ist Pilot Tom Reinert in der Regel ohne Maske unterwegs.

    Wer einen Laden, Supermarkt oder eine Arztpraxis betritt, muss seit März wegen der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus Mund- und Nasenschutz tragen. Die meisten Menschen haben sich daran gewöhnt, auch wenn das lästig sein mag. Es gibt Personengruppen, die schon immer eine Maske aufsetzen mussten. Wir haben ein paar von ihnen besucht und hinter die Maske geschaut. Heute: Pilot Tom Reinert von der Firma Grob Aircraft in Mattsies.

    Wer bei Tom Reinert das Fliegen lernt, trägt von Anfang Fallschirm, Helm und Maske – ob er sie gerade braucht oder nicht. „Man muss sich daran gewöhnen“, sagt der Cheffluglehrer von Grob Aircraft in Mattsies. „Das verträgt nicht jeder gut.“ Gerade am Anfang fühlen viele Flugschüler eine Beklemmung durch die ganze Ausrüstung. Doch sie wissen auch: Im Notfall retten Fallschirm, Helm und Maske ihr Leben.

    „Sie sind Selbstschutz oder Lebenserhalt“, erklärt Reinert. Er muss es wissen: Der 48-Jährige, der bei Kempten lebt, hat eine Ausbildung in der Luftwaffe hinter sich. Er war in Memmingen und im Lechfeld stationiert und ist 2012 pensioniert worden. Danach kam der gebürtige Saarländer zu der Mattsieser Firma. Er arbeitet hier als Verkaufs- und Testpilot, ist aber auch für die Flugschule zuständig.

    Der Helm schützt den Mattsieser Pilot gleich in mehrfacher Hinsicht

    Wie Reinert erklärt, dämmt der Helm nicht nur Geräusche, sondern schützt den Kopf des Piloten gleich in mehrfacher Hinsicht: Das Klar-Visier, mit dem man nachts fliegt, und das getönte Visier für sonnigere Tage, halten Vogelschlag ab, der auch mal durch die Scheibe eines Flugzeugs gehen kann.

    Und sollte es nötig sein, dass der Pilot im Notfall per Schleudersitz das Flugzeug verlassen und mit seinem Fallschirm landen muss, dient der Helm als Schutz vor einem Aufprall. Schließlich sind diese Fallschirme nicht so fein steuerbar wie die Sport-Fallschirme, sondern vorrangig dazu da, das Leben des Piloten zu retten. Da kann eine Landung auch schon mal unsanft ausfallen.

    Steigt der Pilot von Grob Aircraft jedoch in einen Höhenflieger wie die G-520 wie für dieses Foto, dann sind Helm und Sauerstoffmaske Pflicht.
    Steigt der Pilot von Grob Aircraft jedoch in einen Höhenflieger wie die G-520 wie für dieses Foto, dann sind Helm und Sauerstoffmaske Pflicht.

    Durch die Maske über dem Mund und der Nase bekommt der Pilot Sauerstoff zugeführt. Anders als die Notmaske, ein Standardmodell, das es für den Notfall auch in jeder normalen Airline gibt, muss Tom Reinerts Maske, die er bei Höhenflügen trägt, gut sitzen. Damit sie auch wirklich dicht ist, rasiert sich der Pilot vor solchen Einsätzen immer ganz ordentlich. Nur ein Kinnbart darf stehen bleiben.

    Im Normalflugbetrieb bei Grob Aircraft fliegt Pilot Tom Reinert ohne Atemmaske

    Bei einem normalen Trainingsflugzeug können Piloten selbst einstellen, ob sie eine Mischung mit der Umgebungsluft oder reinen Sauerstoff einatmen wollen. Letzteres tun sie etwa bei einem Brand oder Rauchentwicklung. Im Normalflugbetrieb bei Grob Aircraft – das heißt bei Höhen von rund 10.000 Fuß (also etwa drei Kilometer) – fliegt Reinert in der Regel ohne Atemmaske. „Wenn da was ist, eine Rauchentwicklung beispielsweise, kann man das Dach aufmachen beim Fliegen“, sagt er, als wäre es das Normalste der Welt.

    Im Höhenflieger, der bis etwa 50.000 Fuß, also rund 15 Kilometer hoch fliegt, ist das nicht möglich. Hier gibt es immer reinen Sauerstoff, auch schon am Boden. Zwei Stunden vorher muss ein Pilot damit beginnen, Sauerstoff zu „tanken“, um den Stickstoff aus dem Blut zu bekommen. Denn sonst könnte es bei einem Druckabfall in der Höhe zu Konsequenzen ähnlich der Taucherkrankheit kommen. „Die Gelenke machen zu, man kann sich nicht mehr bewegen.“

    Tom Reinert erinnert sich an seine Ausbildung bei der Luftwaffe in der Höhenklimasimulationskammer: Ein Metallgefäß, in dem der Pilot „auf Höhe gefahren wird“, wie man es nennt. Wird dann ein rapider Druckabfall simuliert, wird man durch die Maske regelrecht beatmet, erklärt der Pilot. „Die Regulation bläst einen richtig auf.“ Weil die Luft in den Körper gedrückt wird, ist das Ausatmen umso schwerer und sehr anstrengend. „Man hat Muskelkater am nächsten Tag und ist total fertig vom Ausatmen.“

    So wirkt sich ein Höhenflug auf den Körper des Piloten aus

    Grundsätzlich mache einen der reine Sauerstoff bei einem mehrstündigen Höhenflug ein bisschen wacher, findet Pilot Tom Reinert. „Danach ist man aber anders müde“, sagt er. Die Regenerationszeit nach einem solchen Flug dauere länger, außerdem knackst es regelmäßig im Trommelfell. Hinzu kommt: Rund eineinhalb Kilogramm für den Helm und knapp 800 Gramm für die Maske klingen erst einmal nach wenig Gewicht, doch bei einer Belastung von 4G, also dem Vierfachen des Gewichts, „hat man zehn Kilo am Kopf“. Verspannte Nackenmuskeln seien deshalb eine Berufskrankheit, erklärt Reinert und schmunzelt.

    Die Masken, die man derzeit beim Einkaufen oder beim Restaurantbesuch wegen Corona tragen muss, findet der Pilot übrigens nicht der Rede wert. „Ich bin viel Schlimmeres gewöhnt“, sagt er. „Und bevor es gar nicht geht, gehe ich lieber mit Maske.“

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