Konrad Specht ist – das hat er in der Vergangenheit schon mehrfach bewiesen – experimentierfreudig: Der landwirtschaftliche Quereinsteiger züchtet seit einigen Jahren Galloway-Rinder und vermarktet ihr Fleisch sowie Wurst, in der statt Schweinefett Bio-Rapsöl und Gemüse stecken. (Mehr dazu lesen Sie hier: Für ihn geht es nicht nur um die Wurst) Daneben hat er sich am Anbau von Rotkornweizen versucht, den er in Form von Vollkorn-Nudeln an den Mann bringt und nun steht er auf einem Feld bei Oberkammlach und präsentiert seinen neuesten Versuch: den Anbau von Schwarzen Bohnen.
Die stammen eigentlich aus Mittel- und Südamerika, sind aber längst nicht nur dort, sondern auch hierzulande eine gefragte pflanzliche Eiweißquelle. Kennengelernt hat Konrad Specht sie im vergangenen Jahr auf der Allgäuer Festwoche, wo auch die Tempeh-Manufaktur aus Markt Rettenbach ihre Produkte präsentierte. Sie fermentiert Soja, Lupinen und eben Schwarze Bohnen mit Edelschimmel zu sogenanntem Tempeh, der wie Tofu und Seitan häufig als Fleischersatz verwendet wird.
Die Bio-Bohnen für den Tempeh sollen künftig nicht mehr aus China kommen, sondern aus dem Unterallgäu
„Ich bin ein aufgeschlossener Mensch“, sagt Konrad Specht, „ich probier’ alles.“ Also auch den Schwarze-Bohnen-Tempeh. Der gehört – wie er grinsend zugibt – zwar eher in die Kategorie der Lebensmittel, die ihm schon schmecken, die er aber nicht jeden Tag essen muss, doch sein Interesse war geweckt. Zumal, als er erfuhr, dass die Tempeh-Manufaktur ihre Schwarzen Bohnen bislang aus China bezieht, weil es in Europa dafür keine Bio-Erzeuger gibt. Das brachte Konrad Specht zum Grübeln: Könnte man die Schwarze Bohne nicht einfach im Unterallgäu anbauen, so die Transportwege erheblich verkürzen und die Lücke in der Wertschöpfungskette schließen?
Zusammen mit seinem Kollegen Reinhard Beutel aus Lauben und unterstützt von der Öko-Modellregion Günztal wollte er den Versuch wagen. Allerdings stellten die beiden Bio-Landwirte schnell fest, dass es wohl doch nicht ganz so einfach ist: Los ging es schon beim Saatgut. Das gab es zwar durchaus, war mit gerade einmal zehn Bohnen in einem Beutelchen zu entsprechenden Preisen aber nicht wirklich für die Aussaat auf dem Feld geeignet. Also griffen die beiden schließlich zu Speiseware und brachten die kleinen schwarzen Bohnenkerne Ende Mai in die Erde – viel zu spät, wie sie inzwischen wissen.
Trotzdem haben sich die Buschbohnen auf dem Feld zwischen Oberkammlach und Oberauerbach ganz gut entwickelt: An den Pflanzen hängen neben den aparten pinken Blüten bereits die grünen Bohnenschoten, in denen in den nächsten Wochen die schwarzen Kerne heranreifen. Geerntet werden sie voraussichtlich im Oktober – und zwar mit dem Mähdrescher, der dafür ein bisschen umgebaut werden muss. „Eigentlich müsste das aber ganz gut klappen“, hofft Konrad Specht. Die Sache ist nämlich insofern ein bisschen knifflig, als die Schale der Schwarzen Bohne sehr dünn ist. Für die Verarbeitung ist das super, weil sie nicht extra geschält werden muss, für die Ernte aber schwierig, weil nur unbeschädigte Bohnen zu Tempeh verarbeitet werden können.
Im schlechtesten Fall sind die Schwarzen Bohnen auf seinem Feld bei Oberkammlach ein kostenloser Dünger
Doch das sieht Specht gelassen: Was nicht für die Manufaktur oder den Handel geeignet ist, bekommen eben seine Tiere. Und selbst wenn er gar nichts ernten würde, wäre das zu verschmerzen: „Denn zum einen bin ich ja in der glücklichen Lage, dass ich mit meiner Landwirtschaft nicht meine Familie ernähren muss. Und zum anderen sind die Bohnen ja auch ein natürlicher Kunstdünger.“ Mit speziellen Knöllchen an ihren Wurzeln binden sie Stickstoff aus der Luft und können ihn für sich und nachfolgende Pflanzen als Nährstoff verfügbar machen. Zudem erhöhen die Schwarzen Bohnen die Vielfalt auf dem Acker – was auch Rebecca Schweiß, Projektmanagerin der Öko-Modellregion Günztal, ein Anliegen ist. Sie hofft, „dass durch die Nische neue Absatzmöglichkeiten entstehen und so der Ökolandbau in der Region gestärkt wird“.
Nach der Ernte sind das Dreschen, die Reinigung und die Sortierung der Bohnen die nächsten Herausforderungen. Aber das wird schon werden, ist Specht überzeugt. Wenn alles klappt, könnten schon in diesem Jahr die ersten Schwarzen Bohnen aus dem Unterallgäu zu Tempeh verarbeitet werden – zumindest probeweise. Im nächsten Jahr will Specht weitere Sorten testen und so den Anbau, der in diesem Jahr noch ein Schnellschuss war, wie er offen zugibt, weiter professionalisieren. „Man muss sich einfach trauen und auch mal was ausprobieren“, findet er. „Nur so kommt man weiter. Man muss ja nicht gleich den ganzen Betrieb umstellen.“ Und weil er eben experimentierfreudig ist, hat er auch schon die nächste Idee: Im September will er Speise-Mohn aussähen und eines seiner Felder in ein Blütenmeer verwandeln.
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