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Handwerk: Der letzte Müller

Handwerk

Der letzte Müller

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    Der letzte Müller
    Der letzte Müller

    Rammingen „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach ...“ Wo Müller und Mühlen in Volksliedern erklingen, wird es schnell romantisch. Davon ist auch die letzte noch betriebene Mühle in Rammingen nicht frei. Idyllisch liegt sie am Ortsrand von Unterrammingen, dort, wo der Wörthbach, der auch Mühlenbach genannt wird, nach den schönen, regenarmen Herbsttagen eher gemächlich fließt als rauscht.

    Hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Aber das Müllern ist ein hartes Geschäft: Die Säcke sind schwer, die Konkurrenz der Großmühlen ist hart. Und so wird die Ramminger Mühle nur noch bis zum Ende des Jahres klappern. Dann will Robert Schwarz, der letzte Ramminger Müller, sein Geschäft aufgeben. Seine Mühle ist fast genauso alt wie er.

    Und ihre Geschichte reicht noch weiter zurück. „Ursprünglich verlief der Wörthbach mitten durchs Dorf“, erzählt Schwarz. Das war bis in die 1930er Jahre so. Doch in unschöner Unregelmäßigkeit plagte der unregulierte Bach die Ramminger, wenn er mal wieder über die Ufer trat. In der Zeit des Nationalsozialismus erhielt der Arbeitsdienst daher den Auftrag, den Bach zu verlegen. Damit musste auch die Mühle neu gebaut werden.

    Ludwig Schwarz, dem bereits die alte Mühle gehört hatte, tat das 1936 – und damit ist die Mühle fast so alt wie der 1933 geborene Sohn Robert, der heutige Müller. Allerdings will der sich zum Jahresende auch zur Ruhe setzen – schon ein wenig schweren Herzens, das merkt man ihm an.

    Hier zermalmen keine Steine, sondern Walzen das Getreide

    „Man ist dran gehängt“, sagt er nur lapidar. Und meint damit wohl diese ganz eigene Mühlenatmosphäre; das alles andere als klappernde, eher surrende Geräusch im Innern des Gebäudes mit dem verzweigten Rohrsystem und der über drei Stockwerke angeordneten komplexen Mühlentechnik.

    „Kunstmühle“ steht auf dem Schild an der Eingangstür. Die Bezeichnung für jene „moderne“ Mühlenbauart, wie sie sich seit den 1920er Jahren durchzusetzen begann. Hier kommen nicht mehr die schweren, steinernen Mühlsteine zum Einsatz, die das Korn zermalmen. In einer Kunstmühle verrichten Stahl- und Porzellanwalzen diese Arbeit gründlicher und schonender. Das Mahlen des Getreides braucht mehrere Stufen, bis der gewünschte Feinheitsgrad erreicht ist. Dazwischen wird mehrmals gesiebt.

    Robert Schwarz stellt Mehl in den drei Typklassen 405, 550 und 1050 her. Ein Zwischenprodukt bezeichnet der Müller als „Dunst“, der zwischen den Walzen des Mahlwerks durchrinnt. Gelegentlich entnimmt der Müller eine Handvoll dieses „Dunsts“ und prüft die Qualität. Neben dem Mehl fällt in der Mühle beim Entschroten außerdem Kleie an, die in unserer Zeit gesundheitsbewusster, ballaststoffreicher Ernährung wieder an Bedeutung gewonnen hat.

    Doch damit nicht genug: Die Ramminger Mühle produziert seit ihren Anfängen auch Strom und versorgt damit den eigenen landwirtschaftlichen Betrieb und den Haushalt. „Wenn genügend Wasser im Bach ist, liefert die Turbine 14 bis 15 Kilowattstunden“, sagt Robert Schwarz. Im Keller des Gebäudes stehen die massive Antriebswelle und die sogenannten Transmissionsriemen, die die Kraft übertragen.

    Die Mühle rentiert sich schon lange nicht mehr

    Im Gegensatz zur alten Mühle in der Dorfmitte hatte man den Neubau nämlich mit fortschrittlicher Turbinentechnik ausgestattet, die damals – wie aus historischen Aufzeichnungen hervorgeht – fast doppelt so viel gekostet hat wie das Gebäude.

    Wirtschaftlich gesehen mache die Mühle schon lange keinen Sinn mehr, sagt Robert Schwarz. Bereits 1960, als er die Meisterprüfung abgelegt hat, sei die Konkurrenz immer weiter gewachsen: Mit den Großmühlen kann der Ramminger Müller nicht mehr mithalten. Bei maximaler Auslastung kann er in 24 Stunden nur 2,5 bis drei Tonnen verarbeiten.

    Aber das waren noch gute Zeiten: Damals hätten die Bauern bei der Anlieferung von Weizen und Roggen Schlange gestanden, erzählt Schwarz, man habe einen treuen Kundenstamm unter den Bäckereien und Privathaushalten gehabt.

    Doch mit dem Generationenwechsel in den Betrieben und der wachsenden Konkurrenz sei die Abnahmemenge immer weiter zurückgegangen. Trotzdem wollte er die Mühle nicht aufgeben und übernahm sie 1975 von seinem Vater.

    Ende des Jahres soll jetzt endgültig Schluss sein. Robert Schwarz werden die Säcke allmählich zu schwer und die Söhne wollen das unrentable Geschäft nicht weiterführen. Was dann aus der Ramminger Mühle mit ihrem museumsreifen Inventar wird, ist noch unklar.

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