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Irsee: Erinnerung an die Opfer der Nationalsozialisten in Irsee

Irsee

Erinnerung an die Opfer der Nationalsozialisten in Irsee

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    Lichter gegen das Vergessen wurden auf dem ehemaligen Anstaltsfriedhof in Irsee angezündet.
    Lichter gegen das Vergessen wurden auf dem ehemaligen Anstaltsfriedhof in Irsee angezündet. Foto: Mathias Wild

    Eines der unzähligen dunklen Kapitel deutscher Geschichte wurde in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren-Irsee geschrieben – Hunderte von Patienten hat man dort während der Nazi-Diktatur ermordet. Die allermeisten von ihnen wurden Opfer der sogenannten „Euthanasie-Maßnahmen“, vor allem der Hungerkost und der damit verbundenen Auszehrung. Ihre Leichen sind auf dem Anstaltsfriedhof gleich hinter der Klosterkirche bestattet – über 700 im Zeitraum von April 1944 bis Mai 1972 (Ende der Psychiatrischen Anstalt in Irsee), allein etwa 380 zwischen April 1944 und Mai 1945.

    "Lichter gegen das Vergessen" erinnern an die Dimension des Grauens

    Es waren auch diese Zahlen, mit denen Bezirkstagspräsident Martin Sailer bei der Gedenkveranstaltung „Lichter gegen das Vergessen“, die seit 2010 immer an Allerheiligentagen auf dem ehemaligen Anstaltsfriedhof stattfindet, an die Dimension des Grauens erinnerte. Trotz des Dauerregens waren viele Teilnehmer erschienen, darunter auch die 90-jährige Amalie Speidel, die Schwester des 1929 an Allerheiligen geborenen und 1944 in Irsee ermordeten Ernst Lossa. Dessen Lebensgeschichte hat der Irseer Autor Robert Domes in seinem 2008 erschienenen Buch „Nebel im August. Die Lebensgeschichte des Ernst Lossa“ aufgeschrieben. Domes ist auch Initiator der Gedenkveranstaltung.

    Bei der Gedenkveranstaltung gehe es auch darum, so die Veranstalter, „ein Zeichen zu setzen, dass Menschen auf Grund von Krankheiten, genetischer Dispositionen oder gesellschaftlich abweichendem Verhalten nicht stigmatisiert werden dürfen“, so der Leiter des Schwäbischen Bildungszentrums Irsee, Dr. Stefan Raueiser.

    Der Bezirkstagspräsident erinnerte an die Aufgaben von Staat und Bezirken in der Auseinandersetzung mit dem Mord an europäischen Juden und Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen. Besonders würdigte er die Bedeutung der lokalen Erinnerungskultur für den Bezirk Schwaben. Kloster Irsee sei „Erinnerungsort für das, was hier geschah, Gedenkort für die Opfer eines verbrecherischen staatlichen Regimes und ein Lernort für Demokratie, Kultur und Gesundheitswesen“.

    Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit diene in allererster Linie „dem individuellen Gedenken an jedes einzelne Opfer von damals“, sensibilisiere aber auch für heutige Problemfelder unserer Gesellschaft wie den assistierten Suizid, Sterbehilfe und das Selbstbestimmungsrecht. Das Gedenken lasse sich in Irsee an mehreren Orten festmachen: Martin Wanks monumentalem Denkmal „Lass mich Deine Leiden singen“ auf dem Anstaltsfriedhof, die ehemalige „Prosektur“ der Anstalt, seit einem Vierteljahrhundert Gedenkstätte und die zehn Stolpersteine, die vor zehn Jahren vor der Kirchenfassade verlegt wurden. Zudem, so Sailer, plane man die Erweiterung der „Prosektur“ um einen „Informationsraum Psychiatrie“. Mit einem Dank an alle, die seit 2010 am Allerheiligentag auf den Anstaltsfriedhof kommen, um die Toten nicht zu vergessen und die Opfer zu ehren, schloss der Bezirkstagspräsident. Das Entzünden von Kerzen und deren Verteilung auf dem gesamten Friedhofsareal unterstrich den Wunsch, „dem Dunkel der Trauer ein helles Zeichen der Hoffnung entgegen zu setzen“.

    Die "Gedenkinitiative München" hilft bei der Klärung des Schicksals von Verwandten

    Zuvor berichtete Josef Held von seinen persönlichen Erfahrungen als Angehöriger eines „Euthanasie“-Opfers. Seine Großmutter fiel der Gasmordaktion „T-4“ zum Opfer. Er brauchte viele Jahre, bis er so weit war, Licht in ihren Leidensweg zu bringen und sich damit zu beschäftigten. Darin bestärkt habe ihn ein Gespräch mit Domes. Die „Gedenkinitiative München“, der Held angehört, hat in die Wege geleitet, die Opfer dadurch zu würdigen, dass deren Namen veröffentlicht werden. Das sei generell nicht unproblematisch, die Frage in den Familien sei oft „Wollen wir, dass bekannt wird, dass Angehörige in der Psychiatrie waren?“. Da gebe es heikle Fragen um Persönlichkeitsrechte, Menschenrechte und Menschenwürde, die es zu beachten gelte. Seit 2015 treffen sich im NS-Dokumentationszentrum München Angehörige von Opfern und engagierte Bürgerinnen und Bürger. Die Gruppe hat sich den Namen Gedenkinitiative für die „Euthanasie“-Opfer gegeben. Ihr Anliegen ist es, Angehörigen bei der Klärung des Schicksals ihres Verwandten zu unterstützen. Nicht zuletzt, um den Opfern einen würdigen Platz in der Erinnerung zu ermöglichen.

    Menschen, die Ansprechpartner für eine solche Klärung suchen, können mit Josef Held Kontakt aufnehmen: josefheld1957@gmail.com

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