Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, türkisch Diyanet Isleri Türk Islam Birligi, abgekürzt DITIB, baut im Mindelheimer Industriegebiet eine neue Moschee und ein Begegnungscafé. Das bestehende Gebetshaus in der Frundsbergstraße soll nach Fertigstellung des Neubaus in der Nähe der Industriestraße aufgegeben werden. Der Stadtrat stimmte den Bauplänen jetzt zu.
Im Rathaus waren ausschließlich bauliche Fragen zu klären, nicht das Vorhaben an sich. Schon vor ein paar Jahren hatte sich DITIB das Grundstück auf der Ostseite der Bahnlinie gesichert.
14 Meter hoch
Das Gebäude soll 15 mal 20,3 Meter groß werden und ein flach geneigtes Satteldach erhalten. Die Firsthöhe liegt bei 14 Metern. In dem Gebäude sollen nach Darstellung von Michael Egger vom Bauamt neben Gebets-, Versammlungs- und Aufenthaltsräumen auch eine Wohnung mit rund 70 Quadratmetern Platz finden.
Hier hakte CSU-Sprecher Christoph Walter ein. Er vermutet, dass in dieser „Betriebsleiterwohnung“ der Imam untergebracht werde. Er fände es besser, wenn Glaubenslehrer mitten in der Gesellschaft lebten und nicht am Rande. Er appellierte daher an die Glaubensgemeinschaft, davon Abstand zu nehmen. Die Mehrheit im Stadtrat hatte mit dieser Wohnung aber kein Problem. Roland Ahne (SPD) meinte, das könne man tolerieren. Ähnlich äußerte sich René Lang von den Grünen. Mehmet Yesil (SPD) sagte, der Imam müsse fünfmal am Tag zur Moschee. Würde er in der Frundsbergstraße bleiben, wäre das zu weit.
Im Land gilt Religionsfreiheit
Bürgermeister Stephan Winter gab zu bedenken, dass die Lage der Wohnung möglicherweise später zu Problemen führen könnte. Die Stadt strebt den Bau einer Parkgarage in der Nachbarschaft an, um die Fahrzeuge von Bahnpendlern unterzubringen. Das wird unweigerlich zu Lärm führen. Deshalb stimmte der Stadtrat dieser Wohnung nur unter der Auflage zu, dass sie von dem Sondergebiet Parken abgewandten Seite errichtet wird.
Mehmet Yesil betonte, er sei stolz in einem Land zu leben, in dem Menschenrechte und Religionsfreiheit gelten. Daher sollte man auch anderen Glaubensgemeinschaften als den christlichen die Freiheit der Religionsausübung in Mindelheim gewähren. Das Gebäude sei in schönem schwäbischem Baustil gehalten und sehr würdig. Ursula Kiefersauer fühlte sich gar an die Studienkirche der Maristen erinnert.
Allerdings sei die aktuelle politische Lage in der Türkei nicht einfach, sagte Yesil weiter. Die Sorgen und Ängste der Bürger müsse man ernst nehmen. „Nur in gegenseitiger Offenheit, mit Toleranz und Respekt kann das gelingen“, betonte Yesil, der selbst nicht der Glaubensgemeinschaft angehört. Er ist Alevit.
Wer ist DITIB?
DITIB ist ein bundesweiter Dachverband für die Koordinierung der religiösen, sozialen und kulturellen Tätigkeiten der angeschlossenen türkisch-islamischen Moscheegemeinden in Deutschland. Der Verband mit Sitz in Köln-Ehrenfeld ist ein seit dem 5. Juli 1984 beim Amtsgericht Köln eingetragener Verein.
Er untersteht der dauerhaften Leitung, Kontrolle und Aufsicht des staatlichen Präsidiums für religiöse Angelegenheiten der Türkei, welches dem türkischen Ministerpräsidentenamt angegliedert ist. Der Vorsitzende der DITIB ist in Personalunion auch türkischer Botschaftsrat für religiöse und soziale Angelegenheiten.
Zudem werden die an staatlichen theologischen Hochschulen in der Türkei ausgebildeten Imame der DITIB für fünf Jahre nach Deutschland geschickt und sind de facto Beamte des türkischen Staates, von dem sie auch bezahlt werden. Vom örtlichen DITIB-Verein war keine Stellungnahme zu erhalten. Dass „Prediger nach Deutschland exportiert“ werden, sehen Walter und Yesil kritisch. Allerdings sagte Yesil, dass in Deutschland vermehrt islamische Lehrer selbst ausgebildet werden, sodass sich der jetzige Zustand ändern werde. Grundsätzlich dürfe hierzulande nur gepredigt werden, was auch mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Stefan Drexel (Freie) kritisierte ebenso wie Christoph Walter (CSU), dass Ausnahmen zum Bebauungsplan gemacht werden. Erst vor ein paar Monaten war der neue Bebauungsplan verabschiedet worden. Nicht eingehalten wird bei dem Vorhaben ein durchgehender Grünstreifen. Die Verwaltung und Bürgermeister Winter sehen darin aber eine „marginale Erscheinung“, weil ausreichend Grün auf dem Gelände erhalten bleibe.
In einem eigenen Gebäude mit Flachdach auf demselben Grundstück ist ein Begegnungscafé vorgesehen. Es ist 7,25 mal 9,25 Meter groß und hat eine Höhe von 3,60 Metern. Ferner sind eine Doppelgarage und 38 Stellplätze geplant, die für das Projekt ausreichend sind. Auch das Café kritisierte Christoph Walter, weil solche gastronomischen Einrichtungen an Vereinsheimen normalen Café-Betreibern das Leben schwerer machten.