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Kultur: Vorfreude auf ein echtes Schatzkästlein in Mindelheim

Kultur

Vorfreude auf ein echtes Schatzkästlein in Mindelheim

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    Alles im Kasten: Mit Figurensets wie diesen wollte man in früheren Zeiten das Krippenbrauchtum auf eine breite Basis stellen und auch in evangelischen Haushalten verankern. Die Schachtes ist nur eines der vielen Stücke, die demnächst im neuen Mindelheimer Krippenmuseum zu sehen sein werden.
    Alles im Kasten: Mit Figurensets wie diesen wollte man in früheren Zeiten das Krippenbrauchtum auf eine breite Basis stellen und auch in evangelischen Haushalten verankern. Die Schachtes ist nur eines der vielen Stücke, die demnächst im neuen Mindelheimer Krippenmuseum zu sehen sein werden. Foto: Johann Stoll

    Vollgestopfte Vitrinen und die Wände dicht behängt mit möglichst vielen Objekten – so sahen Museen früher aus. Auch das Schwäbische Krippenmuseum in Mindelheim war lange Zeit der Versuchung erlegen, möglichst viele der wertvollen Objekte zu präsentieren. Heute weiß man: weniger ist oft mehr und die Form der Präsentation muss sich ändern.

    Mindelheim beherbergt die zweitälteste Krippensammlung Bayerns und Baden-Württembergs. 1903 war die

    Die Kosten liegen bei über 700000 Euro

    Schon vor Jahren haderten Fachleute, die Schätze dieses Museums kämen viel zu wenig zur Geltung. Auch Kulturamtsleiter Christian Schedler und Museumsleiterin Friederike Haber drängten auf eine Neukonzeption des Museums. Letztlich konnten sie auch den Stadtrat und den Landkreis überzeugen, die zu den Gesamtkosten von über 700 000 Euro jeweils 150 000 Euro beisteuerten. Den Rest sammelte Schedler über Spenden und bei Stiftungen ein. So half der Freistaat mit 100 000 Euro über eine Stiftung, die Sparkasse mit ihrer Stiftung mit 50 000 Euro. Und auch Rotary und der Förderkreis der Mindelheimer Museen legten sich stark ins Zeug.

    Der renommierte Museumsexperte Peter Schreiner hat die Grundideen geliefert. Nicht mehr einzelne Stücke werden gezeigt, sondern Zusammenhänge deutlich gemacht. Es gab Zeiten, da hätte niemandem erklärt werden müssen, was denn die Verkündigung des Herrn ist oder die Heimsuchung Mariens. Schon gar auf dem Land, wo jedes Kind mit der Katholischen Kirche groß geworden ist mit all seinen Bräuchen und Geschichten. Dass Maria Gottes Sohn zur Welt bringen wird, wie der Engel verkündet hat und dass die schwangere Maria ihre Verwandte Elisabet besucht hat – daher Heimsuchung –, allen wäre die Bedeutung klar gewesen. Wer sich heute an kirchliche Themen heranwagt, muss mehr erklären, muss Zusammenhänge herstellen, in Themen denken.

    Handwerker legen letzte Hand an

    Vor 400 Jahren im Jahr 1618 kamen die Jesuiten nach Mindelheim. Sie brachten nicht nur Bildung und Schulen in die Stadt. Ihnen hat Mindelheim auch die lange Krippentradition zu verdanken, die ursprünglich aus Italien stammt. All diese Bezüge werden sich in dem Museum finden lassen. Noch ist das neue Museum nicht fertig. Handwerker sind an mehreren Stellen emsig am Arbeiten. Auch Markus Fischer, der Leiter des Heimatmuseums, legt fleißig mit Hand an. Der Eröffnungstag 25. Oktober sei aber nicht in Gefahr, versichert Schedler. Bis dahin wird alles perfekt präsentiert werden.

    Das neue Museum hat mit dem alten nichts mehr gemein. Alle Räume sind neu gestaltet worden. Der schlauchartige Gang ist durch vorgelagerte Portale in seiner Wirkung eingebremst worden. Zwar sind einige der wertvollen Krippen auch im neuen Museum wieder zu sehen. Aber sie werden völlig neu präsentiert. Die MZ durfte schon mal einen Blick durchs Schlüsselloch werfen. Die Geschichte der Krippen wird künftig thematisch erzählt. Gleich zu Beginn des Rundgangs des von 300 auf 400 Quadratmeter vergrößerten Areals empfängt den Besucher eine unscheinbare Darstellung von Adam und Eva, wie sie aus dem Paradies vertrieben werden. Der Apfelbaum ist dort zwar eine Palme. Aber die Schlange, die gibt es in der Darstellung. Dieser Sündenfall ist für Christian Schedler der Beginn allen Leids auf der Erde. Die Geschichte von Gottes Sohn, der die Menschheit mit seinem Tod erlöste, ist Folge dieser Hybris des Menschen. Der Mensch wollte sich über Gott stellen. Und alle Kriege dieser Welt, sagt Schedler, haben ihren Ursprung darin, dass sich die einen über die anderen stellen wollen.

    Es geht in diesem Museum also um viel mehr als um die Präsentation schön geschnitzter Figuren aus alten Zeiten. Auf einer Weltkarte können Besucher nachspüren, wo es überall Krippen gibt. An anderer Stelle lässt sich eine himmlische Zeitreise ins Jahr 7 v. Chr. antreten. Gezeigt wird der Sternenhimmel von Bethlehem. Wer Lust hat, kann sein eigenes Sternbild anklicken, das dann aufleuchtet.

    Auch zwei ganz außergewöhnliche Schätze werden in dem Museum neu präsentiert: Das Millionen-Baby von Michel Erhard aus Ulm, das rund eine Million Euro wert ist und deshalb höchstgesichert hinter Panzerglas und Alarmanlage gezeigt wird. Und das älteste Christkind der Welt aus der Zeit um 1300. Damit ist diese Figur, die ursprünglich aus Leutkirch stammt, ihrer Zeit um 200 Jahre voraus.

    Das Museum bietet aber auch eine Zeitreise in die Moderne. Ein russischer Filmemacher hat die Herbergssuche als Zeichentrickfilm nachgedreht – dieses tief berührende Werk kommt ganz ohne Sprache aus. Aber auch moderne Krippen werden gezeigt. Beim Lukus-Preis, den Mindelheim seit Jahren regelmäßig auslobt, nehmen immer wieder renommierte Künstler teil, deren beste Arbeiten die Stadt angekauft hat.

    Zu jeder Krippe eine Geschichte

    Fast jede Krippe kann ihre eigene Geschichte erzählen. Die Wittelsbacher Krippe ist so eine, die von Flucht und neuer Heimat erzählt. Mitglieder des Adelsgeschlechts waren 1918 ins Exil nach Ungarn gegangen. Um 1930 schnitzten sie die Krippe, die künftig in Mindelheim zu sehen sein wird. Darunter ist auch eine Darstellung des äthiopischen Königs Haile Selassie, wie Eleonore von Bayern Christian Schedler verraten hat. Die Prinzessin übrigens erzählt die Geschichte dieser Krippe mit seiner außergewöhnlichen Familiengeschichte auf einem Tondokument. Besucher können also mit allen Sinnen auf Entdeckungstour gehen. Neue Mitmachstationen machen es möglich.

    Das neue Schwäbische Krippenmuseum wird am 25. Oktober mit einem Festabend eröffnet.

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