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Nachruf: Heinrich Maucher, der Eremit von Baumgärtle, ist tot

Nachruf

Heinrich Maucher, der Eremit von Baumgärtle, ist tot

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    Heinrich Maucher in seinem „Mariental“ bei Baumgärtle. Der Eremit lebte 35 Jahre lang im Wald und hat dort eine einzigartige Ansammlung von Holzhütten und Glaubenswegen errichtet. Jetzt ist er überraschend verstorben.
    Heinrich Maucher in seinem „Mariental“ bei Baumgärtle. Der Eremit lebte 35 Jahre lang im Wald und hat dort eine einzigartige Ansammlung von Holzhütten und Glaubenswegen errichtet. Jetzt ist er überraschend verstorben. Foto: Johann Stoll (Archivbild)

    In seinem 80. Lebensjahr ist der Eremit von Baumgärtle, Heinrich Maucher, friedlich in seinem Rückzugsort „Mariental“ eingeschlafen. Aufgefunden worden war er am Freitag von der Feuerwehr Bedernau, die die verschlossene Tür zu seiner Holzhütte geöffnet hat. Eine Besucherin, die den Eremiten zuvor nicht wie vereinbart angetroffen hatte, rief Hilfe herbei. Die Feuerwehrmänner fanden Heinrich Maucher mit einem Rosenkranz in der Hand. Ein Krankenwagen wurde zwar noch gerufen. Alle Hilfe kam jedoch zu spät.

    35 Jahre lang im Wald bei Baumgärtle gelebt

    Bis zuletzt war Maucher kerngesund. Noch kurz vor seinem Ableben zimmerte er an einer seiner Hütten. Auch hatte er Apfelbäume und junge Fichten neu gepflanzt. 35 Jahre lang lebte Heinrich Maucher in seinem Waldstück bei Baumgärtle. Dort zimmerte der handwerklich geschickte Landwirtssohn 45 Gebäude aus Holz, die er Überlebenshütten nannte.

    Maucher war tiefgläubig und ein großer Verehrer der Muttergottes Maria. Er las täglich in der Bibel. Die wenigen Reisen, die er unternahm, führten ihn zu den großen Wallfahrtsstätten nach Lourdes in Frankreich und Fatima in Portugal. In seinem „Mariental“ schuf er Lourdes-Grotten und einen Fatimaweg. Überall brachte er Mariendarstellungen an, die dem Gelände eine ganz eigene Anmutung gaben.

    Gläubige reisten von weit an, um den Eremiten zu besuchen

    In den Anfangsjahren war der so völlig andere Lebensentwurf des Eremiten argwöhnisch beäugt worden. Im Laufe der Jahre erwarb sich Maucher aber mehr und mehr Respekt. Der Eremit war alles andere als ein zurückgezogener Kauz. Er war leutselig und für ein Gespräch immer zu haben. Sonntags vor allem besuchten ihn Gläubige, die teilweise von weit her angereist waren. Ihnen gab er Kraft und Zuversicht. Angehörige von Verstorbenen brachten insgesamt 400 Holzkreuze vorbei. Für das Seelenheil der Toten betete Maucher.

    Abgestellte Autos in der Nähe von „Mariental“ trugen neben Mindelheimer oft Ravensburger, Biberacher, Ulmer, Donauwörther, Dillinger, Neu-Ulmer oder Stuttgarter Kennzeichen. An diesen Sonntagen trafen sich Gläubige im größten Bau, den er selbst die „Kathedrale“ nannte. Dort sangen sie gemeinsam Marienlieder. Bis zu 150 Leute waren hier zusammengekommen.

    Seine Hütten waren für ihn wie die Arche Noah

    Für die Menschheit fürchtete Maucher nichts Gutes. Bei der letzten persönlichen Begegnung vor rund vier Wochen sagte der Eremit, es stehe ein neues Zeitalter bevor. Seine Hütten waren für ihn so etwas wie die Arche Noah, in denen die Menschheit überleben könne. Maucher war damals gerade dabei, Schäden zu beseitigen, die der Biber in dem Waldstück hinterlassen hat.

    Der geschmückte Hauptweg von Mariental. Die gesamte Anlage hat Heinrich Maucher in seinem Wald nach und nach angelegt. Auf die Frage, wie viel er noch bauen möchte, sagte er einmal: Bis nach Kempten und Ulm.
    Der geschmückte Hauptweg von Mariental. Die gesamte Anlage hat Heinrich Maucher in seinem Wald nach und nach angelegt. Auf die Frage, wie viel er noch bauen möchte, sagte er einmal: Bis nach Kempten und Ulm. Foto: Stoll

    Dass Maucher sein Leben in Einklang mit der Natur im Wald führen durfte, hatte er dem im Vorjahr verstorbenen Altlandrat Dr. Hermann Haisch zu verdanken. Denn grundsätzlich ist es hierzulande nicht möglich, einfach in einem Waldstück Holzhütten zu errichten und dort auch zu wohnen, auch wenn einem der Wald wie im Falle Mauchers selbst gehört. Haisch ließ sich von dem Gläubigen überzeugen, dass er keinen Schaden anrichten werde. Daran hielt sich Maucher.

    Angst vor dem Tod kannte Heinrich Maucher nicht

    Breitenbrunns Bürgermeister Jürgen Tempel sagte, Heinrich Maucher habe ein friedvolles Leben geführt, ohne dass er von anderen etwas wollte. Daran hielt er sich auch ein Leben lang. „Er hat ein Leben nach seinen Vorstellungen leben können.“ Maucher ist mit ganz wenig irdischen Gütern ausgekommen. Er hatte eine Minirente. Verehrerinnen und Verehrer haben ihm immer wieder mal etwas mitgebracht. Von einem Besucher aus Augsburg hat er vor Jahren einen Traktor geschenkt bekommen, der ihm als Arbeitsgerät diente. Eine Frau, die sich um ihn kümmerte, nahm Maucher immer wieder auch zu Gottesdiensten zum Wallfahrtsort Wigratzbad bei Lindau mit.

    Angst vor dem Tod kannte Heinrich Maucher nicht. Gefragt vor vier Wochen, was geschehen werde, wenn er eines fernen Tages sterben werde, sagte er spontan und nicht mit dem Hauch eines Zweifels: „Ich werde direkt in den Himmel auffahren“. Dass dieser Tag so schnell kommen werde, dafür gab es keinerlei Anzeichen.

    Lesen Sie auch: Das Rätsel der 400 Holzkreuze im Wald bei Maria Baumgärtle

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