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Justiz: 46-Jähriger in Bad Wörishofen totgeprügelt: Prozess wird neu aufgerollt

Justiz

46-Jähriger in Bad Wörishofen totgeprügelt: Prozess wird neu aufgerollt

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    Drei Männer saßen auf der Anklagebank, als erstmals juristisch aufgearbeitet wurde, was in jener folgenschweren Nacht in Bad Wörishofen passierte, an deren Ende ein Mensch starb. Beim neuerlichen Prozess wird das anders sein.
    Drei Männer saßen auf der Anklagebank, als erstmals juristisch aufgearbeitet wurde, was in jener folgenschweren Nacht in Bad Wörishofen passierte, an deren Ende ein Mensch starb. Beim neuerlichen Prozess wird das anders sein. Foto: Max Kramer

    Es gibt eine neue Wende im Prozess um den Fall eines 46-Jährigen, der im September 2018 in einem ehemaligen Bad Wörishofer Kurhotel totgeprügelt worden ist: Weil der Bundesgerichtshof(BGH) das Urteil des Landgerichts Memmingen vom August 2019 in Teilen aufgehoben hat, muss nun erneut verhandelt werden – wieder am Landgericht Memmingen, allerdings vor einer anderen Strafkammer. Schon jetzt sind acht Termine für den Prozess angesetzt, auch wenn diesmal nur ein Mann auf der Anklagebank sitzen wird und nicht wie beim ersten Prozess auch zwei weitere Verdächtige.

    Alles dreht sich um eine der grausamsten Taten der vergangenen Jahre im beschaulichen Unterallgäuer Kurort Bad Wörishofen: Drei Männer sollen im September 2018 während eines Saufgelages in einem ehemaligen Kurhotel in Streit geraten sein und dann abwechselnd so lange auf einen 46-Jährigen eingeprügelt haben, bis dieser sich nicht mehr bewegte und starb – so lautete zumindest die Anklage vor dem Landgericht Memmingen. Das Opfer hatte durch zahlreiche Schläge und Tritte unter anderem ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Todesursache war offenbar jedoch Ersticken: Nach einem Nasenbeinbruch bekam der bewusstlose Mann wohl wegen Einblutungen keine Luft mehr.

    Nach einem langen Prozess wurde nur einer der Männer aus der Tatnacht von Bad Wörishofen verurteilt

    Verurteilt wurde nach einem langen Gerichtsprozess nur einer der drei Angeklagten: Der Jüngste – und zwar nicht, wie ursprünglich angeklagt, wegen (gemeinschaftlichen) Totschlags, sondern wegen Körperverletzung mit Todesfolge sowie einer weiteren schweren Körperverletzung, die der 34-Jährige nicht einmal einen Monat nach dem Vorfall in Bad Wörishofen begangen haben soll. Aus den Einzelstrafen von neun Jahren für die Körperverletzung mit Todesfolge und zwei Jahren und sechs Monaten für die andere Körperverletzung wurde eine Gesamtstrafe von zehn Jahren gebildet. Auch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ordnete das Landgericht Memmingen an.

    Die beiden anderen 56 und 37 Jahre alten Mitangeklagten wurden vom Landgericht Memmingen zur großen Überraschung der Prozessbeobachter freigesprochen. Wie Richter Christian Liebhart im August vergangenen Jahres in seiner mündlichen Urteilsbegründung sagte, lege die Vielzahl der Verletzungen nahe, dass mehrere Personen an den Misshandlungen beteiligt waren. Den beiden anderen Angeklagten sei diese Beteiligung jedoch nicht eindeutig nachzuweisen – auch wenn Blut- und DNA-Spuren sie schwer belasteten. Es galt: „Im Zweifel für die Angeklagten“ – die beiden Männer wurden sowohl in Bezug auf die Körperverletzung als auch vom Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung freigesprochen.

    Einer der beiden hatte im Prozess jedoch gegen den damals 34-Jährigen ausgesagt und ihn schwer belastet. Auch eine Zeugin hatte geschildert, wie der mutmaßliche Haupttäter sie telefonisch um ein Alibi für die Tatnacht gebeten hatte. Der Mann ist mehrfach einschlägig vorbestraft, was ebenso gegen ihn sprach wie „das brutale Tatbild“, so Richter Christian Liebhart in seiner Urteilsbegründung.

    So argumentiert nun der Bundesgerichtshof zu dem Urteil nach der Gewalttat von Bad Wörishofen

    Dieses Urteil hat der BGH nach einer Revision des Angeklagten nun in Teilen aufgehoben – genauer gesagt: in Bezug auf die Körperverletzung mit Todesfolge sowie die daraus resultierende Strafe. Der BGH hat die Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Memmingen zurückverwiesen.

    In den Augen des BGH sind die Feststellungen im ersten Urteil des Memminger Landgerichts „unzureichend“. Das Landgericht habe sich nicht davon überzeugt, dass der Angeklagte allein für sämtliche Verletzungen des Opfers verantwortlich war. Von den mindestens zehn Schlägen und Tritten gegen den Kopf des Opfers gehen nur zwei sicher auf sein Konto. Letztlich bleibe offen, wer von den dreien diejenigen Verletzungen verursacht hatte, die zum Tod des 46-Jährigen führten. Das genüge nicht für eine Verurteilung des 34-Jährigen wegen Körperverletzung mit Todesfolge.

    Voraussetzung wäre eine Körperverletzungshandlung, der „das spezifische Risiko anhaftete, zum Tod des Opfers zu führen“, so der BGH. Dass den beiden Schlägen beziehungsweise Tritten ein solches Risiko anhaftete, habe das Landgericht nicht festgestellt. Daher komme es darauf an, ob man dem 34-Jährigen die übrigen todbringenden Schläge und Tritte – die möglicherweise durch die anderen begangen wurden – zurechnen kann, was bei einer solchen Tat grundsätzlich möglich ist. Im Bad Wörishofer Fall ist es allerdings schwierig: Der BGH nimmt an, dass die Feststellungen des Landgerichts dafür nichts hergeben. Eine Zurechnung würde voraussetzen, dass die Angeklagten vor Beginn der Körperverletzungshandlungen gemeinsam den Tatentschluss gefasst haben, das Opfer durch Schläge und Tritte zu verletzen, erklärt eine Gerichtssprecherin. „Die bloße innere Zustimmung zu den Schlägen des jeweils anderen genügt nicht“, so der BGH, „vielmehr bedarf es einer zumindest stillschweigenden Übereinkunft über ein arbeitsteiliges Vorgehen“.

    Das Landgericht habe aber nur festgestellt, dass die oder einer der Mitangeklagten möglicherweise „nachfolgend“ den Geschädigten attackiert haben. Das reiche aber nicht, um einen gemeinsamen Tatentschluss anzunehmen und dem 34-Jährigen alle Körperverletzungshandlungen zuzurechnen. Nun muss das Memminger Landgericht erneut über die Schuldfrage entscheiden.

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