Es gibt wohl kein Thema, das in Kirchheim und seinen Ortsteilen derzeit heißer diskutiert wird als die Zukunft des Gasthofs zum Adler. Dem von Othniel Leitner initiierten Bürgerbegehren für den Stopp der Um- und Anbau-Pläne hat die Gemeinde ein Ratsbegehren entgegengestellt, durch das der Umbau des Gasthofs zum Bürger- und Kulturzentrum weiterverfolgt werden soll.
Sieben Vereine und die Kirche sollen in dem Anbau Platz finden. Sie befürworten die Umbaumaßnahme ebenso wie Bürgermeister Hermann Lochbronner, der eine Entscheidung für das in seinen Augen zukunftsweisende Projekt für das „einzig Richtige für Markt, Vereine und Bürger“ hält. Die Teilnahme am Förderprogramm „Innen statt außen“ sei eine „einmalige Chance für Kirchheim“.
Ein Streitpunkt sind die Baukosten für den Gasthof Adler
Othniel Leitner, der das Bürgerbegehren in die Wege geleitet hat, ist da anderer Meinung. Er befürwortet zwar ebenfalls neue Räumlichkeiten für die Vereine, allerdings nicht am Gasthof zum Adler. Leitner kritisiert, dass die Kosten für den Um- und Anbau noch nicht feststünden. Fest zugesagt seien bislang Fördergelder von 2,5 Millionen Euro. Bislang sei immer von 3,5 Millionen Euro Baukosten die Rede gewesen, so Leitner. Er selbst könne keine Schätzung über die tatsächlichen Kosten abgeben, aber er habe immer wieder gehört, dass vor allem die Statik und der Keller zu Problemen führen könnten.
Eine genaue Schätzung hat auch Bürgermeister Hermann Lochbronner derzeit noch nicht, weil mehrere Fachplaner wie der Statiker noch an der Arbeit seien: „Erst wenn uns die Kosten vorliegen, werden wir im Marktrat entscheiden“, so der Bürgermeister. Das werde bis März soweit sein. Ab welcher Kostenhöhe das Projekt zu teuer würde, könne er nicht sagen.
Momentan liege die Zahl bei 3,5 Millionen Euro, aber auch Lochbronner geht davon aus, dass das nicht ganz reichen wird. Wenn aber viel höhere Kosten wie sechs oder acht Millionen Euro genannt würden, sei das Stimmungsmache, sagt er. Zweieinhalb Millionen Euro Förderung seien jetzt schon sicher; sollten die Kosten steigen, müsse man darüber sprechen, ob weiterhin 80 Prozent der förderfähigen Kosten übernommen werden. Von der Diözese habe er zudem eine mündliche Zusage für eine sechsstellige Fördersumme, so Lochbronner.
Der Markt und das fürstliche Haus Fugger wollen einen Erbbaupacht-Vertrag abschließen
Der Vertrag mit dem Hause Fugger zur Erbbaupacht über das Gebäude über 99 Jahre und null Euro liege unterschriftsreif bereit, erklärt Bürgermeister Lochbronner. Begehren-Initiator Leitner will sich damit nicht zufriedengeben. Man wisse nicht, ob und wie oft man den Adler in dieser Zeit ertüchtigen müsse. Damit lägen die Kosten „doch nicht ganz bei null“, schließlich zahle die Gemeinde für Maßnahmen am Haus, das nach 99 Jahren wieder in den Besitz der Fuggers übergehe. Sobald der Vertrag unterschrieben sei, sei die Gemeinde Eigentümer des Adlers und damit zuständig für den Erhalt, so Bürgermeister Lochbronner. Aber das sei bei jedem anderen Vereinsheim oder Gebäude auch der Fall.
Wird der Ortskern Kirchheims durch ein Bürger- und Kulturzentrum belebt?
