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Kirchheim: So geht Wanzl mit der Corona-Krise um

Kirchheim

So geht Wanzl mit der Corona-Krise um

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    Victor Bruna kann in der Produktion nicht immer den Sicherheitsabstand einhalten. Deshalb trägt er einen Gesichtsschutz, der gegenüber einer Maske von Vorteil ist.
    Victor Bruna kann in der Produktion nicht immer den Sicherheitsabstand einhalten. Deshalb trägt er einen Gesichtsschutz, der gegenüber einer Maske von Vorteil ist. Foto: Till Hofmann

    Zwei Wochen lang hatte die Firma Wanzl geschlossen – von Ende März bis nach Ostern. In dieser Zeit produzierte der größte Einkaufswagenhersteller der Welt in den Werken in Leipheim und Kirchheim (Unterallgäu) zwar nicht. Dennoch arbeiteten rund 20 Personen, als die Maschinen stillstanden – auch sonntags. Schließlich galt es, während der Betriebspause die Wanzl-Werke so umzurüsten, dass keiner der Mitarbeiter fürchten muss, sich mit dem Coronavirus anzustecken. Hauptverantwortlicher für die aufeinander abgestimmten Einzelmaßnahmen, die in eine schlüssige Gesamtkonzeption verwoben sind, ist Roland Holzinger, Qualitätsleiter und für die Hygienemaßnahmen zuständig.

    Drehkreuze und Desinfektionsspender

    Bereits im Eingangsbereich wird klar, dass sich hier einiges verändert hat, wie beim Rundgang durch das Leipheimer Werk 4 offenkundig wird. Der Aufbau, unter dem normalerweise Einkaufswagen geparkt werden, dient als Schleuse. Zwei Drehkreuze sind angebracht, sie regeln den Zugang. Nach draußen geht es ohne Voraussetzungen. Wer aber in die Produktionshalle möchte, der muss erst den Desinfektionsspender betätigen, sonst gibt das Drehkreuz nicht nach.

    Auf dem Boden sind immer wieder magentafarben gehaltene Hinweise angebracht, die auf einen zwei Meter großen Sicherheitsabstand hinweisen, der einzuhalten ist. Diese Hinweise finden sich überall in den Gebäuden: großflächig an Wänden, an Übergängen in den Hallen, vor Sozialräumen, an Plexiglasscheiben, die als Spuck- und Niesschutz dienen. Arbeitszonen sind ebenfalls so gekennzeichnet, dass auf einen Blick ersichtlich wird, wo man sich aufhalten darf und wo nicht. „Das soll fast schon nerven“, sagt Produktionsleiter Michael Seiter. „Denn wir müssen alle verinnerlichen, welche Regeln durch das Coronavirus nun gelten.“

    Abstand zwischen den Beschäftigten ist wichtig

    Der nötige Abstand zwischen den Beschäftigten ist einer der wichtigsten Bausteine dabei. Er kann aber nicht immer und überall eingehalten werden. In diesen Bereichen tragen die Arbeiter einen mobilen Gesichtsschutz. An einem Halter ist eine kleine Plexiglasscheibe befestigt. Das ist für die Luftzufuhr besser, als wenn man eine Mund- und Nasenmaske tragen würde. Ein Schweiß aufsaugender Stoff auf der Innenseite des Halters an der Stirn ermöglicht es, diesen Schutz Marke Eigenbau einigermaßen bequem zu tragen. Victor Bruna, der an diesem Freitag in der Frühschicht in der Galvanik arbeitet, weiß das zu schätzen und findet die gefundene Lösung „gut“.

    Die Sozial- und Pausenräume sind geöffnet – die kleinen Imbissverkaufsstellen drinnen aber nicht. Außerdem sind Stühle herausgeräumt worden. Die reduzierten Sitzgelegenheiten sind so an den Tischen verteilt, dass in dem aufgesuchten Raum nur noch elf Personen Platz finden, wo sich noch vor einigen Wochen mehr als doppelt so viele getroffen haben. Um zu wissen, ob noch ein Stuhl frei ist, muss der Wanzl-Mitarbeiter nicht einmal den Raum betreten. Außerhalb hängt ein Bildschirm, auf dem fortlaufend über die sich verändernden Kapazitäten informiert wird. Das ist nur möglich, weil an der Decke hinter dem Eingang eine 3D-Kamera installiert ist, die wahrnimmt, wer kommt und wer geht. Kamera und Bildschirm sind miteinander verbunden.

    Der berüchtigte „Vorführeffekt“ bringt die Wanzl-Manager während des Rundgangs zum Schmunzeln. Denn gerade wird angezeigt, dass sich „minus eine Person“ von elf im Raum befinden. Des Rätsels Lösung: Die Reinigungsfachkraft hat beim Eintreten ihren Putzwagen wohl so nah vor sich hergeschoben, dass dies als eine Person berechnet wurde. Beim Hinausfahren war die Distanz dann offenbar so groß, dass nun zwei Personen gezählt worden sind. An der Sinnhaftigkeit des Systems ändert das freilich nichts. Schließlich sind die Arbeiter von Wanzl in ihrer Pause nicht mit Putzwagen oder vergleichbar großen Gegenständen unterwegs.

    Nur in ihrem Areal dürfen sich die Beschäftigten aufhalten

    Die Eingangsbereiche in das Werk sind außerdem etwa um die Hälfte reduziert und in diesem Fall in sechs farblich gekennzeichnete Sektionen eingeteilt worden. Nur in ihrem Areal dürfen sich die Beschäftigten normalerweise aufhalten. Um Türen nicht mit den Händen anfassen zu müssen, wurde ein Haken mit einem Clip konzipiert, den man beispielsweise an der Hosentasche befestigen kann. An Türen zieht man den Haken an einer Schnur zum Türgriff und kann so kontaktlos den Zugang öffnen. Danach führt man den Haken wieder zurück. Die Schnur wird dabei aufgerollt und verschwindet in dem ovalen Clip.

    Wanzl ist noch auf der Suche nach Handelspartnern für den Vertrieb. Bei der Arbeitsschutz-Express GmbH in Leipheim ist der Haken stationär und online ab dieser Woche erhältlich. „Und wenn wir anderen Firmen Anregungen geben können, freut uns das“, sagt Marketingchef Jürgen Frank. Unser Kommentar zu diesem Thema: Wanzl verhält sich eindrucksvoll

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