In Hermann Lochbronners Augen ist der Gasthof zum Adler das perfekte Projekt für das Förderprogramm „Innen statt außen“, mit dem Ortskerne belebt werden sollen und Flächenfraß vermieden werden soll. Weil der Markt Kirchheim innerhalb der kurzen Bewerbungszeit schnell genug reagiert habe, sei man in Bayern eine Gemeinde, die mit am meisten Zuschüsse bekommen würde. „Wenn man auf die grüne Wiese baut, frage ich mich, woher die Förderung kommen soll.“
Dass durch den Adler-Um- und Anbau der Ortskern belebter wird, bezweifelt Othniel Leitner. „Dazu bräuchte ich einen Spielplatz, Einkaufsmöglichkeiten oder Wohnungen, aber kein Vereinsheim“, sagt er. Den Ortskern beleben würde in seinen Augen eine gut gehende Gastwirtschaft, am besten mit einem eingezäunten Kinderspielplatz neben dem Biergarten. „Ich glaube, dass der Adler kein Vereinsheim braucht“, so Leitner. Die Wirtschaft habe eine schöne Gastschube, einen schönen Saal, einen schönen Biergarten und ein Fuggerschloss daneben, dessen Gäste man bewirten könnte. „Sagen Sie mir eine Wirtschaft, die diese Voraussetzungen hat“, meint er – und dennoch könnten diese Wirte überleben. Der Adler brauche zum Überleben die Vereine nicht und die Vereine bräuchten den Adler nicht, so seine Meinung. Allein das fürstliche Haus brauche die Gemeinde für die Sanierung, erklärt Leitner. Lochbronners Ansicht zu Leitners „Subventions-Argument“: „Das Gebäude gehört durch die Erbpacht der Gemeinde, was wird da subventioniert?“, fragt er. „Dann dürften wir auch keine Vereinsheime mehr unterstützen.“
Was sagen die Vereine zu dem Projekt in Kirchheim?
Othniel Leitner glaubt, dass den Vereinen gewissermaßen die Pistole auf die Brust gesetzt wurde: entweder der Gasthof Adler oder gar nichts. Er kritisiert, dass noch nicht feststeht, wie sich der künftige Wirt und die Vereine die Einnahmen aus Veranstaltungen aufteilen. Seiner Meinung nach sind beide Parteien nicht auf Augenhöhe, denn: „Wo soll ein Verein sonst hingehen?“ Laut Bürgermeister Lochbronner seien die Vereine frühzeitig mit ins Boot geholt worden. Mit dem Wirt werde man verhandeln, wenn er gefunden sei. Von möglichen finanziellen Einbußen seien allenfalls das Blasorchester und der TSV betroffen, sagt Bürgermeister Lochbronner, die Vereine seien jederzeit von der Gemeinde unterstützt worden. Leitners Aussagen nennt er „pure Stimmungsmache“ und „fadenscheinige Argumente“.
Die Vereine selbst fühlen sich offenbar nicht von Othniel Leitner vertreten – im Gegenteil: Sie haben sich jüngst zusammen mit der Kirche geäußert und einen Flyer unter dem Titel „Jetzt gilt’s! Für ein gemeinsames Zuhause im Bürger- und Kulturzentrum Gasthof Adler“ herausgegeben, in dem sie sich für den Umbau des Gasthofs – und damit gegen das von Leitner initiierte Bürgerbegehren – aussprechen. Der An- und Umbau sei die einzige Lösung, die in absehbarer Zukunft tragfähig sei, mit einer gesicherten Finanzierung umgesetzt werden könne und zudem zum Erhalt und zur Aufwertung des Ortskerns beitrage, heißt es darin. „Es ist unsere einzige Chance, mit großzügiger Förderung etwas für uns und unsere Kinder zu schaffen.“
Welche Auswirkungen hat der Umbau des Gasthofs zum Adler?
Othniel Leitner führt als Kritikpunkt noch die Lärm- und Geruchsbelästigung der Anwohner an. Zwar seien im Anbau Schallschutzfenster geplant. Doch ob diese bei den Proben immer geschlossen blieben, sei fraglich. Obwohl er die Musik der örtlichen Gruppen mag, „möchte ich nicht unmittelbar daneben wohnen“, wenn geprobt werde. Die Abluft des Gebäudes werde sicher ordentlich gemacht, so Leitner. Aber was sei mit den Männern, die die Raucherpause gleich zum Urinieren nutzten oder denjenigen, die einen über den Durst getrunken hätten?
Auch diese Argumente sind in Bürgermeister Lochbronners Augen Panikmache. Der Gasthof zum Adler selbst werde großteils so bleiben, der Anbau hinten mit Schallschutzfenstern ausgerüstet. Der Haupteingang befinde sich am Marktplatz, der Dunstabzug gehe übers Dach und die Brandschutzverordnungen würden eingehalten. Leitners Argument, dass zu wenig Parkplätze vorhanden seien, kann Lochbronner nicht nachvollziehen. Auf dem Marktplatz und vor dem Rathaus gebe es mehr Parkmöglichkeiten als vor der TSV-Turnhalle, in der derzeit viele Veranstaltungen stattfänden. Zudem habe das Haus Fugger bereits mündlich zugesagt, dass bei Veranstaltungen auch beide Innenhöfe genutzt werden können.
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